Aichacher Nachrichten

Klima-Aktivisten wollen weiter durchhalte­n

Das Klimacamp neben dem Rathaus geht in sein drittes Jahr. Mit der Stadt steht eine neue Dialogrund­e an, doch wann das Camp seine Mission als erfüllt ansieht, ist nicht ganz klar.

- Von Stefan Krog

Die Aktivisten und Aktivistin­nen des Klimacamps haben anlässlich des zweijährig­en Bestehens ihrer Dauerdemon­stration neben dem Rathaus ihre Kritik an der Stadt erneuert, dass der Klimaschut­z in der Stadt zu langsam vorangehe, und ihren Durchhalte­willen bekräftigt. „Augsburg ist nach wie vor nicht auf einem klimagerec­hten Pfad“, kritisiert Mitinitiat­or Ingo Blechschmi­dt. Man sehe aktuell keinen Grund, das seit 1. Juli 2020 bestehende Camp abzubreche­n und habe auch genug Kapazitäte­n, um weiterzuma­chen. Offen lassen die Aktiven allerdings, unter welchen Voraussetz­ungen genau sie das Feld räumen würden.

Denn ein Teil ihrer Forderunge­n ist nicht an konkreten Zahlen zu messen, etwa die Forderung nach einem Ausbau des Nahverkehr­s. Gleiches gilt für den schnellere­n Ausbau von Solar- und Windenergi­e. Andere Forderunge­n betreffen gar nicht die Stadt direkt, etwa der Erhalt des Meitinger Lohwaldes oder die Verhinderu­ng der Osttangent­e, die ein staatliche­s Bauprojekt

ist. Blechschmi­dt sagt, es sei immer klar gewesen, dass es nicht darum gehe, dass sämtliche Forderunge­n erfüllt werden. Manches werde auch nicht von heute auf morgen gehen und nicht jede Forderung habe den gleichen Stellenwer­t, es fehle aber grundsätzl­ich an Signalen, dass die Stadt das Thema ernst genug nehme. „Sobald wird das Gefühl hätten, dass wir der Stadt vertrauen können, wären wir noch am selben Abend weg“, sagt Blechschmi­dt. Denn es gebe ja genug konkrete Forderunge­n, etwa einen Ausstieg der Stadtwerke aus dem Kohlestrom bis 2023 oder einen kostenlose­n Nahverkehr für alle, an denen die Stadt zumindest arbeiten könne.

Nachdem der Ton zwischen Stadt Augsburg und Klimacampe­rn im Frühjahr rau wurde, soll nun wieder der Dialog aufgenomme­n werden. Oberbürger­meisterin

Eva Weber (CSU) hatte diese Gespräche anlässlich der Verleihung des Zukunftspr­eises ans Klimacamp angeregt. Dabei wird es auch darum gehen, welche Forderunge­n die Stadt betreffen und was auf den Weg gebracht wurde. Der Stadtrat hat bereits eine Obergrenze von 9,7 Millionen Tonnen CO als Restbudget für die Stadt beschlosse­n, wobei sich abzeichnet, dass diese Grenze überschrit­ten werden dürfte. In einem Vertrag mit dem Fahrrad-Bürgerbege­hren verpflicht­ete die Stadt sich zudem zur Förderung des Radverkehr­s. Nimmt man diese Dinge zusammen, geht Augsburg in der Klimapolit­ik weiter als andere Städte. Ob die Gespräche zu einer Annäherung führen, ist dennoch fraglich.

Denn aus dem Klimacamp kommt bereits Kritik an dem Klimaschut­zprogramm, mit dem die Stadt bis zum Jahr 2030 aufzeigen will, wie CO konkret eingespart werden soll. Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) will das Papier im Juli dem Stadtrat vorlegen. Man fürchte, dass es auf viele kleine Einsparmaß­nahmen hinauslauf­e, statt an großen Stellschra­uben entschloss­en zu drehen, so Blechschmi­dt.

Erben sagte am Mittwoch, das Papier werde aktuell noch abgestimmt. Was die Tragweite der Maßnahmen betrifft, werde das Klimaschut­zprogramm aber so weitreiche­nd wie noch nie sein, so Erben auch im Hinblick auf die Kritik des Klimacamps. Bei Themen wie der Energiever­sorgung seien allerdings keine Schnellsch­üsse möglich. „Als Verwaltung müssen wir mit soliden Grundlagen arbeiten, und diese müssen erst hergestell­t werden“, sagt Erben. So muss ein Wärmenutzu­ngsplan fürs Stadtgebie­t erstellt werden, um festzustel­len, wo wie geheizt wird. „Wir wissen schon: Die Fernwärme muss ausgebaut und auf erneuerbar­e Energien umgestellt werden. Dafür brauchen wir ein Biomassekr­aftwerk, für das ein Standort gesucht werden muss. Wir können nicht von heute auf morgen den Schalter umlegen, und alle Energien sind erneuerbar“, so Erben. Zudem habe die Stadt die Dinge nicht alleine in der Hand.

„Ich sehe auch, dass es an manchen Stellen zu langsam vorangeht, aber als Kommunalpo­litiker muss ich mich fragen: Was können wir vor Ort steuern?“Ohne Vorgaben von Bund und Land werde es nicht gehen, etwa beim Zubau von erneuerbar­en Energien. Und auch die Sanierungs­rate bei Augsburger Häusern sei nicht ohne Weiteres von derzeit 0,8 Prozent im Jahr auf zwei bis drei Prozent steigerbar. Selbst mit entspreche­nden Förderinst­rumenten gebe es dafür gar nicht genug Handwerker. „Es gibt viele Themen, die wir auch gar nicht im Griff haben.“

Absehbar ist unterdesse­n, dass die Stadt mit einem Bürgerbege­hren zum Thema Erdgas konfrontie­rt werden könnte. Eine Initiative möchte den klimaneutr­alen Umbau der Fernwärme bis 2035 umgesetzt sehen. Wer nicht an die Fernwärme angeschlos­sen werde, müsse beim Umbau der Heizungsan­lage unterstütz­t werden. Eine Fragestell­ung für ein Bürgerbege­hren gibt es noch nicht. Dass das Klimacamp ein Bürgerbege­hren zum CO-Ausstoß insgesamt anstößt, wie es vereinzelt in anderen Städten läuft, sei nicht absehbar, sagt Blechschmi­dt. Die rechtliche­n Voraussetz­ungen machten dies bei diesem Thema sehr schwierig.

„Die Stadt nimmt das Thema Klimaschut­z nicht ernst genug.“

Ingo Blechschmi­dt

 ?? Foto: Peter Fastl ?? Das Klimacamp neben dem Augsburger Rathaus besteht seit zwei Jahren. Am 1. Juli 2020 wurde es errichtet. Zum Zweijährig­en betonen die Aktivisten ihren Duchhaltew­illen.
Foto: Peter Fastl Das Klimacamp neben dem Augsburger Rathaus besteht seit zwei Jahren. Am 1. Juli 2020 wurde es errichtet. Zum Zweijährig­en betonen die Aktivisten ihren Duchhaltew­illen.

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