Aichacherin nutzt falsches Gesundheitszeugnis
Rentnerin hat im November 2020 auf dem Stadtplatz gegen die Maskenpflicht verstoßen. Attest von Arzt aus Köln.
Aichach Mehrmals beteuerte die 66-jährige Frau vor dem Amtsgericht: Sie habe nur ihre Gesundheit schützen wollen. Ihr sei nicht bewusst gewesen, dass sie das Gesetz breche. Die Rentnerin war im November 2020 auf dem Stadtplatz in Aichach ohne Maske unterwegs. Damals galt jedoch dort eine Maskenpflicht. Ein Attest, das sie der Polizei bei einer Kontrolle vorlegte, erwies sich als falsch. Deshalb musste sie sich jetzt wegen der Verwendung eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses vor Gericht verantworten.
Laut dem Gutachten kann sie aus gesundheitlichen Gründen keine Maske tragen, stellte Richter Axel Hellriegel fest. Eine MundNasen-Bedeckung schränke die Atmung ein, stand auf dem Papier geschrieben. Daher sei sie davon befreit. Augenscheinlich ein Vordruck, wie der Richter vermutete, ausgestellt von einem Kölner Allgemeinmediziner, der die Rentnerin nie untersucht hatte. 30 Euro habe das Attest gekostet, las Hellriegel vor.
Die Frau berichtete, sie habe den Arzt auf einem Gesundheitsseminar kennengelernt. Er habe ihr damals versichert: Mit einem Attest sei sie von der Pflicht, eine Maske zu tragen, befreit. Auch als gesunder Mensch, denn das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes sei schädlich – generell. Dafür sei auch keine Untersuchung nötig, schließlich sei sie ja nicht krank. So schilderte die Angeklagte den Fall. Sie habe dem Mediziner vertraut, sei davon ausgegangen, dass alles seine Richtigkeit habe, und sie das Gesundheitszeugnis auch nutzen dürfe. Der besagte Arzt war zwar als Zeuge geladen worden, erschien aber nicht vor Gericht.
Richter Hellriegel hakte nach: „Was unterscheidet Sie denn von allen anderen, die Maske tragen müssen?“Mit Maske weniger Luft zu bekommen, gelte schließlich für jeden. Dennoch habe das Gesetz damals vorgeschrieben, dass ein Mund-Nasen-Schutz verpflichtend sei. Eine Ausnahme hiervon mittels Attest sei nur denjenigen vorbehalten gewesen, die mehr Luft bräuchten als andere Menschen. „Sonst hätte man sich die Regelung ja gleich sparen können“, ergänzte er leicht verärgert.
Daraufhin erklärte die 66-Jährige: „Ich bin gesund, aber ich merke, dass es mir nicht gut geht, wenn ich eine Maske trage.“Sie habe angenommen, dass sich jeder solch ein Gutachten ausstellen lassen könne.
Zwar bezweifelte Hellriegel nicht, dass die Rentnerin die Wahrheit sagte und sie dachte, sie könnte sich auf die Aussage des Arztes verlassen. Allerdings war er der Meinung, dass sie bedingt vorsätzlich gehandelt habe. Bei dem vorgelegten Attest gehe man wohl eher davon aus, dass die 66-Jährige krank sei und eine Untersuchung stattgefunden habe, bevor der Arzt das Gesundheitszeugnis ausstellte. „Ich neige dazu, zu sagen, dass das strafbar ist“, sagt er. Anfang des Jahres hatte die Staatsanwaltschaft der Frau den Vorschlag gemacht, das Verfahren unter einer Bedingung einzustellen:
Sie bezahlt eine Geldauflage in Höhe von 400 Euro. Die Angeklagte lehnte damals ab. Ihr Anwalt, Clemens Sandmeier, schlug nun vor, die Einigung nachzuholen.
Mit der Höhe des Geldbetrags war Staatsanwältin Eva Gofferjé allerdings nicht einverstanden. Ihrer Meinung nach hatte die Rentnerin aus egoistischen Motiven gehandelt. „Sie haben nur an sich gedacht und nicht daran, dass eine Maske andere Menschen schützen kann“, sagte sie.
Ein Geldbetrag von 400 Euro erschien ihr zu gering – sie forderte 600 Euro. Hellriegel befürwortete das. Nach kurzer Beratung mit ihrem Anwalt willigte die Angeklagte ein.
Daraufhin wurde das Verfahren eingestellt. Die 66-Jährige muss den Betrag in sechs Raten an eine gemeinnützige Organisation in Aichach bezahlen.
Die 66-Jährige erklärt sich selbst als gesund