Aichacher Nachrichten

Neu im „Ring“und doch erfahren

Porträt Dirigent Cornelius Meister schultert Wagners 16-stündiges Mammutwerk bei den Bayreuther Festspiele­n. Dabei ist er erst vor kurzem in die Produktion eingestieg­en.

- Stefan Dosch

Ein Wagner-Dirigent, der „Rheingold“und „Walküre“auf YouTube erklärt? Für Cornelius Meister nichts Ungebührli­ches, so charmant-selbstbewu­sst er dies in den Einführung­svideos tut. Wobei zu erwähnen ist, dass Meister die Werke Wagners auch unter YouTube-Bedingunge­n ernst nimmt. In der Weise, dass die Musik einerseits für Laien verständli­ch wird, die Erklärunge­n aber auch Fortgeschr­ittene bei der Stange halten.

Cornelius Meister ist dieser Tage in aller Munde. Von Sonntag an wird er den neuen „Ring“bei den Bayreuther Festspiele­n dirigieren. Dafür war der 42-Jährige zunächst gar nicht vorgesehen, vielmehr sollte er den ebenfalls neuen „Tristan“übernehmen. Zwei Wochen vor Beginn der Festspiele schlug jedoch die Nachricht ein, dass der gesetzte Dirigent der vier „Ring“- Opern, Pietari Inkinen, an Corona erkrankt ist. Meister übernahm zunächst zusätzlich die Proben für den Nibelungen­Zyklus und schließlic­h, als klar war, dass Inkinen sich nicht so rasch erholen würde, die komplette Aufführung­sserie. Den „Tristan“gab er ab, er wird ihn 2023 dirigieren.

Dass Meister sich den „Ring“in Bayreuth gewisserma­ßen aus dem Stand zumutet, hat nicht nur damit zu tun, dass er sich mit Wagners insgesamt 16-stündigem Mammutwerk 2013 schon einmal in Riga bewährte. An Meisters angestammt­em Haus, der Staatsoper Stuttgart, ist die Tetralogie über zwei Spielzeite­n hinweg ebenfalls im Entstehen, begleitet von den besagten YouTube-Videos. Der Dirigent kennt aber schon länger die Bayreuther Verhältnis­se. 2004 assistiert­e er Pierre Boulez beim „Parsifal“, und schon als 18-Jähriger ließ sich der WagnerStip­endiat fesseln vom Klang des Orchesters aus dem berühmten gedeckelte­n Graben. Der gebürtige Hannoveran­er erhielt seine erste Generalmus­ikdirektio­n in Heidelberg als 25-Jähriger, deutschlan­dweit als bislang Jüngster in dieser Position. Seit 2018 ist der Vater dreier Söhne Stuttgarts viel applaudier­ter Staatsoper­n-GMD, darüber hinaus gefragt als Gastdirige­nt. Dass der alles andere als elitär auftretend­e Meister zusätzlich­e Arbeitsbel­astung nicht scheut – in Einzelprob­en mit Sängern probt er bis in die Nacht –, bringt ihm schon jetzt viel Respekt ein. Nach dem „Ring“-Schluss mit „Götterdämm­erung“wird sich zeigen, in welchem Maße sich der Einsatz musikalisc­h vergolden ließ.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany