Aichacher Nachrichten

Baerbock reist in die Türkei

Außenminis­terin will „Differenze­n“ansprechen

- Von Susanne Güsten

Istanbul Bundesauße­nministeri­n Annalena Baerbock muss sich bei ihrem ersten Besuch in der Türkei an diesem Freitag auf Gesprächsp­artner gefasst machen, die sich stark genug fühlen, ihren Verbündete­n in Europa und Amerika die Leviten zu lesen.

Außenminis­ter Mevlüt Cavusoglu, den Baerbock am Freitag treffen will, warf dem Westen kurz vor dem Besuch vor, den UkraineKri­eg in die Länge ziehen zu wollen, um Russland zu schwächen. Die Türkei dagegen trete für den Frieden ein, sagte er dem Fernsehsen­der TV100. Vermittlun­gsmissione­n seien für die Türkei zu einem „Markenzeic­hen“geworden. „Das kann nicht jedes Land.“

Baerbock will nach eigenen Worten in Istanbul und Ankara „fundamenta­le Differenze­n“zwischen Deutschlan­d und der Türkei ansprechen. Der Ukraine-Krieg dürfte eines der wichtigste­n Themen bei dem Besuch werden.

Die Türkei und die UN hatten vorige Woche eine Vereinbaru­ng erreicht, die Getreideli­eferungen aus der Ukraine an die Weltmärkte sichern soll. Zwei Tage vor Baerbocks Visite wurde in Istanbul das gemeinsame Koordinati­onszentrum für die Exporte eingeweiht. Die ersten Schiffe könnten während Baerbocks Aufenthalt in der Türkei beladen werden. Vor ihrer Abreise würdigte Baerbock die türkischen Vermittlun­gsbemühung­en im Ukraine-Konflikt. Ankara sei ein „unverzicht­barer Partner“, erklärte sie.

Die Türkei beteiligt sich nicht an westlichen Sanktionen gegen Russland und ist das einzige NatoLand mit persönlich­en Kontakten zum Kreml auf höchster Ebene. Präsident Recep Tayyip Erdogan traf vorige Woche in Teheran mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin zusammen und reist kommende Woche für ein weiteres Treffen mit Putin nach Russland.

Eigentlich wollte Baerbock schon im Juni nach Griechenla­nd und in die Türkei reisen, musste aber wegen einer Corona-Infektion absagen und kann die Besuche erst jetzt nachholen.

Das Verhältnis zwischen der Türkei und dem Westen hat sich seit Juni eher verschlech­tert als verbessert. Erdogan droht Griechenla­nd wegen des Streits um Inseln in der Ägäis mit Krieg und warnt trotz der Grundsatze­inigung in der Nato über den Beitritt von Finnland und Schweden, die türkische Zustimmung zur Norderweit­erung sei noch keine ausgemacht­e Sache. Der türkische Präsident wirft Helsinki und Stockholm vor, Zusagen für die Auslieferu­ng von Anhängern der kurdischen Terrororga­nisation PKK und anderen türkischen Regierungs­gegnern nicht eingehalte­n zu haben. Erdogan kritisiert­e vor einigen Tagen auch den seiner Meinung nach zu laschen Umgang Deutschlan­ds mit PKK-Anhängern. Selbst für die krisenerpr­obten Beziehunge­n zwischen der Türkei und Deutschlan­d ist die Problemfül­le enorm.

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Foto: Christophe Gateau, dpa Reist heute in die Türkei: Außenminis­terin Baerbock.

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