Aichacher Nachrichten

Rathausche­f wird „nettester Vermieter Deutschlan­ds“

Um seinen Mietern entgegenzu­kommen, erlässt ein Bürgermeis­ter aus dem Dachauer Land ihnen 100 Euro im Monat. Dafür wird er im Netz millionenf­ach gefeiert. Doch von der Aktion profitiere­n nicht nur die beiden Familien.

- Von Michael Mayr

Hebertshau­sen Mit gutem Beispiel vorangehen und ein Vorbild sein – das ist Richard Reischl wichtig. Mit einem viralen Facebook-Eintrag ist er auch genau das für viele Menschen weit über die Grenzen Bayerns hinaus geworden. Reischl, Bürgermeis­ter der oberbayeri­schen 5000-Einwohner-Gemeinde Hebertshau­sen im Landkreis Dachau und Vermieter von zwei Wohnungen, hat angesichts der stark steigenden Energiepre­ise die Kaltmiete für seine Mieter gesenkt. Um 100 Euro pro Monat, vorerst bis Ende Dezember.

Den Brief dazu hat Reischl auf seiner Facebook-Seite geteilt und der Beitrag ging viral. Ein Video des Bayerische­n Rundfunks dazu wurde binnen zwei Tagen über zwei Millionen Mal aufgerufen. Die Süddeutsch­e Zeitung schrieb über den „nettesten Vermieter Deutschlan­ds“und selbst in Berlin berichtete eine Zeitung über den Bayern. „Ich hätte nie geglaubt, dass das so eine Resonanz gibt“, sagt Reischl. Mittlerwei­le „stapeln“sich in seinem Postfach über 8000 E-Mails. „Das ist weit, weit über meinem Horizont“, sagt der Hebertshau­sener Bürgermeis­ter.

Er habe mit dem Post dazu aufrufen wollen, „dass jeder darüber nachdenkt, wie man einen Beitrag leisten kann“. Ihm selbst sei die Idee zur Mietsenkun­g durch zwei Ereignisse gekommen: „Ich habe eine Nachricht vom Versorger bekommen, dass das Gas bald nicht mehr vier Cent, sondern 13 Cent kostet.“Die Energiekos­ten für die Mieter würden sich also verdreifac­hen. Am selben Tag erzählte ihm eine Freundin, dass ihr Vermieter die Miete gerade um 250 Euro erhöht. „Sie war verzweifel­t – und wir sprechen hier nur von der Kaltmiete“, sagt Reischl. Beim Rasenmähen sei ihm dann der Einfall gekommen und er machte den Brief auf Facebook auch öffentlich. Er wolle schließlic­h „glaubwürdi­g und ein Vorbild sein“.

Über die Auswirkung­en von Reischls Aktion dürfen sich wohl auch viele andere Menschen freuen, die zur Miete wohnen. Denn glaubt man den Rückmeldun­gen, zeigt der Schritt durchaus Wirkung: „Bei manchen habe der Vermieter angeboten, die Nebenkoste­n auf Raten zu zahlen, bei anderen auf eine Mieterhöhu­ng verzichtet“, erzählt Reischl.

Ein Gerücht, das auf Facebook kursiert, wonach die Mietminder­ung beim Finanzamt auf „Gegenwehr“stoße, kann Reischl entkräften: Das Finanzamt vermute Schwarzgel­d, sollte die Wohnungsmi­ete unter 50 Prozent des ortsüblich­en Mietniveau­s liegen. „Ich bin jetzt bei etwa 70 Prozent.“Sollte sich die Lage bis zum Jahresende nicht bessern, überlegt Reischl, die Miete weiter niedrig zu lassen.

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Foto: Ulrich Wagner (Archivbild) Richard Reischl wird derzeit im Netz gefeiert.

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