Mord unter Palmen: Freunde unter Verdacht
In den Fall der vor 17 Jahren in Australien getöteten Simone Strobel kommt Bewegung.
17 Jahre nach dem Mord an der fränkischen Rucksacktouristin Simone Strobel in Australien ist offenbar neuer Schwung in die Aufklärung des Falls gekommen. Nachdem am Dienstag der ExFreund der damals 25-Jährigen in Perth festgenommen worden war, gaben die australischen Ermittlungsbehörden am Donnerstag eine Pressekonferenz. Bei dieser war die Rede von einer „Überfülle an Informationen“, darunter DNABeweise, die zur Verhaftung von Tobias M. geführt hätten. Noch am Donnerstag wurde der 42-Jährige in Sydney des Mordes angeklagt.
Außerdem sollen auch M.s Schwester sowie Jens M. verhaftet werden – sie waren zum Tatzeitpunkt 2005 gemeinsam mit Simone Strobel und ihrem Freund in Australien auf Reisen und sollen laut australischer Polizei mehr über den Fall wissen, als sie bislang ausgesagt hätten. Beide leben in Unterfranken. Bezüglich einer Festnahme stehe man in Kontakt mit den Behörden in Würzburg. „Es wäre in ihrem besten Interesse, sich an deutsche Behörden zu wenden“, sagte der regionale Polizeichef Scott Tanner. Der Vorwurf gegen sie lautet auf Beihilfe zum Mord und Behinderung der Justiz.
Das Trio stand von Beginn der Ermittlungen an im Visier der Polizei. Die drei Unterfranken sagten damals aus, dass es am 11. Februar 2005 auf einem Campingplatz in Lismore im Osten Australiens zu einem Streit gekommen sei. Daraufhin sei Simone Strobel nachts alleine davongelaufen und nicht mehr wiedergekommen. Sie meldeten die 25-Jährige bei der Polizei als vermisst. Sechs Tage später wurde die Leiche der Erzieherin aus Rieden (Landkreis Würzburg) in der Nähe des Campingplatzes entdeckt. Der Körper war unter Palmenblättern versteckt worden. Eine Obduktion ergab, dass Strobel Opfer eines Gewaltverbrechens geworden war.
Seither gab es immer wieder Theorien und öffentliche Diskussionen zu dem rätselhaften Verbrechen. 2014 kam das Buch „Have You Seen Simone? The Story of an Unsolved Murder“der australischen Autorin Virginia Peters heraus. Nach eingehenden Recherchen und Interviews – auch mit Strobels Ex-Freund – nährt sie darin den Verdacht, dass dieser der Täter sein könnte. Er verklagte die Autorin daraufhin wegen Verleumdung. Die Klage wurde später abgewiesen.
Erst 2020 kam wieder Bewegung in den Fall, nachdem die australischen Behörden eine Million Dollar für Hinweise zum Tod Strobels ausgesetzt hatten. Die umgerechnet etwa 680.000 Euro sollte es für Informationen geben, mit denen die Verantwortlichen des Verbrechens verhaftet und verurteilt werden könnten. „Wir wissen, dass die Wahrheit da draußen ist“, sagte Polizeichef Scott Tanner damals. Schon einen Monat später hieß es, die Ermittler hätten neue Hinweise erhalten. Details wurden aber bis heute nicht bekannt.
Während der Ex-Freund Strobels, der mit seiner Familie in Australien lebt, also inzwischen in Haft sitzt, sind Katrin S. und Jens M. weiter auf freiem Fuß. „Ich kann bestätigen, dass wohl in Australien Haftbefehle gegen Katrin S. und Jens M. bestehen“, sagte der Würzburger Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach am Donnerstagmorgen. „Jedoch liegen hier keine offiziellen Ersuche der australischen Behörden vor.“Ob deutsche Staatsbürger überhaupt an Australien ausgeliefert werden dürfen, ist ungewiss. Ein Auslieferungsantrag geht zunächst über diplomatische Wege von einem Land zum anderen. Dann muss die Staatsanwaltschaft prüfen, ob nach deutschem Recht ein Haftbefehl ausgestellt werden kann. Ein Vorwurf der Behinderung der Justiz dürfte in Deutschland verjährt sein – und die Beteiligung an einem Mord müsste durch Ermittlungsergebnisse plausibel belegt werden. Welche „Überfülle an Informationen“den Australiern vorliegen, weiß Seebach bisher nicht. (mit dpa)