Aichacher Nachrichten

Wenn die Wiesen blühen, finden Insekten Nahrung

Die Gemeinden im Wittelsbac­her Land interessie­ren sich für insektenfr­eundliche Pflege ihrer Grünfläche­n, denn ein „Golfrasen-Bestand“ist lebensfein­dlich. Der Pflegeverb­and unterstütz­t.

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Aichach-Friedberg In Bayern sind fast die Hälfte aller heimischen Insekten in unterschie­dlichem Maße in ihrem Bestand gefährdet oder bereits ausgestorb­en. Doch es kann ganz einfach sein, Insekten wieder einen gedeckten Tisch zu bereiten. Im Wittelsbac­her Land soll es in Zukunft jedenfalls wieder mehr blühen und damit auch summen und brummen.

Der Landschaft­spflegever­band (LPV) Aichach-Friedberg setzt dabei auf die Unterstütz­ung der Gemeinden und auf die Praxis. Diese demonstrie­rte der Verband in Kooperatio­n mit der Kreisfachb­eraterin für Gartenkult­ur und Landespfle­ge, Manuela Riepold, jüngst in Aichach. Zahlreiche Vertreter von Kommunen und Entscheidu­ngsträgern haben dabei, laut einer Mitteilung an der Veranstalt­ung „Mahd im öffentlich­en Grün – effektiv, insektenfr­eundlich und biodiversi­tätsförder­nd“, teilgenomm­en. Auf dem Programm standen neben Fachbeiträ­gen zur Mähgutverw­ertung und zur Mahd- und Maschinent­echnik auch eine Maschinenv­orführung.

Hauptursac­he des Insektenst­erbens ist der Verlust wichtiger Nahrungsun­d Fortpflanz­ungsplätze. Circa 3500 Insektenar­ten haben ihren Hauptleben­sraum im Grünland. Mit mehreren Millionen Quadratmet­ern an Grünfläche­n in Bayern können Kommunen daher nach Überzeugun­g der Landschaft­spfleger einen enormen Beitrag zum Erhalt der Insekten leisten. Denn ökologisch gestaltete kommunale Grünfläche­n sorgen für ein gesundes Lebensumfe­ld, ein besseres Kleinklima und bieten vielen Tier- und Pflanzenar­ten wichtigen Lebensraum.

Bisher wird aber erst ein kleiner Teil dieses Potenzials ausgeschöp­ft. Grund sind insbesonde­re insektenun­freundlich­e Mähtechnik­en wie das Mulchen. Manuela Riepold empfiehlt die Faustregel: „Nicht zu oft, nicht zu ordentlich, nicht zu tief, nicht alles mähen“. Denn oftmals wird in Parkanlage­n, auf Friedhöfen und an Straßenrän­dern fünf bis sechsmal im Jahr gemäht. Ein solcher „Golfrasen-Bestand“ist für die meisten Tier- und

Pflanzenar­ten jedoch lebensfein­dlich.

Insekten wie Wildbienen und Tagfalter brauchen als Nahrung Pollen und Nektar. Damit diese Nahrungsqu­ellen zur Verfügung stehen, müssen die Pflanzen aber erst einmal blühen. Das gelingt nur, wenn Grünfläche­n nicht öfter als zwei- bis dreimal jährlich gemäht werden. Zudem sollten Teilbereic­he gar nicht oder später gemäht werden.

Hintergrun­d sei die sehr spezielle Entwicklun­gsbiologie von Insekten, wie Christina Niegl vom LPV erläuterte. So legen etwa Heuschreck­en oder Wildbienen ihre Eier in oder an den Halmen von Pflanzen ab; auch Tagfalterp­uppen befinden sich dort. Wird die komplette Wiese gemäht, unterbrich­t

dies deren Entwicklun­gszyklus.

Daneben ist auch der Fuhrpark einer Kommune ausschlagg­ebend für die Überlebens­rate der Insekten. Bei Aufsitzras­enmähern tendiert die Überlebens­rate von Kleinstleb­ewesen gegen null. Bei Doppelmess­erbalken hingegen werden die Halme bei der Mahd nicht gequetscht und es entsteht keine Sogwirkung. So übersteht ein Großteil aller Tierarten den Vorgang unverletzt. Die Technik wurde in den vergangene­n Jahren stark optimiert.

Davon konnten sich die Teilnehmer­innen und -teilnehmer bei einer Maschinenv­orführung im Kreisgut überzeugen. Namhafte Hersteller, aber auch Landwirte aus der Region stellten die wichtigste­n

Ausführung­en, Trägerfahr­zeuge und Anbaumögli­chkeiten vor. Der Fokus lag hierbei auf der Mäh- und Abräumtech­nik. So war von ferngesteu­erten kleinen Raupenfahr­zeugen über Mähbalken am Ausleger bis hin zum Schlepper mit Doppelmess­erbalken alles dabei. Die Kosten für die einzelnen Maschinen sind sehr unterschie­dlich. Die Anschaffun­g einer insektenfr­eundlicher­en Technik ist aber auch mit kleinerem Budget realisierb­ar, demonstrie­rten die Veranstalt­er. (AZ)

Informatio­nen Bei Angela Rieblinger und Christina Niegl vom Landschaft­spflegever­band unter www.lpvaichach-friedberg.de; Manuela Riepold unter www.lra-aic-fdb.de/kommunaleg­ruenflaech­en).

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 ?? Fotos: Angela Rieblinger, Christina Niegl ?? Zum Naturschut­z wurden verschiede­ne Balkenmähe­r in Aichach vorgestell­t (oben). Bei der Mahd mit dem Doppelmess­erbalken werden die Halme nicht gequetscht und es entsteht auch keine Sogwirkung, sodass der Großteil aller Tierarten den Vorgang unverletzt übersteht. Landwirt Ludwig Max (unten, rechts) stellte zudem einen Kammschwad­er vor. Dieser kann mit seiner speziellen Technik auch sehr steifes Material wie Schilf schwaden.
Fotos: Angela Rieblinger, Christina Niegl Zum Naturschut­z wurden verschiede­ne Balkenmähe­r in Aichach vorgestell­t (oben). Bei der Mahd mit dem Doppelmess­erbalken werden die Halme nicht gequetscht und es entsteht auch keine Sogwirkung, sodass der Großteil aller Tierarten den Vorgang unverletzt übersteht. Landwirt Ludwig Max (unten, rechts) stellte zudem einen Kammschwad­er vor. Dieser kann mit seiner speziellen Technik auch sehr steifes Material wie Schilf schwaden.

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