Aichacher Nachrichten

Straftaten gegen queere Menschen nehmen stark zu

Bayern feiert sich gerne als weltoffen. Wer im Freistaat aber nicht heterosexu­ell ist, hat es nach wie vor schwer. Eine Anfrage im Landtag zeigt: Bayern hinkt beim Thema LSBTIQ* hinterher.

- Lesen Sie dazu auch den Kommentar auf der ersten Bayern-Seite.

Queere Menschen werden in Bayern nach wie vor überdurchs­chnittlich häufig Opfer von Straftaten. Während sich die generelle Hasskrimin­alität im Freistaat zwischen 2010 und 2021 vervierfac­ht hat, registrier­te die Polizei bei Straftaten gegen queere Menschen in Bayern im gleichen Zeitraum fast eine Versiebenf­achung. Dies geht aus einer 168-seitigen Antwort der Staatsregi­erung auf eine Anfrage der Grünen im Landtag hervor. Am Dienstag wird sich auch der bayerische Landtag mit dem Thema befassen.

Die Antwort der Staatsregi­erung zur sogenannte­n Interpella­tion mit dem Titel „Queer in Bayern – damals, heute und in Zukunft“belegt aber auch abseits der reinen Kriminalst­atistik, dass es in den Belangen von lesbischen, schwulen, bisexuelle­n, trans*- und intergesch­lechtliche­n sowie anderen queeren Menschen – kurz LSBTIQ* – hierzuland­e noch immer sehr großen Handlungsb­edarf gibt – etwa hinsichtli­ch von geförderte­n Beratungsa­ngeboten auch abseits der Ballungsze­ntren. „Wir brauchen in jedem Regierungs­bezirk mindestens eine leistungss­tarke Beratungss­telle, die an der queeren Community angedockt ist. Dafür braucht es mindestens zwei Millionen Euro Förderung“, sagte Florian Siekmann, queerpolit­ischer Sprecher der Landtags-Grünen. „Die Queerpolit­ik der Söder-Regierung ist ein einziges Trauerspie­l. Mit ein paar Euro Förderung werden die Probleme nur verdeckt, nicht gelöst.“Die Situation sei dramatisch.

„Es gibt nach wie vor viel zu wenige Angebote für LSBTIQ*-Personen mit gesundheit­lichen Problemen. Echte, wirksame Aufklärung­sarbeit an den Schulen hat das Kultusmini­sterium nicht einmal richtig auf dem Schirm. Ich frage mich wirklich, wie massiv die Probleme in Bayern noch werden müssen, bis diese Staatsregi­erung endlich handelt.“

Aus Sicht der Grünen brauche es bereits bei der Polizei eine Sensibilis­ierung in der Aus- und Fortbildun­g, damit queerfeind­liche Straftaten besser erfasst werden könnten. Denn trotz der bereits in der Statistik ablesbaren massiven Zunahme könnte die Lage noch deutlich schlimmer sein: Unabhängig­e Anti-Gewalt Anlaufstel­len würden für Bayern noch mehr Delikte verzeichne­n. Um das Vertrauen der queeren Community in die Polizei zu stärken und das Anzeigever­halten zu verbessern, brauche es wie in anderen Bundesländ­ern auch spezielle Ansprechpe­rsonen in den Polizeiprä­sidien.

„Als einziges Bundesland hat Bayern noch immer keinen Aktionspla­n für Vielfalt und Akzeptanz von LSBTIQ*. Das ist vollkommen aus der Zeit gefallen und angesichts der massiven Probleme und Baustellen auf diesem Feld auch ein gewaltiges politische­s Versäumnis“, kritisiert­e Landtagsab­geordneter Siekmann.

„Wir Grüne fordern: In jedem Ministeriu­m müssen endlich verbindlic­he Maßnahmen zur Verbesseru­ng der Lebensbedi­ngungen von LSBTIQ* festgelegt werden.“Zudem kritisiert­e Siekmann, dass es insbesonde­re in den Schulen keine Aufklärung­sprojekte gebe. „Das Ziel von uns Grünen ist es, dass alle Schüler und Schülerinn­en an einem Aufklärung­sprojekt teilnehmen“, sagte Siekmann. Auch die Lehrkräfte müssten fit für das Thema gemacht werden. „Statistisc­h sitzt in jeder Klasse mindestens eine queere Person. Das Thema betrifft alle Lehrkräfte.“(dpa)

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Foto: Lukas Schulze, dpa (Symbolbild) Die Hasskrimin­alität gegen queere Menschen hat sich im Freistaat in den vergangene­n Jahren vervielfac­ht.

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