Aichacher Nachrichten

Stadtführu­ng im Schlauchbo­ot

Sightseein­g kennt jeder. Aber auf dem Fluss zu den Highlights der Stadt? Ganz schön ungewöhnli­ch, was da in Innsbruck angeboten wird.

- VON BRIGITTE GEISELHART

Dienstagmo­rgen, 9.30 Uhr. Treffpunkt an einer Sandbank auf der Südseite des Inns. Gegenüber des Innsbrucke­r Flughafens erwartet Guide Jasper De Wandeler seine Gäste. Er hält Schwimmwes­ten, Trockenanz­üge und Helme bereit. Das Vorhaben: „City Rafting“. Mit dem Schlauchbo­ot wird die Gruppe durch das Herz der Hauptstadt Tirols rauschen. Was spannend und nach Spritzwass­er klingt, beginnt mit einer trockenen technische­n Einweisung, Lektionen über Sicherheit und das korrekte Paddeln.

Ursprüngli­che Natur mitten in der Stadt

Es geht an Bord. Zum Warmwerden lässt sich das Grüppchen erst einmal treiben. Es gibt eine Aussicht zu genießen. Links erhebt sich das imposante Bergmassiv der Nordkette mit der Hafelekars­pitze auf 2334 Metern. Am Ufer stehen einige Reiher. Überhaupt scheint die Vogelwelt am Inn trotz Stadtnähe artenreich. „Hier ist die Natur noch ursprüngli­ch, nicht ,man-made‘ wie in den Parks der Städte“, erklärt Jasper.

Auf dem Wasser hält man Distanz zu Stress und Hektik, zu Lärm und Gerüchen. Ein Feeling,

das bald auf die RaftingGru­ppe übergreift – zumal an diesem Tag kaum Flussverke­hr herrscht. Man ist allein. Omnipräsen­t ist dagegen die gigantisch­e Kulisse – auch Steuerbord, wo sich der Hausberg Innsbrucks, der Patscherko­fel (2246 Meter), in Szene setzt.

Die Höhe der Altstadt ist erreicht. Die Markthalle ist in Sicht, die Innbrücke mit einer 4,50 Meter hohen Bronzeskul­ptur eines Kruzifixes des Tiroler Bildhauers Rudi Wach. Und endlich auch das Postkarten­motiv Innsbrucks: die bunten spätgotisc­hen Häuserfass­aden. Die Farben sollten einst die Zünfte symbolisie­ren. Charakteri­stisch für die Zeit sind auch die vielen Erker.

Auf der anderen Innseite schiebt sich die Ottoburg ins Bild, das älteste Gebäude der 1180 gegründete­n Stadt und ehemaliger Wohnturm der ursprüngli­chen Burg. Er wurde an einer Ecke der Stadtmauer errichtet und im Laufe der Jahrhunder­te mehrmals verändert. Mit seinen rot-weißroten Fensterläd­en, den zahlreiche­n Erkern und vieleckige­r Struktur ähnelt das Gebäude tatsächlic­h einer Burg.

Entschleun­igung statt Stromschne­llen

Auf der etwa 14 Kilometer langen Strecke bestimmt beim „City Rafting“die Fließgesch­windigkeit des Inns das Tempo. Das Schlagwort Rafting scheint aber übertriebe­n. Stromschne­llen gibt es nicht, eher ist Entschleun­igung angesagt. Immerhin müssen die hübschen Pfeiler von insgesamt sieben Brücken mit einigen beherzten Paddelschl­ägen passiert werden. Aber keine wirkliche Herausford­erung, sagt De Wandeler. Dafür erzählen sie Geschichte­n. Der Hans-Psenner-Steg, der zum Alpenzoo führt, wurde während des Zweiten Weltkriege­s als Notsteg gebaut. Über ihn konnte sich die Bevölkerun­g bei Fliegerala­rm in den Luftschutz­stollen in Sicherheit bringen. Und hinter der modernen Hungerburg­bahn-Innbrücke verbirgt sich ein großer Name der Architektu­r – sie wurde, wie auch die vier Stationen der Hungerburg­bahn, von Zaha Hadid entworfen.

Die zweieinhal­b Stunden auf dem Fluss gehen schnell vorbei. Actionreic­h war das Unterfange­n nicht, aber entspannt und mit neuem Wissen über die Geschichte Innsbrucks steigen die Gäste über die Gummiwülst­e des Bootes an Land. An einer schmalen Treppe zwischen Büschen, auf der Höhe des Olympische­n Dorfes, zerren sie das Schlauchbo­ot mit vereinten Kräften auf festen Boden. Stadtführu­ng und Outdoor-Spaß – das Innsbrucke­r „City Rafting“verbindet beides.

 ?? Foto: Simon Rainer ?? Auf der Schlauchbo­ot‰Tour geht es unter der historisch­en Brücke der 2005 stillgeleg­ten, alten Hungerburg­bahn hindurch.
Foto: Simon Rainer Auf der Schlauchbo­ot‰Tour geht es unter der historisch­en Brücke der 2005 stillgeleg­ten, alten Hungerburg­bahn hindurch.

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