Scheitert der Umstieg auf Bus und Tram?
Die Stadtwerke müssen ihr Angebot wegen des Fahrermangels einschränken, das setzt die Stadtregierung zunehmend unter Druck. Kritiker befürchten, dass die Verkehrswende ausgebremst werde.
Der Unmut über den Nahverkehr in Augsburg wächst. Fahrgäste sind sauer, weil sich das Angebot von Bus und Tram seit Monaten Schritt für Schritt verschlechtert. Gleichzeitig steigen in regelmäßigen Abständen die Fahrpreise im Augsburger Verkehrsverbund. Die Stadtregierung gerät politisch unter Druck. CSU und Grüne sind angetreten, die Verkehrswende in Augsburg voranzubringen. Weg vom Auto, hin zu Bus, Tram und Fahrrad. Aus dem Regierungslager wird bestätigt, dass man über den aktuellen Kurs der Stadtwerke nicht glücklich sei. Die Grünen greifen Stadtwerke-Chef Walter Casazza direkt an. Sie werfen ihm Alleingänge vor. Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle (CSU) sieht allerdings weder Stillstand oder gar einen Rückschritt bei der Verkehrswende: „Die Dinge sind im Fluss.“
Gegenwind für diese Einschätzung bekommt Hübschle vom verkehrspolitischen Sprecher der Grünen-Stadtratsfraktion. Matthias Lorentzen sagt: „Wir erleben aktuell ein Auseinanderklaffen im Nahverkehr.“Während bald mit dem 49-Euro-Ticket eine seit langer Zeit gestellte Forderung nach einem günstigen, bundesweit einheitlichen Tarif an den Start gehe, erlebe man zugleich aber in Augsburg sowie in anderen Städten eine Verschlechterung im Angebot.
Die Ankündigung der Stadtwerke Augsburg, nun den Takt bei Bus und Straßenbahn weiter auszudünnen, sei „ein schlechtes Signal für den Nahverkehr“, sagt Lorentzen. Man könne den Frust von Fahrgästen nachvollziehen. Der Grünen-Kommunalpolitiker sieht jedoch nicht allein die Stadt in der Pflicht: „Es braucht eine Unterstützung der Kommunen von Bundesund Landesebene, um die Angebote im Nahverkehr ausbauen zu können.“Das Ziel – weniger Autofahrten – erreiche man nur durch das Zusammenspiel von attraktiven Angeboten und Preisen.
Um den Nahverkehr zu stärken, hatte die Stadtregierung beschlossen, Autofahrten in die Innenstadt unattraktiver zu machen. Parkgebühren wurden erhöht, zudem fiel die sogenannte Semmeltaste weg. Ein kurzzeitiges kostenloses Parken ist nicht mehr möglich. Stadtrat Roland Wegner (V-Partei) war ein großer
Befürworter der Neuregelung. Mittlerweile ist er aber ernüchtert und übt scharfe Kritik an CSU und Grünen: „Ich habe mich dafür starkgemacht, um den Nahverkehr zu stärken.“Daraus sei nichts geworden, so Wegner: „Stattdessen erleben wir beim Augsburger Nahverkehr eine permanente Verschlechterung. Selbst die Stadt Berlin bekommt es hin, den ÖPNV attraktiver zu gestalten.“
Ein Mitglied der CSU-Stadtratsfraktion sagt: „Viele Bürgerinnen und Bürger wären zu einem geänderten Mobilitätsverhalten bereit, aber sie erwarten im Gegenzug einen perfekten Ausbau des Nahverkehrs.“Dies gelte nicht nur für die Innenstadt, sondern auch für die Stadtteile. Bergheim, Bärenkeller und Firnhaberau gelten als Schwachstellen. Menschen würden erwarten, so das CSU-Mitglied, dass es günstige und bezahlbare Tarife gebe, um einen finanziellen Anreiz zum Umstieg auf den Nahverkehr zu haben. Gegenwärtig sei dies nicht der Fall.
In der Stadtspitze teilt man die Kritik nicht. Wirtschaftsreferent Hübschle sagt: „Die Stadtwerke bieten im Vergleich zu anderen Städten ein ausgezeichnetes Angebot.“
Dies gelte trotz aller gegenwärtigen Einschränkungen. Hübschle: „Natürlich sind die jetzt angekündigten Veränderungen bedauerlich. Jedoch sind Veränderungen im Bereich Mobilität und Verkehr – allgemein als Verkehrsoder auch Mobilitätswende bezeichnet – ein langfristiges Ziel.“Die Stadtwerke führen die Verschlechterungen auf die Personalsituation
mit der aktuell hohen Krankenquote von etwa 20 Prozent zurück.
Hübschle sieht die Stadt Augsburg bei der Umsetzung der angestrebten Verkehrswende auf einem guten Weg. Als konkrete Beispiele werden das Konzept mit mehr Leihrädern (Bikesharing-System) und das Projekt Swaxi genannt. Swaxi ist eine Mischung aus Nahverkehr und Taxi. Der Wirtschaftsreferent möchte jetzt abwarten, wie eine gutachterliche Bewertung des bestehenden Nahverkehrsangebots ausfällt. Erste Untersuchungsergebnisse
sollen noch im ersten Halbjahr 2023 vorliegen.
Baureferent Gerd Merkle (CSU) betont, dass die Verwaltung intensiv daran arbeite, den Augsburger Mobilitätsplan voranzubringen. Ein Baustein sei die autoarme Innenstadt ‘“mit hoher Lebens- und Aufenthaltsqualität, attraktiven und vielfältig nutzbaren öffentlichen Räumen, Vermeidung von Durchgangsverkehr und optimaler Erreichbarkeit mit klarem Vorrang für den Nahverkehr“. Weitere Bausteine, die aktuell schon in der Versuchsphase sind beziehungsweise in den nächsten Monaten zur Umsetzung kommen, seien der Verkehrsversuch für eine „autoarme“Maximilianstraße sowie die TestRadwege in Hermanstraße, Neuburger Straße und Frölichstraße.
Im Dezember 2022 erfolgte laut Merkle bereits die Anwohnerbeteiligung zum Parkraummanagement im Rosenau- und Thelottviertel, hier soll die Umsetzung bis zum Sommer 2023 erfolgen. Das Parkraummanagement in den Stadtvierteln sei ebenso ein Baustein, „da hierdurch die Situation für Anwohner verbessert und quartiersfremder Verkehr verringert wird“, so Merkle.
Krankenquote liegt aktuell bei etwa 20 Prozent