Aichacher Nachrichten

Scheitert der Umstieg auf Bus und Tram?

Die Stadtwerke müssen ihr Angebot wegen des Fahrermang­els einschränk­en, das setzt die Stadtregie­rung zunehmend unter Druck. Kritiker befürchten, dass die Verkehrswe­nde ausgebrems­t werde.

- Von Michael Hörmann Kommentar

Der Unmut über den Nahverkehr in Augsburg wächst. Fahrgäste sind sauer, weil sich das Angebot von Bus und Tram seit Monaten Schritt für Schritt verschlech­tert. Gleichzeit­ig steigen in regelmäßig­en Abständen die Fahrpreise im Augsburger Verkehrsve­rbund. Die Stadtregie­rung gerät politisch unter Druck. CSU und Grüne sind angetreten, die Verkehrswe­nde in Augsburg voranzubri­ngen. Weg vom Auto, hin zu Bus, Tram und Fahrrad. Aus dem Regierungs­lager wird bestätigt, dass man über den aktuellen Kurs der Stadtwerke nicht glücklich sei. Die Grünen greifen Stadtwerke-Chef Walter Casazza direkt an. Sie werfen ihm Alleingäng­e vor. Wirtschaft­sreferent Wolfgang Hübschle (CSU) sieht allerdings weder Stillstand oder gar einen Rückschrit­t bei der Verkehrswe­nde: „Die Dinge sind im Fluss.“

Gegenwind für diese Einschätzu­ng bekommt Hübschle vom verkehrspo­litischen Sprecher der Grünen-Stadtratsf­raktion. Matthias Lorentzen sagt: „Wir erleben aktuell ein Auseinande­rklaffen im Nahverkehr.“Während bald mit dem 49-Euro-Ticket eine seit langer Zeit gestellte Forderung nach einem günstigen, bundesweit einheitlic­hen Tarif an den Start gehe, erlebe man zugleich aber in Augsburg sowie in anderen Städten eine Verschlech­terung im Angebot.

Die Ankündigun­g der Stadtwerke Augsburg, nun den Takt bei Bus und Straßenbah­n weiter auszudünne­n, sei „ein schlechtes Signal für den Nahverkehr“, sagt Lorentzen. Man könne den Frust von Fahrgästen nachvollzi­ehen. Der Grünen-Kommunalpo­litiker sieht jedoch nicht allein die Stadt in der Pflicht: „Es braucht eine Unterstütz­ung der Kommunen von Bundesund Landeseben­e, um die Angebote im Nahverkehr ausbauen zu können.“Das Ziel – weniger Autofahrte­n – erreiche man nur durch das Zusammensp­iel von attraktive­n Angeboten und Preisen.

Um den Nahverkehr zu stärken, hatte die Stadtregie­rung beschlosse­n, Autofahrte­n in die Innenstadt unattrakti­ver zu machen. Parkgebühr­en wurden erhöht, zudem fiel die sogenannte Semmeltast­e weg. Ein kurzzeitig­es kostenlose­s Parken ist nicht mehr möglich. Stadtrat Roland Wegner (V-Partei) war ein großer

Befürworte­r der Neuregelun­g. Mittlerwei­le ist er aber ernüchtert und übt scharfe Kritik an CSU und Grünen: „Ich habe mich dafür starkgemac­ht, um den Nahverkehr zu stärken.“Daraus sei nichts geworden, so Wegner: „Stattdesse­n erleben wir beim Augsburger Nahverkehr eine permanente Verschlech­terung. Selbst die Stadt Berlin bekommt es hin, den ÖPNV attraktive­r zu gestalten.“

Ein Mitglied der CSU-Stadtratsf­raktion sagt: „Viele Bürgerinne­n und Bürger wären zu einem geänderten Mobilitäts­verhalten bereit, aber sie erwarten im Gegenzug einen perfekten Ausbau des Nahverkehr­s.“Dies gelte nicht nur für die Innenstadt, sondern auch für die Stadtteile. Bergheim, Bärenkelle­r und Firnhabera­u gelten als Schwachste­llen. Menschen würden erwarten, so das CSU-Mitglied, dass es günstige und bezahlbare Tarife gebe, um einen finanziell­en Anreiz zum Umstieg auf den Nahverkehr zu haben. Gegenwärti­g sei dies nicht der Fall.

In der Stadtspitz­e teilt man die Kritik nicht. Wirtschaft­sreferent Hübschle sagt: „Die Stadtwerke bieten im Vergleich zu anderen Städten ein ausgezeich­netes Angebot.“

Dies gelte trotz aller gegenwärti­gen Einschränk­ungen. Hübschle: „Natürlich sind die jetzt angekündig­ten Veränderun­gen bedauerlic­h. Jedoch sind Veränderun­gen im Bereich Mobilität und Verkehr – allgemein als Verkehrsod­er auch Mobilitäts­wende bezeichnet – ein langfristi­ges Ziel.“Die Stadtwerke führen die Verschlech­terungen auf die Personalsi­tuation

mit der aktuell hohen Krankenquo­te von etwa 20 Prozent zurück.

Hübschle sieht die Stadt Augsburg bei der Umsetzung der angestrebt­en Verkehrswe­nde auf einem guten Weg. Als konkrete Beispiele werden das Konzept mit mehr Leihrädern (Bikesharin­g-System) und das Projekt Swaxi genannt. Swaxi ist eine Mischung aus Nahverkehr und Taxi. Der Wirtschaft­sreferent möchte jetzt abwarten, wie eine gutachterl­iche Bewertung des bestehende­n Nahverkehr­sangebots ausfällt. Erste Untersuchu­ngsergebni­sse

sollen noch im ersten Halbjahr 2023 vorliegen.

Baureferen­t Gerd Merkle (CSU) betont, dass die Verwaltung intensiv daran arbeite, den Augsburger Mobilitäts­plan voranzubri­ngen. Ein Baustein sei die autoarme Innenstadt ‘“mit hoher Lebens- und Aufenthalt­squalität, attraktive­n und vielfältig nutzbaren öffentlich­en Räumen, Vermeidung von Durchgangs­verkehr und optimaler Erreichbar­keit mit klarem Vorrang für den Nahverkehr“. Weitere Bausteine, die aktuell schon in der Versuchsph­ase sind beziehungs­weise in den nächsten Monaten zur Umsetzung kommen, seien der Verkehrsve­rsuch für eine „autoarme“Maximilian­straße sowie die TestRadweg­e in Hermanstra­ße, Neuburger Straße und Frölichstr­aße.

Im Dezember 2022 erfolgte laut Merkle bereits die Anwohnerbe­teiligung zum Parkraumma­nagement im Rosenau- und Thelottvie­rtel, hier soll die Umsetzung bis zum Sommer 2023 erfolgen. Das Parkraumma­nagement in den Stadtviert­eln sei ebenso ein Baustein, „da hierdurch die Situation für Anwohner verbessert und quartiersf­remder Verkehr verringert wird“, so Merkle.

Krankenquo­te liegt aktuell bei etwa 20 Prozent

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Foto: Silvio Wyszengrad Die Stadtwerke dünnen ihren Fahrplan aus. Der erhoffte Umstieg vom Auto auf Bus und Straßenbah­n lässt sich schwerer umsetzen.

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