Behörden genehmigen strittige Kiesgrube
Im Ebenrieder Forst bei Pöttmes darf eine weitere Kiesgrube entstehen. Gemeinde und Bevölkerung fürchten eine Gefahr fürs Grundwasser. Eine Internet-Petition aber scheitert im Umweltausschuss des Landtags.
Darf im Ebenrieder Forst im Markt Pöttmes in einer weiteren Grube Kies und Sand abgebaut werden? Der Marktgemeinderat ist dagegen: Er lehnte das Vorhaben aus Sorge ums Grundwasser dreimal ab. Zuständig für die Genehmigung ist jedoch das Bauamt am Landratsamt. Wie im Gemeinderat gibt es auch in der Bevölkerung Bedenken: Bei einer Internet-Petition kamen im Jahr 2019 fast 600 Unterschriften zusammen – den Organisatoren zufolge überwiegend aus dem Pöttmeser Gemeindegebiet. Nun hat der Umweltausschuss des Landtags über die Petition entschieden.
Vor sieben Jahren lehnte der Marktgemeinderat die Grube mit 19:0 ab. Dort will das Neuburger Tiefbauunternehmen Richard Schulz Kies und Sand abbauen. Nach damaligem Stand umfasst das betroffene Gebiet fünf Hektar, auf viereinhalb davon ist der Abbau geplant. Verfüllt werden soll unbelastetes und gering belastetes Material. Als Laufzeit für Abbau, Verfüllung und Rekultivierung sind 20 Jahre vorgesehen. Doch den Gemeinderatsmitgliedern machte die Lage der Grube oberhalb des Trinkwasserbrunnens Sorgen. Sie befürchteten eine Beeinträchtigung des Grundwassers.
Einer weiteren, von einem anderen Betreiber geplanten Grube zwischen Stuben und Wagesenberg zum Abbau von Lösslehm, Kies und Sand in unmittelbarer Nähe stimmten die Ratsmitglieder damals mit 17:2 zu. Ein Fachbüro war nach Untersuchungen zu dem Schluss gekommen, dass diese Grube keine Gefahr für das Grundwasser darstelle.
Gegen die Grube oberhalb des Trinkwasserbrunnens aber regte auch in der Bevölkerung schnell Widerstand. Um sie zu verhindern, starteten Landesbund für Vogelund Naturschutz (LBV), Bund Naturschutz (BN) sowie der Verein für Landschaftspflege, Artenschutz und Biodiversität eine Internet-Petition. Darin wurde unter anderem gefordert, dass eine Gefährdung des Trinkwassers ausgeschlossen sein müsse. Fast 600 Menschen unterschrieben. Nach damaligen LBVAngaben stammten fast 70 Prozent aller Unterschriften aus dem Gebiet der 7000-Einwohner-Gemeinde Pöttmes. Von einem darüber hinaus gemeinsam initiierten Flugblatt der drei Gruppierungen distanzierte sich der BN später wieder. Die
Unterschriften der Internet-Petition übergab der LBV der Regierung von Schwaben, obwohl sie bis dahin in das Genehmigungsverfahren nicht eingebunden war.
Im Oktober 2021 landete die Grube zwischen den Pöttmeser Ortsteilen Kühnhausen, Stuben und Wagesenberg wieder auf der Tagesordnung des Gemeinderats. Er lehnte erneut ab. Nicht mehr einstimmig, aber immer noch mit großer Mehrheit (zwei Gegenstimmen). Ebenso im Februar 2022. Das Wasserwirtschaftsamt ging damals davon aus, dass „für das Schutzgut Wasser keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen zu erwarten“seien. Den meisten Räten war das allerdings nicht eindeutig genug.
Weitere zwei Jahre später beschäftigte die Petition, die LBVKreisvorsitzender Stefan Höpfel umfassend ausgearbeitet hatte, nun den Umweltausschuss des Landtags. Dieser erklärte sie jedoch für erledigt, wies sie also – vereinfacht gesagt – zurück. Die Petition sei von sämtlichen zuständigen Ministerien „sehr umfangreich geprüft“worden, teilte Leo Dietz (CSU), Landtagsabgeordneter
aus Augsburg und Mitglied des Umweltausschusses, auf Anfrage unserer Redaktion mit. Sie hätten die geäußerten Bedenken „umfassend widerlegt“. Das Landratsamt sei im Genehmigungsverfahren zu dem Schluss gekommen, dass „eine Gefahr für das Grundwasser mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen“werden könne. Das Umweltministerium habe das genauso gesehen, so Dietz. Im Ausschuss sei auch zur Sprache gekommen, dass die Zahl der Kiesabbau-Stellen in Bayern nach Ansicht einiger Abgeordneter überhandnehme.
Das Bauamt am Landratsamt wartete den Ausgang des Petitionsverfahrens ab. Wie das Amt nun auf Anfrage mitteilte, gab das Bauministerium die Erteilung der Genehmigung frei. Die Abgrabungsgenehmigung werde zeitnah öffentlich bekannt gemacht. Der Bescheid und die Genehmigungsunterlagen liegen dann zwei Wochen aus. Der Bescheid sei demnächst auch im Internet unter www.uvp-verbund.de/ abrufbar.
Aus Sicht des Landratsamtes ist die Grube genehmigungsfähig: „Insbesondere der Grundwasserschutz
und die Quellbereiche wurden durch die Fachbehörden geprüft.“Der Bescheid werde der Antragstellerin in Kürze zugestellt. Das Bauamt betont: „Zur Sicherstellung eines hohen Umweltschutzes ergingen (wie üblich) entsprechende Nebenbestimmungen, beispielsweise Sicherheitsleistungen bezogen auf die Umsetzung der naturschutzfachlichen und abfallrechtlichen Vorgaben, Vorgaben zum zulässigen Verfüllmaterial und zur Eigen- und Fremdüberwachung sowie zur Überwachung des Grundwassers.“Auch zu Ausgleichsund Ersatzmaßnahmen sowie zur Beachtung des Artenschutzes, insbesondere bei Zauneidechsen, seien Vorgaben gemacht worden.
Teile der Pöttmeser Bevölkerung und der Gemeinderat sind derzeit besonders sensibilisiert, was das in Gruben verfüllte Material angeht. Denn bei Bürgerversammlungen und im Gemeinderat waren in den vergangenen Monaten wiederholt Zweifel geäußert worden, ob in der Kies- und Sandgrube zwischen Stuben und Wagesenberg, der der Gemeinderat 2017 zugestimmt hatte, möglicherweise unerlaubtes Material
verfüllt wird. Im Herbst stellte ein unabhängiger vereidigter Sachverständiger bei einem nicht öffentlichen runden Tisch im Landratsamt das komplexe Prüfverfahren und die damit verbundenen Dokumentationspflichten vor. Sowohl der Sachverständige als auch zuvor schon das Landratsamt waren zu dem Schluss gekommen, dass sich das in dieser Grube verfüllte Material sowie die Beimengungen im Rahmen des Zulässigen bewegen. Im Gemeinderat kamen Stimmen auf, vor weiteren Genehmigungen noch genauer hinschauen zu wollen.
Auch als unmittelbare Konsequenz daraus kündigt Bürgermeister Mirko Ketz (CSU) an, die Gemeinde werde ihre rechtlichen Möglichkeiten gegen die Genehmigung prüfen. „Wir halten das Risiko für das Trinkwasser nicht ausgeräumt“, betonte er am Freitag auf Anfrage. Auch wenn Beimengungen stets nur einen geringen Anteil ausmachten, seien sie in der Gesamtmenge beträchtlich. Ketz will sich die schriftlichen Unterlagen aus dem Landtag genau anschauen. Die Entscheidung obliege letztlich dem Gemeinderat.