Prozess nach Verfolgungsjagd mit der Polizei
Ein 22-Jähriger will ohne Führerschein mit einem nicht zugelassenen Motorrad zur Arbeit fahren. Als ihn die Polizei entdeckt, flüchtet er durch Pöttmes – und hat riesiges Glück.
Weil er sich einer Polizeikontrolle entziehen wollte, flüchtete ein junger Mann auf einem Crossmotorrad im Mai 2023 fast durch ganz Pöttmes. Dabei fuhr er mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit durch 30er-Zonen, missachtete Vorfahrten und Stoppschilder und hängte die Beamten mehrfach ab, bis er schließlich stürzte. Vor dem Aichacher Amtsgericht musste er sich jetzt nicht nur wegen des verbotenen Kraftfahrzeugrennens verantworten, sondern auch, weil er keine Fahrerlaubnis hatte. Und nicht nur das.
Wie Staatsanwalt Julian Küffer ausführte, war das Motorrad auch nicht zugelassen und hatte auch keine Versicherung. Der 22-Jährige, der mittlerweile in einem Nachbarlandkreis des Kreises AichachFriedberg wohnt, nutzte das Motorrad nur für sein sportliches Hobby auf Rennstrecken. Dennoch fuhr er im Mai des Vorjahres im regulären Straßenverkehr mit der Maschine. Seine Verteidigerin Franziska Manger erklärte vor Gericht,
dass das mit seinem Beruf zu tun gehabt habe.
Ihren Angaben nach macht der junge Mann gerade eine Ausbildung. Zur Zeit der Tat wurde er stets von Freunden zur Arbeitsstelle gefahren. Die theoretische Führerscheinprüfung hat er bereits bestanden, die praktische fehlt ihm noch. An besagtem Tag fand er jedoch „trotz intensiver Suche“keine Mitfahrgelegenheit. Daher geriet er laut Manger in Panik und beschloss, mit dem Motorrad in die Arbeit zu fahren. Um nicht größer aufzufallen, befestigte er ein falsches Versicherungskennzeichen, das er nach eigener Aussage von einem ehemaligen Freund hatte, an der Maschine.
Einem Polizeibeamten, der selbst Motorradfahrer ist, fiel das falsche Kennzeichen aber sofort auf. Er war mit zwei weiteren Kollegen in einem VW-Bus in Pöttmes auf Streife. Die Beamten versuchten, den jungen Mann in der Rudolf-Diesel-Straße anzuhalten. Doch er gab Gas und flüchtete unter anderem durch die Unterfeldstraße, die Schrobenhausener Straße, die Aichacher Straße, den Marktplatz und die Augsburger
Straße. Danach nutzte er einen Waldweg in Richtung Immendorf, um der Polizei zu entkommen. Doch die Polizisten folgten auf regennasser Fahrbahn den Reifenspuren durch den Wald und spürten den 22-Jährigen kurz vor der Staatsstraße 2035 schließlich wieder auf. Dort war er gestürzt.
Laut Staatsanwalt Küffer konnte ein Autofahrer, der von der Staatsstraße abfahren wollte, hier einen Zusammenstoß mit dem
Motorrad gerade noch vermeiden. Weil ihm der 22-Jährige mit überhöhter Geschwindigkeit auf seiner Spur entgegengekommen sei, wäre es beinahe zum Unfall gekommen. Da der Autofahrer allerdings nicht als Zeuge vor Gericht erschienen war, konnte dieser Vorfall nicht näher erörtert werden. Verteidigerin Manger ging davon aus, dass ihr Mandant rechtzeitig ausgewichen sei, und betonte: „Eine konkrete
Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer war zu keiner Zeit gegeben.“Der Angeklagte sei ein erprobter Fahrer mit der MotocrossMaschine.
Nach Schätzungen des Polizisten, der den VW-Bus gesteuert hatte und vor Gericht aussagte, dürfte der junge Mann in der Spitze mit etwa 100 km/h unterwegs gewesen sein, auch innerorts. Seine Anwältin glaubte an höchstens 80 km/h. Wie der Beamte berichtete, ist zum Zeitpunkt der Flucht glücklicherweise im Pöttmeser Ortskern wenig Verkehr gewesen. Seiner Ansicht nach ist sich der Motorradfahrer dessen gar nicht bewusst gewesen, dass er sich, die Polizisten und andere Verkehrsteilnehmer extrem gefährdet hatte.
Auch Richter Axel Hellriegel hielt dem Angeklagten vor, dass er extremes Glück gehabt habe, dass niemand zu Schaden gekommen sei. Wenn tatsächlich etwas passiert wäre und er jemanden umgebracht hätte, würde jetzt über Totschlag oder Mord geredet. Es sei ein Irrglaube, dass er das Motorrad trotz hoher Geschwindigkeit ständig unter Kontrolle gehabt habe. Zumindest abstrakt habe er andere
Verkehrsteilnehmer bis zum Leben gefährdet, so der Richter. Er verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 2700 Euro in Form von 90 Tagessätzen zu je 30 Euro. Zudem darf er 24 Monate keine neue Fahrerlaubnis erwerben und drei Monate keine elektrischen Fahrzeuge, auch keine Elektroroller, fahren. Sein beschlagnahmtes Motorrad im Wert von etwa 2500 Euro bekommt er nicht zurück. „Denn das tut Ihnen weh“, sagte Hellriegel.
Staatsanwalt Küffer hatte eine Geldstrafe von 4500 Euro bei 150 Tagesätzen zu je 30 Euro gefordert. Verteidigerin Manger hatte für eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen plädiert. Sie hielt eine deutlich kürzere Sperrfrist von sechs Monaten für angebracht. Die Einziehung des Motorrads betrachtete sie als unverhältnismäßig. Ihr Mandant habe sich entschuldigt, Reue gezeigt, sei geständig gewesen, und es sei niemand zu Schaden gekommen. Der 22-Jährige hatte vor der Urteilsverkündung erklärt: „Das war dumm. Ich werde so etwas nie wieder machen.“Er entschuldigte sich zudem bei allen Beteiligten.
Andere Verkehrsteilnehmer hätten zu Schaden kommen können