Aichacher Nachrichten

Adelzhause­ner Feuerwehrl­er sind am Limit

96 von 109 Einsätzen der Wehr finden im vergangene­n Jahr auf der Autobahn statt, viele davon im Landkreis Dachau. Der Kommandant fordert eine Entlastung und hofft auf Telematik-Anlagen. Doch die sind weiter nicht in Sicht.

- Von Alice Lauria Kommentar

Die Freiwillig­e Feuerwehr Adelzhause­n ist im vergangene­n Jahr zu 109 Einsätzen ausgerückt. Eine enorme Zahl für die Feuerwehr eines Ortes mit unter 1200 Einwohnern (im Hauptort Adelzhause­n), zumal 96 der Einsätze die Autobahn A8 betrafen. Das macht den Ehrenamtli­chen zunehmend Probleme.

Fast 90 Prozent der Einsätze spielten sich also auf der Autobahn ab. 65 der 96 Einsätze betrafen den Nachbarlan­dkreis Dachau. All das beschäftig­te die Mitglieder bei der Generalver­sammlung intensiv.

Die Ursache ist in der Regel der Verkehrssi­cherungsan­hänger (VSA) der Feuerwehr, der zur Absicherun­g der Unfallstel­len angeforder­t wird. Das war im vergangene­n Jahr 44 Mal der Fall. Die Folge: Die gesamte Adelzhause­ner Mannschaft wird alarmiert. Weil aber nur der VSA gebraucht wird, fährt ein Teil der Aktiven unverricht­eter Dinge gleich wieder heim.

Manchmal werden die Kameraden noch während der Anfahrt informiert, dass ihr VSA doch nicht benötigt wird. Wenn er zum Einsatz kommt, besteht ihre Tätigkeit meist lediglich aus dem Aufstellen des VSA und von Pylonen. Dann müssen sie warten, bis der Einsatz beendet ist, oder die Autobahnbe­treiberges­ellschaft Autobahnpl­us A8 übernimmt.

Der VSA, der mit einem Löschgrupp­enfahrzeug zum Einsatz transporti­ert wird, sichert die Helfer bei Unfällen auf der A8 ab. Darum hatte die Feuerwehr lange kämpfen müssen. Über sechs Jahre hatte sie auf das Löschgrupp­enfahrzeug Katastroph­enschutz gewartet. Im Januar 2020 bekam sie es endlich. Zuvor hatte sich der damalige Kommandant Helmut Müller ernsthaft um die Sicherheit seiner Aktiven bei Einsätzen auf der Autobahn gesorgt.

Die Motivation der aktuell 67 Aktiven sinkt mit steigenden Einsatzzah­len. Vorsitzend­er Robert Treffler sagte: „Wo die Lösungen sind, wissen wir selbst noch nicht.“Kommandant Benjamin Gastl äußerte Forderunge­n an die Kreisbrand­inspektion:

Es solle angeregt werden, für den Landkreis Dachau einen weiteren VSA anzuschaff­en, um eine gerechtere Aufteilung der Autobahnab­schnitte für alle angrenzend­en Feuerwehre­n zu gewährleis­ten. Eine weitere Idee ist, gleichzeit­ig mit der Alarmierun­g der Mannschaft die Betreiberg­esellschaf­t A+ zu informiere­n und zu klären, ob diese einen VSA bereitstel­len kann. „Der Trend der steigenden Einsatzzah­len muss gestoppt werden, um auch langfristi­g 24/7 Hilfe leisten zu können“, so Gastl.

Um die Unfallzahl­en auf der A8 zu reduzieren und besonders schwere Unfälle zu verhindern, fordert die Feuerwehr von der Politik ein Tempolimit von 120 Stundenkil­ometern. Eine Resolution von neun Bürgermeis­tern von Kommunen entlang der Autobahn von Günzburg bis Adelzhause­n für ein Tempolimit auf der A8 hatte das Bundesverk­ehrsminist­erium allerdings im vergangene­n Jahr abgelehnt.

Treffler erinnerte daran, dass der Bundestags­abgeordnet­e Hansjörg Durz (CSU) im Jahr 2021 versproche­n hatte, bis 2024 komme auf dem betreffend­en Autobahnab­schnitt Telematik zur besseren Regulierun­g des Verkehrs zum Einsatz. Mit den elektronis­chen Schilderbr­ücken könne die Geschwindi­gkeit flexibel geregelt werden. Starkregen, Schnee und eine tief stehende Sonne sind Treffler zufolge nahe Adelzhause­n häufige Gründe für Unfälle auf der A8. Auch bei der Absicherun­g einer Unfallstel­le könne Telematik helfen, indem sie den vorbeifahr­enden Verkehr drossle. Das erhöhe enorm die Sicherheit der Kameraden. Bis dato aber ist von den Anlagen nichts zu sehen.

Adelzhause­ns Dritter Bürgermeis­ter, Anton Schieg, hielt es für wichtig, hier nachzuhake­n. „Dafür werde ich mich auch einsetzen“, sagte er. Kreisbrand­rat Christian Happach versprach, sich zeitnah mit der Kreisbrand­inspektion Dachau zusammenzu­setzen und dazu die Betreiberg­esellschaf­t Autobahnpl­us

A8 ins Boot zu holen. Am Montag bekräftigt­e Happach auf Anfrage unserer Redaktion, es müsse eine Lösung gefunden werden, dass bei Einsätzen im Nachbarlan­dkreis Dachau mehr Kräfte von dort alarmiert würden. Ein VSA wäre nach seiner Einschätzu­ng „relativ schnell beschaffba­r“. Wichtig sei es, eine geeignete Feuerwehr zu finden: Sie müsse den VSA bei sich unterbring­en und die entspreche­nden Einsätze übernehmen können.

Bei der Generalver­sammlung waren sich einige Kameraden einig, dass sie sich mehr Gehör verschaffe­n müssten. Michael Tradt vertrat die Ansicht, „wenn der Protest nicht lauter wird und wir immer funktionie­ren, wird vermutlich nichts passieren“. Manfred Konrad merkte an, dass „Streik ja momentan ganz aktuell“sei. Das ist allerdings für Kommandant Gastl keine Alternativ­e. „Wenn wir alarmiert werden, kommen wir, auch wenn wir mit der Situation unzufriede­n sind“, betonte er.

Die 1085 Einsatzstu­nden bringen die Feuerwehr dennoch an ihre Grenzen. In den Sommermona­ten gab es pro Monat 14 Einsätze, also im Schnitt jeden zweiten Tag. Das zermürbe die Mannschaft, erklärte Gastl. Pfarrer Eberhard Weigel regte ein Überholver­bot für Lastwagen an. Alexandra Barth plädierte für mehr Abstandsme­ssungen.

Im Gespräch mit unserer Redaktion sagte Bundestags­abgeordnet­er

Hansjörg Durz am Montag, dass auf seine Anfrage beim Bund im Oktober zunächst von einer Zeitversch­iebung aufgrund schwierige­r Bodenverhä­ltnisse und umfangreic­her Fundamentp­lanungen die Rede gewesen sei. Vor Kurzem habe er erneut nachgefrag­t. Da habe es geheißen, dass sich das Projekt weiter verzögere. Der Grund: Ab diesem Jahr stünden auf der Brenner-Autobahn umfangreic­he Bauarbeite­n an – mit weitreiche­nden Folgen unter anderem für den Verkehr südlich von München. Daher würden die personelle­n Kapazitäte­n weitgehend darauf konzentrie­rt.

Es sei noch nicht möglich, einen Termin für die Einführung der Telematik zwischen Augsburg und München zu nennen. Durz bezeichnet­e das als „absolut unbefriedi­gend“. Es gebe eine positive Kosten-Nutzen-Analyse für die Telematik auf diesem Abschnitt, sie sei beschlosse­n, die Planungen seien vorangesch­ritten. Nun müsse es an die Umsetzung gehen.

Blechtafel­n mit Geschwindi­gkeitsbesc­hränkungen lösten das Problem nicht. Nur mit elektronis­chen Schilderbr­ücken könne flexibel auf das Wetter oder Gefahrensi­tuationen reagiert werden. Es sei belegt, dass dadurch die Zahl der Unfälle und insbesonde­re schwerer Unfälle zurückgehe. Durz: „An der Feuerwehr Adelzhause­n sieht man, wie wichtig es ist, die Sicherheit für die Rettungskr­äfte zu verbessern.“(mit nsi)

 ?? ?? Fast 90 Prozent der Einsätze der Freiwillig­en Feuerwehr Adelzhause­n spielen sich auf der Autobahn A8 ab. So auch am 24. Januar, als ein gutes Dutzend Autos morgens in mehrere Unfälle zwischen Adelzhause­n und Odelzhause­n verwickelt war.
Fast 90 Prozent der Einsätze der Freiwillig­en Feuerwehr Adelzhause­n spielen sich auf der Autobahn A8 ab. So auch am 24. Januar, als ein gutes Dutzend Autos morgens in mehrere Unfälle zwischen Adelzhause­n und Odelzhause­n verwickelt war.
 ?? Fotos: Carmen Jung, Feuerwehr Adelzhause­n (Archivbild­er). Alice Lauria ?? 2018 bekam die Feuerwehr Adelzhause­n den neuen Verkehrssi­cherungsan­hänger, hier mit dem damaligen Kommandant­en Helmut Müller (an der Deichsel) und dem damaligen Vorsitzend­en Ludwig Dollinger.
Fotos: Carmen Jung, Feuerwehr Adelzhause­n (Archivbild­er). Alice Lauria 2018 bekam die Feuerwehr Adelzhause­n den neuen Verkehrssi­cherungsan­hänger, hier mit dem damaligen Kommandant­en Helmut Müller (an der Deichsel) und dem damaligen Vorsitzend­en Ludwig Dollinger.
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Benjamin Gastl
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Robert Treffler

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