Haben Paket-Kuriere Klamotten gestohlen?
In die Falle getappt: Auf dem Weg vom Kunden in Mering zum Depot in Aichach geht mehrfach Retoure-Kleidung abhanden. Zwei Cousins sollen schuld sein – und landen vor Gericht.
In Mering mit zehn Kleidungsstücken befüllt, in Aichach nur noch mit neun: Im November 2020 kommt das Päckchen im Aichacher Paketdepot eines Logistikkonzerns an. Es ist nur eines von vielen Paketen, bei dem der Sicherheitsbeauftragte des Depots auf Unstimmigkeiten aufmerksam wird: Der Unternehmensverantwortliche hatte das Paket von Beginn an begleitet, sich auf die Lauer gelegt – und so zwei mutmaßliche Diebe auf frischer Tat ertappt. Zwei Cousins müssen sich derzeit vor dem Aichacher Amtsgericht verantworten – wegen Diebstahls in 25 Fällen.
Vorgeworfen wird den beiden Angeklagten – ein 29-Jähriger, wohnhaft in Augsburg, und ein 25-Jähriger, mittlerweile in Chemnitz gemeldet –, zwischen Juli und November 2020 Klamotten im Wert von fast 5700 Euro aus Retourpaketen gestohlen zu haben. Diese sollten sie vom Kunden in Mering nach Aichach bringen. Von dort aus gehen solche Pakete weiter an die Zentrale des Kunden in Baden-Württemberg. Die Fahrten übernimmt ein vom Logistikkonzern beauftragtes, eigenständiges Fuhrunternehmen, bei dem der 29-Jährige angestellt und zu den Tatzeiten auf der betroffenen Tour Hauptfahrer war. Sein Cousin – eigentlich bei einem anderen Fuhrunternehmen beschäftigt – übernahm gelegentlich Fahrten.
Von der baden-württembergischen Zentrale des Kunden bekam die Aichacher Niederlassung des Logistikunternehmens plötzlich Post, wie dessen Sicherheitsbeauftragter vor dem Amtsgericht schilderte: „Es gab vermehrt Reklamationen über den
Markt in Mering.“Nicht alles, was dort laut Packlisten eingepackt wurde, sei in der baden-württembergischen Zentrale angekommen. Außerdem soll es häufiger am Paketband Schnittstellen gegeben oder ein eindeutig anderes Klebeband darüber geklebt worden sein. Der Aichacher Unternehmensverantwortliche glich darauf Packlisten ab und kontrollierte die Paketgewichte an den verschiedenen Stationen zwischen Markt und Zentrale: „Daraus hat sich ein Muster ergeben: Die Unstimmigkeiten müssen auf der Strecke zwischen Mering und Aichach passiert sein.“
So begleitete der Depotverantwortliche
im November 2020 beim Kunden in Mering eine Retoure und ließ sich vom Erstellen der Packliste über das Verpacken der Retourware bis zum Abwiegen des Pakets den Ablauf zeigen. „Als das Paket dann in Aichach ankam, hatte es 300 Gramm und eine Jacke weniger als noch in Mering“, sagte der Zeuge vor Gericht aus. Daraufhin habe er Kontakt zum Inhaber des beauftragten Fuhrunternehmens aufgenommen, betroffene Pakete und ihre Touren abgeglichen und Videoaufzeichnungen abgerufen. „Da haben sich zwei Fahrer herauskristallisiert“– die beiden Angeklagten. Aufgrund der Unternehmensrichtlinien und daraus folgender Löschung von Videoaufnahmen nach 40 Tagen waren aber lediglich sechs betroffene Fahrten den beiden Angeklagten zweifelsfrei zuzuordnen: fünf dem 29-Jährigen, eine dem 25-Jährigen.
Ein Polizeibeamter bestätigte vor Gericht die Schilderungen: „Ich habe im Prinzip nur verschriftlicht, die Sache war im Grunde ausermittelt.“Da der ebenfalls geladene Fuhrunternehmer und damalige Vorgesetzte des 29-jährigen Angeklagten nicht erschien, bot Richterin Eva-Maria Grosse „aufgrund der Beweislage, vor allem der Videoüberwachung“den Verteidigern Luigi Carta und Friedrich Steeb sowie Staatsanwalt Julian Küffer an, eine Einigung auszuhandeln. Die Cousins, die sich während der Verhandlung gelassen gaben, schlugen die ausgehandelten Strafen von sieben bis elf Monaten Freiheitsstrafe für den 29-Jährigen sowie eine Geldstrafe von 50 bis 90 Tagessätzen für den 25-Jährigen aber aus. Richterin Grosse unterbrach deshalb die Hauptverhandlung. Sie wird am Dienstag ab 13 Uhr am Aichacher Amtsgericht fortgeführt.
Angeklagte beteuern ihre Unschuld.