Landratsamt-Anbau teurer und später fertig
Die Erweiterung des Blauen Palais in Aichach läuft seit Beginn nicht problemlos. Es gibt Ärger mit einer Baufirma, ein Notdach und auch dadurch Mehrkosten. Jetzt soll der Holzhybrid-Riegel mit 60 Büros bis zum Jahresende fertig werden.
Aichach-Friedberg Er wird teurer, er wird später fertig und es gibt Ärger mit einer Baufirma. Kurz zusammengefasst: Es läuft nicht alles rund beim Anbau an das Blaue Palais. Eigentlich sollten die Bürger schon seit Jahresbeginn über ein großzügiges, kundenfreundliches Foyer in das Landratsamt Aichach eintreten können, in den 60 neuen Büros in der Holzhybrid-Erweiterung gearbeitet werden und die Sanierung des Altbaus (WC-Kerne und Brandschutz) beginnen. Doch von diesem Zeitplan, wie er nach jahrelanger teils heftiger Diskussion beim umstrittenen Baubeschluss im Kreistag Mitte 2021 vorgestellt wurde, hat sich die Bauabteilung der Kreisbehörde schon lange verabschieden müssen. Dazwischen war die Rede von September, dann Anfang November. Jetzt hofft Gerd Pelzer vom Sachgebiet Hochbau auf einen Einzug der Kolleginnen und Kollegen bis zum Jahresende. Es könne aber auch Anfang 2025 werden, sagte er in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses des Kreistags.
In seinem Sachstandsbericht ging es vorrangig um die Verzögerungen auf der Baustelle. Bereits die Betonarbeiten beim Start Mitte 2022 begannen mit eineinhalb Monaten Verspätung wegen Problemen im Baugrund und archäologischen Grabungsarbeiten. Es folgten Probleme durch Korrosionsschäden am Haupteingang, die nach dem Abriss überraschend entdeckt wurden. Gemeinsam mit den jahreszeitlich bedingten Witterungsbedingungen sorgte das schon für einen Verzug von acht Monaten. Die Zeitprobleme des Projekts an der Münchner Straße begannen also schon beim Rohbau.
Im Mittelpunkt steht derzeit aber das Notdach, das seit Dezember das Gebäude vor Bauschäden schützt und bis April bleiben soll. Es war aber ursprünglich gar nicht geplant und wurde nur notwendig, weil die Dachdeckerfirma den Zeitplan nicht einhielt. Die Handwerker hätten im September beginnen müssen, dann wäre das Flachdach mit zurückgesetztem drittem Obergeschoss rechtzeitig vor dem Winter dicht gewesen. Haben sie aber nicht. Warum: weil die Personalkapazitäten der Firma nicht ausreichten. Die Dachdecker sind aktuell unter anderem auch beim Großprojekt Staatstheater Augsburg zu Werke. Und dann kommt sozusagen auch noch „Pech“dazu, sprich der heftige Wintereinbruch Anfang Dezember mit Schneemassen. Der Bau musste geschützt werden, weil die Notabdichtung nicht ausreichte. Das Satteldachkonstrukt macht nicht nur dicht, so konnte auch geschützt weitergearbeitet werden.
Wasserschäden sind dennoch entstanden, die deshalb getrocknet werden müssen. Für das Notdach werden etwa 75.000 Euro fällig. Wer zahlt Dach, Trocknungskosten und Nachforderungen anderer Firmen, weil der Zeitplan nicht
eingehalten wurde? Pelzer geht von einer niedrigen sechsstelligen Summe aus. Die Dachdecker – sagt die Bauabteilung. Die Firma sieht es sicher anders. Bisher habe das Dachdeckerunternehmen, das weiterarbeitet, noch keinen Euro bekommen, berichtete Pelzer. Er geht davon aus, dass sich die Streitfrage über die Mehrkosten in die Länge ziehe und eventuell erst vor Gericht entschieden werde. In Verhandlungen sei aber auch ein Vergleich möglich. Die Bauabteilung sieht sich im Spagat: Die Baustelle soll trotz der Verzögerungen bestmöglich durchgezogen werden. Jetzt noch eine andere Firma zu beauftragen, würde den Zeitplan erst recht aushebeln. CSU-Kreisrat Erwin Gerstlacher, selbst Handwerksmeister und Bürgermeister in Ried, empfahl, einen Kompromiss zu suchen. Wenn überhaupt
noch ein anderer Dachdecker weitermachen würde, dann habe der Landkreis keine Gewährleistung für das Flachdach, warnte Gerstlacher. Gerade bei dieser Dachform, die immer mal für Probleme gut ist, ist dies alles andere als eine verlockende Aussicht.
Womit wir bei den Kosten für den 55 Meter langen und 16 Meter breiten Querriegel mit vier Geschossen sind. Diese Zahlen rufen auch keine Jubelstürme bei den Kreisrätinnen und Kreisräten aus. Vor zweieinhalb Jahren wurde das Erweiterungsprojekt mit 15 Millionen Euro taxiert. Derzeit geht die Bauabteilung in ihrer Prognose von einem Betrag unter 20 Millionen aus. Ganz zu Beginn des Projekts im Herbst 2018 sprach sich der Kreistag noch einstimmig für den Anbau in Richtung Münchner Straße statt der über ein Jahrzehnt lang diskutierten Überbauung des Parkplatzes aus – vor allem die deutlich niedrigere Kostenschätzung (neun Millionen Euro) durch die abgespeckte Lösung überzeugte damals. Der Zeitplan dazu: Einzug Ende 2021. Die Erweiterungsoption mit Parkdeck plus ein Stockwerk mit neuen Büros in Richtung Süden wurde bei dieser Grundsatzentscheidung auf über 20 Millionen Euro kalkuliert. Das war den Kreisräten eindeutig zu teuer. Vor allem der schlechte Baugrund sorgte für die neuen Überlegungen. Die von der Unabhängigen-Fraktion in der Diskussion zuvor noch vorgeschlagene Anmietung von Büroflächen auf dem nahen Milchwerkgelände (im Büroturm am Kreisverkehr) fand keine Mehrheit im Kreistag. Auch die Kreisverwaltung favorisierte eindeutig die zentralisierte Lösung.
Zu den rund 20 Millionen kommt nach der Fertigstellung des Holzhybrid-Bauwerks zum Jahresende noch die Sanierung des Altbaus. Die Kosten dafür wurden zuletzt mit über acht Millionen Euro hochgerechnet. Nicht inbegriffen ist da die energetische Ertüchtigung des 45 Jahre alten Betonskelett-Gebäudes. Die ist eigentlich überfällig, denn das Blaue Palais ist wärmetechnisch gesehen eine Energieschleuder und das Gegenteil von einem kommunalen Vorzeigeobjekt wie der Anbau. Aber das ist ein Projekt, das in der PrioListe und im Zeitplan des Kreistags vor allem aus Kostengründen inzwischen weit nach hinten gerückt ist.