Aichacher Nachrichten

Die Dorfwirtsc­haft, die auf Wunsch öffnet

Die Gollings führen ihr Gasthaus in Todtenweis in der fünften Generation. Der Wirt ist gelernter Koch und Landwirt. Wenn der Restaurant­betrieb läuft, will er ganz für seine Gäste da sein.

- Von Stefanie Brand

Ratschen, Karteln, Zusammenko­mmen: Die Dorfwirtsc­haft ist meist der Mittelpunk­t des Ortes. Es werden aber immer weniger. Wir haben uns umgeschaut, wo die Wirtschaft noch im Dorf ist, und stellen einige in loser Folge in einer Serie vor. Diesmal geht es nach Todtenweis:

Todtenweis Roman Gollings Herz schlägt für die Landwirtsc­haft, für eine ehrliche Küche, die Familie und die Menschen im Dorf. Deshalb versteht sich der Chef im Todtenweis­er Gasthaus Golling, einem Familienbe­trieb, den der 39-Jährige mit seiner Frau Julia in der fünften Generation führt, als Dorfwirt – mit einem ganz eigenen Konzept und reichlich Tradition. Die Kombinatio­n aus Land- und Gastwirtsc­haft gab es schon immer, wobei die Tierhaltun­g längst aufgegeben wurde und der Fokus heute auf dem Ackerbau liegt. Neu ist, dass die Dorfwirtsc­haft keinen Stammtisch­betrieb mehr hat, sondern sich auf Veranstalt­ungen spezialisi­ert hat.

Als gelernter Landwirt und Koch will Golling alles, was er anpackt, 100-prozentig machen. Das heißt für ihn auch, dass er den Gasthof nur zu Veranstalt­ungen und nicht mehr täglich öffnet. Als seine Oma noch die Dorfwirtin war, gab es kleine Gerichte, wie etwa Wiener Würstchen, und der Lehrer wurde mittags verköstigt. „Er hat das bekommen, was die Familie mittags gegessen hat“, berichtet der 39-Jährige.

Noch unter seinen Eltern gab es einen Stammtisch­betrieb. Lange Abende habe sein Vater damals im Gasthaus zugebracht, doch die Nachfrage habe abgenommen, erzählt Golling. Sein Vater, der 2022 verstorben ist, habe aus Gewohnheit für den Stammtisch geöffnet. Die Coronapand­emie habe die Nachfrage jedoch einschlafe­n lassen. Bei Veranstalt­ungen jedoch halten die Menschen aus dem Dorf ihrem Wirt die Treue. Für alle aus Todtenweis und Umgebung bedeutet das: Wenn sie zum Dorfwirt gehen, dann gruppenwei­se. Denn für Gruppen ab 20 Personen stellt sich Golling in die Küche. Bekocht werden können dort bis zu 200 Personen.

Golling kann seine Kreationen in der Küche auf diese Weise ganz auf die Wünsche der Gäste ausrichten. Er schwärmt von frischen

Zutaten und außergewöh­nlichen Speisenfol­gen: „Beim À-la-carteGesch­äft stumpft man schnell ab“, findet der passionier­te Koch, der gerne individuel­le Menüvorsch­läge konzipiert oder eine Überraschu­ng für seine Gäste auf den

Tisch bringt. Mit einem mit Gemüse, Kartoffeln und Fleisch gefüllten Kar, ganz wie beim „Bauernbral­a“genannten Gericht von anno dazumal, das im Ofen garen durfte, während die Bauern die Feldarbeit verrichtet­en, begeistert­e er bereits

Gruppen wie die Landjugend. Die jungen Leute nutzten zunächst den Saal für ihr Theaterstü­ck und aßen anschließe­nd gemeinsam.

Genauso aber servierte Roman Golling schon edle Menüfolgen mit Rind, Trüffel und Rucola, die nicht minder gut ankamen. „Bei uns gibt es vom Kesselflei­sch bis zum Hummer alles“, sagt der Koch. Wichtig ist ihm, dass seine Menüs authentisc­h und gastlich sind, denn das mache eine Dorfwirtsc­haft eben auch aus. Die „klassische, ehrliche Küche“liege ihm am meisten, verrät Golling und schwärmt von schmackhaf­ten Klassikern wie dem Schweinebr­aten in Dunkelbier­sauce.

Zu Hochzeiten, Geburtstag­en, Trauerfeie­rn aber auch zu Vereinsfes­ten kommen die Gäste ins Gasthaus Golling und dürfen sich davor wünschen, was sie essen wollen. Dann werden sie in der Zirbenstub­e, im Kaminzimme­r oder im Saal bewirtet – je nachdem, wie groß die Festgesell­schaft ist. Auch für andere dörfliche Anlässe wie Bürgervers­ammlungen, Vereinsfei­ern oder das Ehrenamtse­ssen der Pfarrei öffnet die Dorfwirtsc­haft gerne. Im Tourplan der Kapelle So&So ist das Gasthaus Golling am 14. März als Location gelistet, und für die Sommermona­te liebäugeln Julia und Roman Golling mit einem Spareribs-Essen. Spätestens dann, wenn das Gasthaus geöffnet ist, packen alle Mitglieder der Großfamili­e mit an inklusive Oma, Tante, Cousine und Schwester. Das zeigt dann deutlich, dass es sich um einen waschechte­n Familienbe­trieb handelt – und zwar in der fünften Generation. Aus historisch­en Aufzeichnu­ngen geht hervor, dass im Gasthaus 1874 erstmals Gäste bewirtet wurden. Die Todtenweis­er Dorfwirtsc­haft blickt also in diesem Jahr auf eine 150-jährige Tradition zurück. Das aktuelle Gebäude wurde 1927 erbaut. 1990 richteten Roman Gollings Eltern die gemütliche Zirbenstub­e ein, die bis heute den Duft des Holzes im Raum versprüht. Auch die Eheleute Julia und Roman Golling, die zwei Kinder haben, möchten Renovierun­gen angehen, wie etwa im Gang oder im Saal.

Regelmäßig wird der 39-Jährige angesproch­en, ob er die Wirtschaft nicht öfter öffnen möchte. Seinem Konzept, nur für Veranstalt­ungen zu öffnen, will der 39-Jährige jedoch treu bleiben. So müsse er den Gasthausbe­trieb nicht nebenher bewerkstel­ligen und könne einen besseren Service bieten, findet er. Die Gäste danken es den Gollings mit großer Wertschätz­ung. Sie wissen, was sie an ihrer Wirtschaft haben. Denn eine solche gibt es heutzutage ja nicht mehr in jedem Dorf.

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Fotos: Stefanie Brand Julia und Roman Golling sind die Wirtsleute im Gasthaus Golling. Unter den Augen der Großeltern (Bild an der Wand) werden in der gemütliche­n Zirbenstub­e Gruppen bewirtet. Eingericht­et wurde diese 1990 von Roman Gollings Eltern.
 ?? ?? Seit 150 Jahren gibt es das Gasthaus Golling in Todtenweis. Das heutige Gebäude haben die Gollings 1927 errichtet. Heute wird der Familienbe­trieb in der fünften Generation geführt.
Seit 150 Jahren gibt es das Gasthaus Golling in Todtenweis. Das heutige Gebäude haben die Gollings 1927 errichtet. Heute wird der Familienbe­trieb in der fünften Generation geführt.

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