Die Dorfwirtschaft, die auf Wunsch öffnet
Die Gollings führen ihr Gasthaus in Todtenweis in der fünften Generation. Der Wirt ist gelernter Koch und Landwirt. Wenn der Restaurantbetrieb läuft, will er ganz für seine Gäste da sein.
Ratschen, Karteln, Zusammenkommen: Die Dorfwirtschaft ist meist der Mittelpunkt des Ortes. Es werden aber immer weniger. Wir haben uns umgeschaut, wo die Wirtschaft noch im Dorf ist, und stellen einige in loser Folge in einer Serie vor. Diesmal geht es nach Todtenweis:
Todtenweis Roman Gollings Herz schlägt für die Landwirtschaft, für eine ehrliche Küche, die Familie und die Menschen im Dorf. Deshalb versteht sich der Chef im Todtenweiser Gasthaus Golling, einem Familienbetrieb, den der 39-Jährige mit seiner Frau Julia in der fünften Generation führt, als Dorfwirt – mit einem ganz eigenen Konzept und reichlich Tradition. Die Kombination aus Land- und Gastwirtschaft gab es schon immer, wobei die Tierhaltung längst aufgegeben wurde und der Fokus heute auf dem Ackerbau liegt. Neu ist, dass die Dorfwirtschaft keinen Stammtischbetrieb mehr hat, sondern sich auf Veranstaltungen spezialisiert hat.
Als gelernter Landwirt und Koch will Golling alles, was er anpackt, 100-prozentig machen. Das heißt für ihn auch, dass er den Gasthof nur zu Veranstaltungen und nicht mehr täglich öffnet. Als seine Oma noch die Dorfwirtin war, gab es kleine Gerichte, wie etwa Wiener Würstchen, und der Lehrer wurde mittags verköstigt. „Er hat das bekommen, was die Familie mittags gegessen hat“, berichtet der 39-Jährige.
Noch unter seinen Eltern gab es einen Stammtischbetrieb. Lange Abende habe sein Vater damals im Gasthaus zugebracht, doch die Nachfrage habe abgenommen, erzählt Golling. Sein Vater, der 2022 verstorben ist, habe aus Gewohnheit für den Stammtisch geöffnet. Die Coronapandemie habe die Nachfrage jedoch einschlafen lassen. Bei Veranstaltungen jedoch halten die Menschen aus dem Dorf ihrem Wirt die Treue. Für alle aus Todtenweis und Umgebung bedeutet das: Wenn sie zum Dorfwirt gehen, dann gruppenweise. Denn für Gruppen ab 20 Personen stellt sich Golling in die Küche. Bekocht werden können dort bis zu 200 Personen.
Golling kann seine Kreationen in der Küche auf diese Weise ganz auf die Wünsche der Gäste ausrichten. Er schwärmt von frischen
Zutaten und außergewöhnlichen Speisenfolgen: „Beim À-la-carteGeschäft stumpft man schnell ab“, findet der passionierte Koch, der gerne individuelle Menüvorschläge konzipiert oder eine Überraschung für seine Gäste auf den
Tisch bringt. Mit einem mit Gemüse, Kartoffeln und Fleisch gefüllten Kar, ganz wie beim „Bauernbrala“genannten Gericht von anno dazumal, das im Ofen garen durfte, während die Bauern die Feldarbeit verrichteten, begeisterte er bereits
Gruppen wie die Landjugend. Die jungen Leute nutzten zunächst den Saal für ihr Theaterstück und aßen anschließend gemeinsam.
Genauso aber servierte Roman Golling schon edle Menüfolgen mit Rind, Trüffel und Rucola, die nicht minder gut ankamen. „Bei uns gibt es vom Kesselfleisch bis zum Hummer alles“, sagt der Koch. Wichtig ist ihm, dass seine Menüs authentisch und gastlich sind, denn das mache eine Dorfwirtschaft eben auch aus. Die „klassische, ehrliche Küche“liege ihm am meisten, verrät Golling und schwärmt von schmackhaften Klassikern wie dem Schweinebraten in Dunkelbiersauce.
Zu Hochzeiten, Geburtstagen, Trauerfeiern aber auch zu Vereinsfesten kommen die Gäste ins Gasthaus Golling und dürfen sich davor wünschen, was sie essen wollen. Dann werden sie in der Zirbenstube, im Kaminzimmer oder im Saal bewirtet – je nachdem, wie groß die Festgesellschaft ist. Auch für andere dörfliche Anlässe wie Bürgerversammlungen, Vereinsfeiern oder das Ehrenamtsessen der Pfarrei öffnet die Dorfwirtschaft gerne. Im Tourplan der Kapelle So&So ist das Gasthaus Golling am 14. März als Location gelistet, und für die Sommermonate liebäugeln Julia und Roman Golling mit einem Spareribs-Essen. Spätestens dann, wenn das Gasthaus geöffnet ist, packen alle Mitglieder der Großfamilie mit an inklusive Oma, Tante, Cousine und Schwester. Das zeigt dann deutlich, dass es sich um einen waschechten Familienbetrieb handelt – und zwar in der fünften Generation. Aus historischen Aufzeichnungen geht hervor, dass im Gasthaus 1874 erstmals Gäste bewirtet wurden. Die Todtenweiser Dorfwirtschaft blickt also in diesem Jahr auf eine 150-jährige Tradition zurück. Das aktuelle Gebäude wurde 1927 erbaut. 1990 richteten Roman Gollings Eltern die gemütliche Zirbenstube ein, die bis heute den Duft des Holzes im Raum versprüht. Auch die Eheleute Julia und Roman Golling, die zwei Kinder haben, möchten Renovierungen angehen, wie etwa im Gang oder im Saal.
Regelmäßig wird der 39-Jährige angesprochen, ob er die Wirtschaft nicht öfter öffnen möchte. Seinem Konzept, nur für Veranstaltungen zu öffnen, will der 39-Jährige jedoch treu bleiben. So müsse er den Gasthausbetrieb nicht nebenher bewerkstelligen und könne einen besseren Service bieten, findet er. Die Gäste danken es den Gollings mit großer Wertschätzung. Sie wissen, was sie an ihrer Wirtschaft haben. Denn eine solche gibt es heutzutage ja nicht mehr in jedem Dorf.