500 Menschen demonstrieren gegen Rechts
Dicht gedrängt stehen die Leute in Mering auf dem Marktplatz. Mit bunten Schildern und Fahnen beweisen sie: Demokratie braucht keine Geheimtreffen, sondern kann sich frei zeigen.
Aichach-Friedberg/Mering Bunte Regenbögen, markante Sprüche – viele Schilder und Fahnen sind auf dem Meringer Marktplatz zu sehen. In der Marktgemeinde leben Menschen aus über 70 Nationen harmonisch zusammen. Und das soll auch so bleiben, finden die Veranstalter von „Mering für Demokratie und Toleranz“. Zum Zeichen gegen den Rechtsruck eingeladen hat das Bündnis Mering ist bunt. Rund 500 Teilnehmende sind dem Aufruf gefolgt und stehen am Samstag Seite an Seite auf dem Marktplatz. Wem ihr friedlicher Protest vor allem gilt, machen viele Plakate und Fahnen deutlich. „Stoppt AfD“steht auf einem Schild, „Braun stinkt zum Himmel“auf einem anderen. „Wenn die AfD die Lösung ist, will ich das Problem behalten“, liest man, ebenso wie „EkelhAfd“.
„Die AfD proklamiert, sie würde die schweigende Mehrheit repräsentieren“, erklärt Peter Hörmann, Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Aichach-Friedberg und Sprecher des Aktionsbündnisses Mering ist bunt. „Wir wollen demonstrieren, wer wirklich die Mehrheit ist und für was diese Mehrheit steht“, sagt Hörmann unter dem Applaus der Teilnehmenden. Der zweite Bürgermeister Stefan Hummel hält als Urlaubsvertretung des ersten Bürgermeisters Florian Mayer eine Rede, in der er erklärt: Die Veranstaltung der identitären Bewegung in Dasing, an der auch AfD-Vertreter des Kreistags Aichach-Friedberg teilgenommen haben, zeige, „wie sehr unsere Demokratie in Gefahr ist“. Er spielt an auf die „Remigrations“-Pläne zur massenhaften Ausweisung von Menschen mit Migrationshintergrund. Viele weitere Rednerinnen und Redner folgen. Auch die Kirchenvertreter positionieren sich eindeutig. Diakon Tino Zanini richtet Grüße von Bischof Bertram Meier aus. Markus Krause, evangelischer Pastor im Bischofstreff, macht deutlich, warum ihn die Behauptung irritiert, das christliche Abendland sei durch Zuwanderung
in Gefahr: „Das christliche Abendland ist nicht da, wo man Menschen ausgrenzt, wo man über Remigration fantasiert oder Demokratie abschaffen will“, sagt er, „sondern dort, wo sich um die Schwachen, Fremden und Armen gekümmert wird“.
Der jüngste Redner ist Jonathan Lidl von Fridays for Future. Er ist sich sicher, dass die Gefahren für
Freiheit und Demokratie „einfacher zu lösen sind als der Klimawandel“, wenn man stets so wie heute gemeinsam gegen Rechtspopulismus, Fake News und Rechtsextremismus aufstehen würde. Jürgen Schwilski, der zweite Redner von Mering ist bunt, sieht optimistisch auf Deutschland. Wenn Christian Lindner sagt, das Land sei nicht mehr wettbewerbsfähig,
könne man zustimmen – allerdings nur hinsichtlich der FußballNationalmannschaft und der Chancen beim ESC, deklamiert Schwilski augenzwinkernd.
Manuela Krämer vom Verein für Internationale Kultur in Mering (IKM) kennt aus Erfahrung ein einfaches Mittel gegen Hass: „Wir verbringen miteinander Freizeit und lernen uns kennen – dann kann man sich nicht mehr fürchten und auch nicht mehr hassen.“Matthias Schwarzer von der evangelischen Gemeinde gibt zu: „Wenn ich sehe, wie viel Zuspruch die AfD mit ihrem rechtsextremen und menschenverachtenden Programm bekommt, macht mir das Angst.“Ein Anblick wie die vielen Menschen, die heute in Mering solidarisch zusammenstehen, gebe ihm jedoch Mut. Aus Angst wegschauen – diesen Fehler aus der Geschichte dürfe man nicht wiederholen, macht Schwarzer deutlich. Zwischen den Reden sorgen Musikbeiträge für Stimmung. Peter Hörmann und Christine Schmidt an der Gitarre und Jürgen Schwilski an der Mundharmonika interpretieren John Lennons „Imagine“, „Let It Be“von den Beatles und eine Umdichtung von „Hejo, spann den Wagen an“mit den Worten „Wehrt euch, leistet Widerstand“. Das Publikum singt eifrig mit. Für Textsicherheit sorgen Blätter mit den Lyrics, die im Vorfeld verteilt wurden. Die Kolpingkapelle Mering ist ebenfalls dabei und intoniert Beethovens Ode an die Freude. Eine weitere Mitmachaktion ist die Ideensammlung: Die Teilnehmenden können Wünsche für ein gelungenes Miteinander auf Karten schreiben, die an einem Bauzaun angebracht werden. „Jeder darf so sein, wie er will“, steht auf einer Karte. „Dankbar sein für Vielfalt“und „Öffne dein Herz“, appellieren andere.
„Aus polizeilicher Sicht war es eine störungsfreie Veranstaltung“, resümiert Karl Schreiner, Leiter der Polizei-Inspektion Friedberg, welche für die Sicherheit sorgte. „Ich wünsche mir ganz arg, dass alle, die jetzt bei der Veranstaltung waren, auch wirklich so wählen“, sagt die Teilnehmerin Margot Marquardt aus Mering nach der Veranstaltung. Für die Wahl-Meringerin Veronique Alfierei war die Kundgebung „die Bestätigung, dass ein Wunsch da ist, präsent zu sein, auch physisch“. Sie weiß zu schätzen, dass es in Mering viele konkrete Angebote wie Näh- oder Kochkurse gibt, „damit die Leute zusammenkommen und sich integriert fühlen“. (mit sev)