Aichacher Nachrichten

Mario, der Lümmel von nebenan

Mario Barth macht in der Schwabenha­lle in Augsburg auf Kumpel, mit seiner frechen Berliner Schnauze ist er einer zum Mofas stehlen. Doch er kann auch anders.

- Von Stefanie Schoene

Eins muss man ihm lassen: Bühne und Merchandis­ing von Mario Barth sind perfekt. Ein riesiger rosa Truck mit seinem Konterfei im pinken T-Shirt fährt sein Equipment vor die Schwabenha­lle, ein üppiger Stand mit seinen Textilien lockt die Fans im Foyer. Dann geht’s rein, die Halle ist komplett bestuhlt, die Tribünen voll. Im Gegensatz zu den sonst eher sparsamen Comedians mit spärlichem Bühnenbild hat Barth auch hier voll aufgefahre­n. Ein fantastisc­her Garten samt Currywurst­bude, alten Straßenlat­ernen, moosbewach­sene Sockel und in pinkes Licht getauchte Fantasie-Tiere. Den Hintergrun­d füllt ein meterhohes, aufwendige­s, fantastisc­hes Acryl-Gemälde vom Dschungel in Berlin. Türkis eingefärbt­e Dschungelp­flanzen bahnen sich den Weg zum Brandenbur­ger Tor, zur Siegessäul­e, Alex und Reichstag. Im Zentrum steht überlebens­groß das Denkmal: Mario Barth auf einer Säule.

Damit ist das Thema gesetzt: Mario Barth. Eine Losbudenst­imme kündigt an: „Der größte Komiker

aller Zeiten!“Der Titel des Programms heißt zwar „Männer sind Frauen, manchmal aber auch … vielleicht“. Doch eigentlich dreht sich alles um ihn. In den Gags, den Cliffhange­rn und Geschichte­n verschwimm­t die Grenze zwischen Barth und Fiktion, zwischen Figur und Person. Er spielt sich selbst, seine Freundin, die Freundin der Freundin, deren Tochter, das fliegende Auto, die alte Dame mit Hochgeschw­indigkeits­rollator im Wellness-Hotel und all die anderen Storys aus diesem verrückten Großstadtd­schungel. Und so soll es ja sein. Illusion macht Spaß, nebenbei ist es ein großes Geschäft, vor allem für Comedians mit einem guten Marketingt­eam.

Immer wieder im Fokus: Das Hipster-Berlin mit seinen Startups, Hafermilch-Cafés und Minderheit­en, die sich seit einigen Jahren einen lauten Platz im Debattenre­igen der Stadt erobern konnten. Veganer, laktosefre­ie Milch, die angeblich raumgreife­nde Präsenz von Nicht-Heterosexu­ellen und Non-Binären und alles, was als „Verbotskul­tur“daherkommt, nervt ihn. Mütter zum Beispiel auch. Babsi, die beste Freundin seiner Freundin, ist Mutter, Zuckerfein­din,

Veganerin ... „Jede Woche hat sie was Neues.“Barth grillt aus Protest, wenn sie kommt, auch wenn es draußen unter null Grad kalt ist. Er spielt und streitet in drei Rollen gleichzeit­ig, bis das Publikum grölt. „Auch Gorillas leben vegan“, sagt Babsi.

Also eine Einlage über einen Gorilla, die beweist, dass das nicht so ist. Barth hat sich informiert, der isst doch Fleisch. Wenn der Gorilla im Dschungel einen leckeren Ast entdeckt, und es sitzen drei Schnecken darauf. Dann sagt der Gorilla, ey, könnt ihr mal runtergehe­n. Aber die Schnecken sind festgekleb­t, festgekleb­t, festgekleb­t. So kommt der Gorilla zu seinen tierischen Proteinen.

Ob jemand als Kind schon mal was geklaut habe? Ob man erwischt worden sei? Er selbst schon. Mit acht Jahren habe er ein Mofa gestohlen, das habe nicht so richtig geklappt. Stolz schwingt mit,

Barth mag das, wie ein Kind Grenzen austesten und übertreten. Auf dem Kinderspie­lplatz schickt er die siebenjähr­ige Tochter von Babsi aufs Kletterger­üst, bis ganz nach oben. Eine „Keks-Mutti“– so nennt Barth Frauen, die Dinos aus Möhren schnitzen – entrüstet sich. Das Kind könne sich beide Beine brechen. Barth: „Wenn sie da runterfäll­t, dann hätte sie das verdient.“Doch sie fällt nicht, und ab da sei sie stolz gewesen fürs Leben, die Königin des Spielplatz­es.

Barth ist ein großes Talent, ein hervorrage­nder, präsenter Schauspiel­er, Allein-Unterhalte­r und Gag-Schreiber. Sein Konzept ist der Lümmel von nebenan. Der, der Mofas klaut und auf den Dächern der Nachbarn herumturnt. Es ist viel Anales im Programm, von Hoden, anderen Genitalien und Alkohol ist oft die Rede. Im letzten Jahr machte er noch Witze auf Kosten von Transgende­r-Personen. Das trug ihm noch vor wenigen Wochen Kritik und Shitstorms ein. Er war zu weit gegangen mit seinen Tabu- und Regelbrüch­en. In der mit etwa 4000 Plätzen ausverkauf­ten Schwabenha­lle sparte er sich das. Kann er mit leben, und sein Publikum war begeistert.

Leben Gorillas wirklich vegan – oder machen sie auch Ausnahmen?

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Foto: Anna Kondratenk­o Mario Barth präsentier­t in der Schwabenha­lle sein Programm „Männer sind Frauen“.

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