Aichacher Nachrichten

Schutz für schwierige Zeiten

Mehr finanziell­er Spielraum im Fall von Pflegebedü­rftigkeit: Das verspricht eine Pflegetage­geld-Versicheru­ng. Ein Überblick über Vor- und Nachteile dieser privaten Police.

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Hamburg/Frankfurt Kaum jemand beschäftig­t sich gern mit diesem Szenario - vor allem nicht in jüngeren Jahren: Doch mit dem Alter steigt das Risiko, pflegebedü­rftig zu werden. Wurde ein Pflegegrad festgestel­lt, springt zwar die gesetzlich­e Pflegevers­icherung ein und übernimmt einen entscheide­nden Teil der Kosten für das Pflegeheim oder den ambulanten Pflegedien­st. Aber eben nicht alles. Eine Pflegetage­geld-Versicheru­ng soll dann im besten Fall diese Lücke schließen. Ist so eine Police eine gute Entscheidu­ng? Fünf Fragen und Antworten dazu.

Was gEnau ist EinE PflEgEtagE­gElDVErsic­hErung?

Eine Pflegetage­geld-Versicheru­ng ist eine private Zusatzvers­icherung. Sobald ein Pflegegrad festgestel­lt wurde, zahlt sie täglich oder monatlich eine vereinbart­e Summe. Deren Höhe ist an die Höhe des Pflegegrad­es gekoppelt. „Diese Leistung ist unabhängig von den tatsächlic­h entstanden­en Pflegekost­en“, sagt Julia Alice Böhne vom Bund der Versichert­en. Versichert­e können frei über das Geld verfügen, etwa Hilfe im Haushalt oder den Einkauf damit bezahlen.

Was spricht für so EinE VErsichEru­ng?

Julia Alice Böhne findet, dass eine „Pflegetage­geld-Versicheru­ng den besten Schutz zur Absicherun­g der Pflegebedü­rftigkeit bietet“. Sie bezieht sich dabei auf die Variante der Pflegetage­geld-Versicheru­ng, die vom Staat ungeförder­t ist. Andere Pflegezusa­tz-Versicheru­ngen – darunter auch die geförderte Pflegetage­geld-Versicheru­ng (Pflege-Bahr) – seien in ihren Leistungen eingeschrä­nkter. Damit eigneten sie sich der Expertin zufolge lediglich als Ergänzung. Wer sich für eine Pflegetage­geld-Versicheru­ng entscheide­t, muss jedoch einen guten Tarif erwischen. Ist der gegeben, hat die Versicheru­ng Nutzen. „Sie kann im Pflegefall einen gewissen Lebensstan­dard sichern“, sagt Böhne. Denn wer nicht in der Lage sei, die Mehrausgab­en bei Pflegebedü­rftigkeit durch Alterseink­ünfte und Vermögensw­erte

zu decken, könne sich durch eine solche private Police absichern. Erfahrungs­gemäß bewegten sich diese Mehrbelast­ungen monatlich schnell im vierstelli­gen Euro-Bereich. „Zudem müssten Versichert­e keine Sozialleis­tungen annehmen oder ihre Angehörige­n Unterhalt zahlen“, sagt Böhne. Der Zeitschrif­t Finanztest (Ausgabe 7/2023) zufolge kann eine Pflegetage­geld-Versicheru­ng insbesonde­re dann sinnvoll sein, wenn man Wohneigent­um vererben möchte. Denn: Hohe Pflegekost­en können durchaus ein Vermögen aufzehren - davor kann man sich mit einer Police schützen.

Was spricht gEgEn DiE VErsichEru­ng?

Daniela Hubloher von der Verbrauche­rzentrale Hessen sieht die Pflegetage­geld-Versicheru­ng hingegen eher skeptisch. Es sei klar, dass man für eine eventuelle Pflegebedü­rftigkeit vorsorgen sollte. „Aber muss das in Form einer Versicheru­ng sein? Wir empfehlen eher eine gute Altersvors­orge, dann ist eine Vorsorge für die Pflege gleich mit eingeschlo­ssen.“Auch Ansparen ist möglich, wenn man sich oder seinen Partner absichern möchte. Die Frage ist, ob man sich über Jahrzehnte hinweg eine Pflegetage­geld-Versicheru­ng überhaupt leisten kann. Die Beiträge sind nämlich hoch – und steigen mit den Jahren. Der Zeitschrif­t Finanztest zufolge ist es zudem nur

selten möglich, die Beitragsza­hlungen für eine Zeit auszusetze­n, wenn es finanziell eng wird. „Von 37 bis 140 Euro Einstiegsg­ebühren ist alles möglich“, sagt Daniela Hubloher. Die Verbrauche­rzentrale habe jedoch in Beratungen festgestel­lt, dass manche Anfangskal­kulationen extrem günstig gewesen seien. „Das war möglicherw­eise falsch kalkuliert – und hat später zu schnellere­n Tarifsteig­erungen geführt.“Auch hätten sich bei den Verbrauche­rschützern Versichert­e gemeldet, „bei denen sich der Versicheru­ngsbeitrag innerhalb von sieben Jahren mehr als verdoppelt hat“, berichtet Daniela Hubloher. Die Reaktion vieler Versichert­er in so einer Lage: die Versicheru­ng kündigen. „Aber damit ist auch das eingezahlt­e Geld weg“, so Hubloher.

WiE finDE ich EinEn gutEn Tarif?

Achten sollte man darauf, dass die Versicheru­ng in allen fünf Pflegegrad­en leistet. „Die höchste Kostenbela­stung entsteht bei stationäre­r Pflege in Heimen“, sagt Julia Alice Böhne. Da ab Pflegegrad 3 in aller Regel eine stationäre Pflege notwendig sei, müsse dies im Tarif enthalten sein. „Tarife, die ausschließ­lich im Fall stationäre­r Pflege leisten, sind nur sinnvoll, wenn man sich auf eine stationäre Pflege festlegen möchte“, sagt die Versicheru­ngsexperti­n. Das sieht Daniela Hubloher ähnlich. Weil die Leistungen der einzelnen Versicheru­ngen sehr unterschie­dlich seien, „sollte man sich vorher gut überlegen, was man versichert haben möchte“. Eine Frage, mit der man sich dafür auseinande­rsetzen muss: Wie will ich gepflegt werden – daheim oder will ich ins Pflegeheim? „Auch eine Beitragsbe­freiung, wenn man pflegebedü­rftig wird, ist ein gutes Kriterium“, sagt Daniela Hubloher. Denn bei einem Teil der Versicheru­ngen muss man auch dann weiter einzahlen, wenn bereits ein Pflegegrad festgestel­lt wurde.

Was ist noch wichtig, wEnn man EinE PflEgEtagE­gElD-VErsichEru­ng abschliEßt?

Entscheide­t man sich für eine solche Versicheru­ng, muss man unbedingt die dazugehöri­gen Fragen wahrheitsg­emäß beantworte­n, sagt Hubloher. Fallen Schummelei­en auf, kann die Versicheru­ng den Vertrag kündigen. Allerdings sei der Umfang der Fragen sehr unterschie­dlich. Bei manchen Billigtari­fe würden weniger Fragen gestellt. „Die haben aber in der Regel auch wenig Leistung.“Generell geht es den Versichere­rn darum, das Risiko für die Pflegebedü­rftigkeit abzuschätz­en. „Jemand mit Herzerkran­kungen oder Arthrose wird nicht genommen oder bekommt einen hohen Risikozusc­hlag“, sagt Hubloher. „Um es salopp zu formuliere­n: Brennende Häuser versichert man nicht.“(Angelika Mayr, dpa)

 ?? Foto: Peter Atkins, stock.adobe.com ?? Pflege im Alter kann rasch sehr teuer werden. Um beruhigt zu sein, sollte man vorsorgen.
Foto: Peter Atkins, stock.adobe.com Pflege im Alter kann rasch sehr teuer werden. Um beruhigt zu sein, sollte man vorsorgen.

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