Ging der Mitarbeiter eines Inkasso-Büros zu weit?
Ein 49-Jähriger muss sich wegen Drohungen und körperlicher Attacken vor Gericht verantworten.
Mit körperlichen Attacken und Drohungen soll ein 49-Jähriger versucht haben, bei einem Unternehmer aus dem Landkreis Schulden einzutreiben. Deswegen musste sich der Mitarbeiter eines Inkasso-Unternehmens mit Filialen unter anderem in Köln, Zürich und Mostar nun vor dem Amtsgericht Aichach verantworten. Dabei gab es nicht nur unterschiedliche Schilderungen des Tathergangs, sondern auch dazu, ob es überhaupt Schulden gab – und wenn ja, wie viele.
Der 49-jährige Angeklagte aus Hannover hatte laut Anklage bereits am Tag vor der Tat 200.000 Euro gefordert, die der Kläger einer amerikanischen Firma schulden soll. Dazu fuhr er mit einem Kollegen auf das Firmengelände des Opfers, einem
Automechaniker, im Süden des Landkreises Aichach-Friedberg. Dieser stritt die Schulden ab und behauptete, Belege dafür zu haben. Es kam keine Einigung zustande, weshalb der Angeklagte nach Aussage des späteren Opfers ankündigte, am nächsten Tag wiederzukommen, obwohl dieser die beiden Männer aufgefordert hatte, nur zu seinem Anwalt Kontakt aufzunehmen.
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, den vermeintlichen Schuldner am nächsten Tag durch einen Schlag gegen die Schultern zum Zahlen der Schulden gedrängt zu haben. Verteidiger Kotios Dimitrios stritt den Vorwurf ab: „Mein Mandant hat den Zeugen weder geschlagen noch genötigt und auch nicht bedroht.“Als der Inkasso-Mitarbeiter bei dem Mann klingeln wollte, soll dieser ihm seinerseits gefährlich nahe gekommen sein und eine Waffe gezogen haben, so der Rechtsanwalt weiter. Auf Nachfrage des Richters Axel Hellriegel wurde geklärt, dass der Mann einen Waffenschein hat und somit der Besitz einer Schreckschusspistole und ihr Einsatz in Notwehr legal waren. Der 57-Jährige dagegen berichtete, der andere habe ihn mit den Worten „Ich scheiße auf dein Leben“genötigt und anschließend mit einem Schlag gegen die Brust verletzt. Anders als in den Polizeiakten war von einer Prellung an der Schulter jedoch vor Gericht keine Rede mehr. Der Mann gab an, keine großen Verletzungen davongetragen zu haben.
Nachdem der Angeklagte und sein Kollege die Waffe gesehen hatten, suchten sie das Weite, der 57-Jährige steckte die Waffe wieder ein und forderte sie auf, stehen zu bleiben. Außerdem bat er seine Frau, die Polizei zu rufen. Die drei Männer fanden am Auto des Angeklagten wieder zusammen. Nach Aussage des Verteidigers befanden sich auch die Ehefrau und ein Mitarbeiter des Zeugen in der Nähe.
Der Verteidiger behauptete obendrein, der Unternehmer habe zehn Minuten, nachdem die Polizei gerufen worden war, den anderen gesagt, sie könnten fahren. Der Mann selbst stritt dies ab und gab an, die beiden
Männer seien von selbst gefahren, noch bevor die Polizei kam. Unstimmigkeiten gab es auch über die angeblichen Schulden: Der Unternehmer gab zu, dass gegen ihn ein Verfahren läuft, bei dem 120.000 Euro eingeklagt werden – also deutlich weniger, als das Inkassobüro von ihm gefordert hatte. Doch im Grunde, so der Mann, habe er die Schulden an das US-Unternehmen bereits abbezahlt. Seine 54-jährige Ehefrau bestätigte die Aussagen ihres Mannes weitgehend. Sie gab jedoch zu, sich aufgrund der Schrecksituation nicht mehr an alles erinnern zu können. Nach einem Rechtsgespräch zwischen Staatsanwalt, Richter Axel Hellriegel und Verteidiger konnte keine Einigung stattfinden. Der Verteidiger forderte die Anhörung weiterer Zeugen. Der Prozess wird daher unterbrochen und am 8. April um 13.30 Uhr fortgesetzt.