Ärztezentrum wird Teil eines Verbunds
Das Zentrum für Allgemeinmedizin in Aichach wird von dem irischen Konzern Centric Health übernommen. Was dahintersteckt und was das für Patienten bedeutet.
Das Zentrum für Allgemeinmedizin an der Sudetenstraße in Aichach schließt sich zum 1. April mit dem Hausärzteverbund Centric Health zusammen, wie der Ärztliche Leiter, Dr. Andreas Ullmann, mitteilt. Ziel sei es, die hausärztliche Arbeit zu stärken, für die Zukunft aufzustellen und langfristig zu sichern. „Für die Patienten ändert sich dadurch nichts“, betont Ullmann. Das Praxisteam kümmere sich weiterhin in gewohnter Weise um sie. Er selbst bleibt Ärztlicher Leiter.
Derzeit wird die Praxis, die 32 Mitarbeitende hat, von sechs Gesellschaftern betrieben. Zusammen mit den angestellten Ärztinnen und Ärzten arbeiten zwölf Mediziner in der Praxis, davon einige in Teilzeit. Die Anforderungen an niedergelassene Ärzte seien in den letzten Jahren enorm gestiegen, sagt Ullmann. „Wer eine Hausarztpraxis betreibt, verbringt neben der Patientenversorgung durch die steigenden gesetzlichen Regularien immer mehr Zeit mit Verwaltungsaufgaben und hat weniger Zeit für die Patienten.“Viele Ärzte hätten Sorge, bei personellen Ausfällen – der Fachkräftemangel mache sich auch hier bemerkbar – oder anstehendem Ruhestand,
ihre Patienten dennoch gut versorgt zu wissen. Für Hausärzte werde das immer mehr zur Mammutaufgabe. Im Zentrum für Allgemeinmedizin seien zwei Gesellschafter langsam im Rentenalter, sagt Ullmann im Gespräch mit unserer Redaktion. „Es ist aber kaum mehr ein Arzt zu finden, der als Gesellschafter einsteigen will.“
Das alles gab den Ausschlag für den Zusammenschluss mit Centric Health. Simon Astfäller, Geschäftsführer von Centric Health Deutschland, sieht den Praxisverbund als Angebot für Menschen, die gerne als Mediziner arbeiten wollen, mit weniger Verwaltungsaufwand, mehr Zeit für die Patientenversorgung und ohne unternehmerisches Risiko. Ullmann verspricht sich von den gemeinsamen Strukturen und einem starken Verbund Entlastung. Die Gesellschafter werden künftig als Angestellte arbeiten, Centric Health vor allem Verwaltungsaufgaben, Buchhaltung und digitale Neueinführungen übernehmen.
Der irische Hausärzteverbund betreibt die Praxis künftig als Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Es ist vermutlich nicht das erste Hausärzte-MVZ im Landkreis Aichach-Friedberg. Zumindest eine andere Aichacher Praxis ist als Filialpraxis auf der Internetseite des MVZ Dachau aufgeführt, äußert sich aber auf Anfrage nicht. Wie Axel Heise, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), berichtet, liegen beim Zulassungsausschuss Ärzte Schwaben, dessen Genehmigung MVZ benötigen, Anträge zur Übernahme mehrerer hausärztlicher Sitze im Planungsbereich Aichach vor. Der Zulassungsausschuss ist von der KVB unabhängig und je zur Hälfte mit Ärzten und Vertretern der Krankenkassen besetzt.
Zu den MVZ sagt Heise, seien inzwischen ein fester Bestandteil der ambulanten Versorgung in ganz Bayern und hätten durchaus ihre Berechtigung. Für Patienten, weil sie unter Umständen mehrere Ärzte unter einem Dach finden, für Ärztinnen und Ärzte, weil sie dort im Team arbeiten, sich austauschen und angestellt arbeiten können. „Gerade die Option der Anstellung ist für viele junge Ärztinnen und Ärzte attraktiv, weil sie aufgrund der großen Verantwortung bei einer selbstständigen Tätigkeit vor einer Niederlassung in der Einzelpraxis zunächst zurückschrecken“, so Heise.
Kritisch sehe die KVB die zunehmende Ausdehnung von Investoren im Gesundheitswesen, wenn deren vorrangiges Ziel die Renditeoptimierung sei, so Heise. „Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich diese auf medizinisch lukrative Leistungen konzentrieren, anstatt die Patienten entsprechend ihrem medizinischen Bedarf zu behandeln.“Der Bayerische Hausärzteverband hat eigene Lösungsvorschläge für den Erhalt der heimatnahen Versorgung, berichtet Stefanie Berger, stellvertretende Bezirksvorsitzende Schwaben. Dazu gehören sogenannte Team-Praxen, in denen Fachkräfte Ärzte und Ärztinnen entlasten. Das müssten aber die Kassen entsprechend honorieren. Bei Investoren-geführten MVZ sei die Sorge, dass so eine Praxis Rendite bringen soll und nicht vor allem die medizinische Versorgung der
Patienten im Vordergrund stehe, so Berger.
Diese Gefahr sieht Andreas Ullmann bei Centric Health nicht. Hausarztpraxen böten im Gegensatz zu Facharztpraxen keine speziellen Leistungen an, die Geld brächten. Simon Astfäller betont: „Wir haben die gleichen Patienten, die gleiche Versorgung und die gleiche Vergütung wie andere hausärztliche Praxen.“Die Ärzte hätten hundertprozentige Freiheit bei der Patientenbehandlung. „Wir reden da nicht drein.“Centric Health denke langfristig. Kontinuität in der wohnortnahen Versorgung sei das Ziel.