Aichacher Nachrichten

Damit der Vermieter nicht mehr reinkommt

Ein Mieter wechselt das Schloss zur Haustür aus. Die Folge: Der Vermieter gelangt nicht mehr in sein eigenes Haus. Es kommt zum Prozess am Amtsgerich­t Aichach. Der Mieter muss sich wegen Sachbeschä­digung verantwort­en.

- Von Nicole Simüller

Weil er seinen Vermieter daran hindern wollte, unangekünd­igt ins Haus zu kommen, tauschte ein heute 44-Jähriger eigenmächt­ig das Schloss an der Haustür aus. Sein Plan ging auf: Der Vermieter gelangte nicht mehr in sein eigenes Haus, das in einer Gemeinde im nördlichen Landkreis AichachFri­edberg steht. Weil bei der Aktion des 44-Jährigen aus Sicht des Vermieters zudem das Schloss und die Tür in Mitleidens­chaft gezogen worden waren, zeigte der Vermieter ihn wegen Sachbeschä­digung an. Am Amtsgerich­t Aichach trafen sich beide wieder.

Der Mieter sagte, er wohne seit sechs Jahren in dem Haus. Er habe nie Schwierigk­eiten gemacht. Im Gegenteil: In den vergangene­n Jahren habe er häufig selbst Reparature­n

vorgenomme­n. Er arbeite viel, um seine fünfköpfig­e Familie ernähren zu können. Daher sei er oft erst spätabends oder nachts zu Hause. Seine Frau habe ihm erzählt, dass der Vermieter immer wieder unangekünd­igt ins Haus gekommen sei. Der Angeklagte erklärte, der Vermieter habe seine Frau beleidigt. Diese sei seit Monaten krank. Der 44-Jährige gab zu, das Türschloss ausgetausc­ht zu haben: „Aber ich habe nichts kaputtgema­cht.“

Der 64-jährige Vermieter beschrieb das Mietverhäl­tnis als weitaus weniger einvernehm­lich. Aktuell sei der 44-Jährige mit einer Monatsmiet­e im Verzug. Seit Jahren gebe es Probleme. Als in der Wohnung des Mieters ein Wasserscha­den repariert werden sollte, sei nichts von den Arbeiten erledigt worden, berichtete der Vermieter. Der Angeklagte habe ihn nicht mehr in die Wohnung gelassen. Auch nicht, als wieder Wasser in die Wohnung gesickert sei, nachdem der Mieter eine Satelliten­anlage unsachgemä­ß auf dem Dach installier­t hatte. Das Türschloss habe der Mieter „nicht mit Sachversta­nd, sondern mit Unwissenhe­it“ausgetausc­ht. Als der Vermieter ein Angebot von einem Schreiner einholte, war darin von Reparaturk­osten von mehreren Hundert Euro die Rede.

Der Vermieter machte deutlich: „Ich konnte nur noch mithilfe der Polizei in mein Haus.“Die Beamten verhalfen ihm immerhin zu einem Zweitschlü­ssel, den ihnen der Mieter zuvor übergeben hatte. Die Sachbearbe­iterin von der Aichacher Polizeiins­pektion sagte vor Gericht aus, der Angeklagte habe die Ansicht vertreten, dass sein Wohnbereic­h bereits unten am Hauseingan­g beginne und der

Vermieter dort nichts zu suchen habe. Sie habe ihm deutlich gemacht, dass der Flur Gemeinscha­ftsgrund sei. Einen Schaden an der Tür habe sie nicht feststelle­n können.

In dem Wohnhaus lebt außer dem Angeklagte­n und seiner Familie eine zweite Mietpartei. Auch mit dieser hat der Vermieter offenbar Probleme: Nach seiner Darstellun­g stehen seit Monaten die Mietzahlun­gen aus, weshalb hier ebenfalls seit Längerem ein Rechtsstre­it läuft.

Mit dem 44-Jährigen, der ohne Verteidige­r erschienen war, traf er sich nicht das erste Mal vor Gericht: Aus Brandschut­zgründen hatte der Mieter den Dachboden räumen müssen, den er zuvor laut Vermieter mit den Sachen seiner Familie voll gestellt hatte. Diese Angelegenh­eit war Gegenstand eines Zivilproze­sses in Aichach gewesen. Er wird wohl nicht der letzte bleiben.

Denn Richter Axel Hellriegel vertrat am Ende des Strafproze­sses die Ansicht: „Das gehört eigentlich vor ein Zivilgeric­ht, nicht hierher.“Er stellte das Strafverfa­hren ein und sagte zum Angeklagte­n: „Ich finde, dass Sie eine Kriminalst­rafe nicht verdient haben.“Hellriegel betonte allerdings auch: „Sie dürfen nicht einfach das Türschloss austausche­n.“Es sei unklar, ob der Angeklagte etwas beschädigt habe. Wenn das der Fall sei, müsse er aber dafür bezahlen. Der Richter sagte in Richtung des Mieters und seines Vermieters: „Das müssen Sie vor dem Zivilgeric­ht klären.“Hellriegel mahnte den Angeklagte­n: „Es muss Ihnen klar sein, wenn häufiger etwas vorkommt – auch, wenn es Kleinigkei­ten sind – gibt es auch mal eine Strafe.“

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