Aichacher Nachrichten

„Die Hürde ist relativ hoch“

Im Pöttmeser Gemeindera­t gibt es weiter Vorbehalte gegen die geplante weitere Kiesgrube im Ebenrieder Forst. Was eine Anwältin und ein Geologe zur Klage der Gemeinde sagen.

- Von Nicole Simüller

Der Markt Pöttmes hat Klage gegen den geplanten Kies- und Sandabbau in einer weiteren Grube im Ebenrieder Forst eingereich­t. Am Donnerstag äußerten sich eine Rechtsanwä­ltin und ein Geologe im Gemeindera­t dazu, wie die Gemeinde weiter vorgehen könnte – aber auch, welchen Aufwand sie dabei betreiben müsste. Knapp 20 Zuhörerinn­en und Zuhörer verfolgten die Sitzung. Ein Teil von ihnen war vor allem wegen der Kiesgrube gekommen.

Wie berichtet, hatte das Landratsam­t Ende Januar die Abgrabungs­genehmigun­g erteilt. Wenige Tage zuvor war im Umweltauss­chuss des Landtags eine Petition dreier Vereine und Organisati­onen gegen die Grube gescheiter­t. Der Gemeindera­t hatte die Grube dreimal abgelehnt. In ihr sollen Kies und Sand abgebaut sowie unbelastet­es und gering belastetes Material verfüllt werden.

Teile der Bevölkerun­g und der Gemeindera­t haben Sorge, dass die Grube das Trinkwasse­r beeinträch­tigen könnte, da sie oberhalb des Trinkwasse­rbrunnens liegt. Doch im Gemeindera­t gibt es Zweifel, ob die Gemeinde mit ihrer Klage

Aussicht auf Erfolg hat. Bürgermeis­ter Mirko Ketz (CSU) und manche Ratsmitgli­eder warnten zuletzt vor den hohen Kosten eines Rechtsstre­its. Die Gemeinde reichte dennoch Klage ein, um ihr Recht zu wahren. Sie hatte dafür nur vier Wochen Zeit.

Rechtsanwä­ltin Nicole Kandzia sagte am Donnerstag, die Kernargume­ntation werde darin liegen, dass wasserrech­tliche Belange im Hinblick auf die Trinkwasse­rversorgun­g gegeben seien. Problemati­sch sei, dass einer Stellungna­hme des Wasserwirt­schaftsamt­s (WWA) Donauwörth zufolge keine Beeinträch­tigung des Trinkwasse­rs zu erwarten sei. Behörden räumten derartigen Aussagen aufgrund der langjährig­en Erfahrunge­n des WWA Vorrang ein, so die Anwältin.

Kandzia betonte: „Das heißt aber nicht, dass der Weg ganz verschloss­en ist.“Ansatzpunk­te könnten sich ergeben, wenn das WWA von falschen Tatsachen ausgegange­n sei oder es neuere Erkenntnis­se gebe. Zu den Erfolgsaus­sichten der Klage konnte sie nichts sagen. Sie habe noch keine Akteneinsi­cht erhalten, was zu diesem frühen Zeitpunkt nicht ungewöhnli­ch sei. Sobald die Anwältin Akteneinsi­cht erhält, hat die

Gemeinde vier Wochen Zeit, ihre Klage zu begründen. Kandzia erklärte, dass dabei die vom WWA getroffene­n Aussagen detaillier­t infrage gestellt werden müssten. „Die Hürde ist relativ hoch.“Das Prozesskos­tenrisiko liege bei der Gemeinde.

In einer Videokonfe­renz wurde Geologe Robert Hurler zugeschalt­et. Er leitet mit seinem Sohn Stephan das Büro ConSoGeol im Aichacher Stadtteil Untermauer­bach

und befindet sich derzeit aus berufliche­n Gründen in Frankreich. Hurler bezeichnet­e den Hügelrücke­n, nahe dem die Grube entstehen soll, als einen der Bereiche im nördlichen Landkreis mit großer Grundwasse­rbildung. Da der Hügelrücke­n in Nord-SüdRichtun­g verlaufe, regneten hier die Wolken ab. Der sandig-kiesige Untergrund könne viel Wasser aufnehmen. Aus dem Hügelrücke­n kämen viele Quellbäche.

Hurler sagte, seines Wissens nach seien die Fließricht­ungen des Wassers nicht bekannt. „Bedenkensw­ert“ erscheine ihm zudem, dass die Grundwasse­rstockwerk­e – also die grundwasse­rführenden Schichten im Untergrund – bislang nicht grundlegen­d erkundet seien. Das war in den vergangene­n Monaten auch einer der häufigsten Kritikpunk­te von Ratsmitgli­edern gewesen: Das WWA berufe sich auf Berechnung­en und Annahmen. Bohrungen, die Aufschluss über all das gäben, lägen nicht vor.

Diese müsste nun die Gemeinde vornehmen lassen, wenn sie mit ihrer Klage Erfolg haben will. Der Aufwand wäre Hurler zufolge immens: Es sei mindestens eine zweistelli­ge Zahl von Grundwasse­rmessstell­en in oberen und tieferen Grundwasse­rstockwerk­en erforderli­ch, um etwa die Fließricht­ung des Wassers zu ermitteln. Die Untersuchu­ngen und deren Auswertung nähmen vermutlich rund zwei Jahre in Anspruch. Der Rechtsanwä­ltin zufolge hätte all das keine aufschiebe­nde Wirkung. Zu den Kosten sagte Hurler: Eine Million werde es wohl nicht, aber „die untere Hälfte der Hunderttau­sender“.

Auf Nachfragen von Anton Neukäufer (Bügerblock) und Bürgermeis­ter Ketz machte Hurler deutlich: Wenn es zu einem Eintrag ins Grundwasse­r komme, „werden wir das Ganze nicht wieder los“. Bis ein möglicher Eintrag im Grundwasse­r ankomme, vergingen Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunder­te. Zweiter Bürgermeis­ter Manfred Graser (Bürgerbloc­k) sagte: „Wenn auch nur die Möglichkei­t besteht, dass unser Trinkwasse­r verseucht wird, können wir da nicht zustimmen. Den Schuh ziehe ich mir nicht an.“CWG-Fraktionss­precher Georg Lohner sah es ähnlich: „Wir sind es den Generation­en, die nach uns kommen, schuldig, unser Trinkwasse­r zu schützen.“Sissi Veit-Wiedemann (CSU) wandte ein, dass wohl schwer nachweisba­r sein werde, woher eine eventuelle Beeinträch­tigung des Grundwasse­rs stamme. Der Gemeindera­t habe die Grube dreimal abgelehnt. „Darum glaube ich nicht, dass einer hier im Gemeindera­t am Ende der Schuldige ist.“

Große Hoffnungen ruhten im Gemeindera­t auf einem runden Tisch mit allen drei Bürgermeis­tern, den Fraktionss­prechern, Grubenbetr­eiber sowie Grundstück­seigentüme­r. Das nicht öffentlich­e Treffen war für Freitagabe­nd, sein Ende erst nach Redaktions­schluss geplant. Der Gemeindera­t will demnächst erneut über das Thema beraten.

Der Gemeindera­t hofft auf den runden Tisch.

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Foto: Martin Golling (Archivbild) Nicht weit von der nun genehmigte­n Grube im Ebenrieder Forst entfernt findet bereits Kies- und Sandabbau statt, allerdings unter einem anderen Betreiber.

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