Es gab ein Leben vor der Bayern-Serie
Die Welt war eine andere, als der FC Bayern zuletzt nicht den nationalen Fußballtitel holte.
Jeder muss sich im Leben ein Mal entscheiden. Beim Füller lautete die Glaubensfrage: Geha oder Pelikan. Adidas oder Puma bei den Turnschuhen. Und es hörte mit der Wahl des Brotaufstrichs – Nutella oder Nusspli – nicht auf. Die deutsche Fußball-Welt teilt sich seit Menschengedenken in zwei Lager: Bayern-Fans und Bayern-Hasser. Erstere sind vorwiegend (aber nicht nur) südlich des WeißwurstÄquators zu Hause. Der Rest drückt einem anderen Klub die Daumen und wünscht den Großkopferten
aus München Pest, Cholera und Kreuzbandrisse an den Hals. Elf Jahre in Folge holte der FCB den Titel. In dieser Saison ist die deutsche Fußball-Welt aus den Fugen geraten. Weil: Im Vergleich mit den Bayern-Auftritten in der Liga gilt ein Hühnerhaufen als geschlossene Formation.
Nicht die Bayern, sondern Bayer schnappt sich die Meisterschale. Das steht seit Sonntagabend endgültig fest. Aus absurd scheinender Fiktion ist damit Wahrheit geworden, denn bis dahin galt: Deutschland ohne den FC Bayern als Meister ist un-denkbar. Zuletzt gingen die Münchner im Jahr 2012 leer aus. Damals feierte Borussia Dortmund. Leverkusen belegte den fünften Rang.
Das und vieles mehr war anders, als der FC Bayern zuletzt nicht Meister wurde: 2012 kam der bayerische Ministerpräsident aus Ingolstadt und hieß Horst Seehofer. Christian Wulff trat als Bundespräsident zurück, Joachim Gauck wurde sein Nachfolger. Benedikt XVI. war noch Papst, Markus Lanz übernahm „Wetten, dass…?“und die Deutschen mussten bei einem Arztbesuch Praxisgebühr bezahlen. Ach, vielleicht gar nicht so schlecht, dass die Zeit wie im Flug vergeht.