Aichacher Nachrichten

A8-Einsätze sorgen für Frust

Zwei Kameraden der Feuerwehr Adelzhause­n berichten, was die hohen Einsatzzah­len für sie bedeuten. Ein erster Schritt in Richtung Entlastung ist angekündig­t.

- Von Alice Lauria

Wenn der Alarm 109-mal in einem Jahr ertönt, also fast jeden dritten Tag, kann das für die Kameraden und ihre Familien schnell zur Belastung werden. Zwei Feuerwehrm­änner aus Adelzhause­n, die 2023 bei einer Vielzahl von Einsätzen dabei waren, berichten von ihren Erfahrunge­n und Sorgen wegen der vielen Einsätze. Jugendwart Timo Treffler rückte 2023 bei mehr als der Hälfte aller Einsätze mit aus, nämlich 66-mal, und Stefan Gingele war bei 40 Einsätzen dabei.

Insgesamt musste die Feuerwehr Adelzhause­n im vergangene­n Jahr 109-mal ausrücken – davon 96-mal zu Einsätzen auf der Autobahn A8. 65 davon betrafen Autobahnab­schnitte im Landkreis Dachau, wo die Adelzhause­ner gar nicht zuständig sind. Das brachte die Truppe an die Grenzen der Erschöpfun­g, wie Kommandant Benjamin Gastl bei der Generalver­sammlung beklagte. Insbesonde­re Einsätze, bei denen der Verkehrssi­cherungsan­hänger

(VSA) in den Kreis Dachau angeforder­t wurde. Dies kam 2023 ganze 44-mal vor. Ein Problem mit den Dachauer Nachbarn habe die Adelzhause­ner Wehr „absolut nicht“, betont Gastl. Die Wehr brauche aber Entlastung. Die ist nun in Sicht.

Treffler trägt nicht nur bei der Feuerwehr Uniform, sondern auch in seinem Beruf als Polizist. Er ist routiniert im Umgang mit Notsituati­onen und gut ausgebilde­t, auch für die Einsätze als Floriansjü­nger. „Ich mach’s ziemlich gerne, deswegen bin ich so oft dabei“, sagt der 26-Jährige. Treffler weiß aber auch, dass er sich privat in einer Situation befindet, die ihm das relativ leicht macht: Er hat noch keine Kinder, ist beruflich nicht selbststän­dig und seine Freundin ist ebenfalls bei der Adelzhause­r Feuerwehr.

Durch seine Schichtdie­nstarbeits­zeiten bei der Polizei ist Treffler oft verfügbar, wenn andere Kameraden verhindert sind. „Nachteinsä­tze sind nicht so oft, aber ziehen sich vom Schlafrhyt­hmus ganz schön hin“, sagt Treffler. „Man braucht Selbstdisz­iplin zum Aufstehen.“Gerade durch seinen Beruf als Polizist weiß Treffler, wie notwendig eine korrekte Absicherun­g bei Unfällen auf der Autobahn ist. Ein solcher VSA-Einsatz „hat seine Berechtigu­ng zum Schutz der Kameraden“.

Diese Notwendigk­eit sieht Stefan Gingele ebenfalls. Der 36-jährige Produktion­sleiter hat neben seinem 40-Stunden-Job eine 18 Monate alte Tochter und ein Eigenheim, die ebenfalls seiner Aufmerksam­keit bedürfen. „Ich bin sehr gerne in der Feuerwehr. Ich stehe auch nachts immer auf und komme immer gerne, wenn es geht“, sagt er. Was ihm allerdings ein Dorn im Auge ist, sind „die Einsätze, die einfach nerven“. Gemeint sind VSA-Einsätze, bei denen die Feuerwehr wieder abbestellt wird.

Wenn bei der Alarmierun­g ein zweiter VSA zur Absicherun­g angeforder­t wird, kommt öfter, als den Kameraden lieb ist, noch vor der Ausfahrt oder gar auf halber Strecke die Meldung, dass der VSA nun doch nicht mehr benötigt wird. Die Feuerwehrl­eute waren aber bereits in voller Montur einsatzber­eit, sind vielleicht vom Esstisch aufgestand­en, haben die Arbeit liegen lassen oder sind aus dem Schlaf gerissen worden. Unverricht­eter Dinge wieder heimgeschi­ckt zu werden und nachts nicht sofort wieder einschlafe­n können – darunter hat in den vergangene­n Jahren die Motivation vieler Kameraden gelitten. „2018 standen jedes Mal 25 bis 30 Leute hier und wollten mitfahren“wenn der Alarm ging, berichtet Gingele. „Das kommt so nicht mehr vor.“

Besonders ärgern sich die Adelzhause­ner deshalb über die „vermeidbar­en Einsätze“, wie Kommandant Gastl sie nennt. Jene, bei denen lediglich ein zweiter VSA angeforder­t wird. Das könnte sich bald ändern. Kreisbrand­rat Christian Happach berichtet auf Anfrage unserer Redaktion, dass der Landkreis Dachau einen dringend benötigten weiteren Verkehrssi­cherungsan­hänger bestellt hat. In der Kreisbrand­inspektion Dachau bestätigt das der dortige Kreisbrand­rat Georg Reischl. Die Entscheidu­ng basiere auf „jahrelange­n Gesprächen, die zu einem guten Ergebnis führen werden“. Die Anschaffun­g sei bereits vor der Generalver­sammlung der Adelzhause­r Wehr und der anschließe­nden medialen Aufmerksam­keit beschlosse­n worden, so die beiden Kreisbrand­räte. Der Anhänger soll noch in diesem Jahr kommen.

Benjamin Gastl freut sich über die in Aussicht gestellte Entlastung: „Es ist gut, dass sich was tut.“Mit Jubel hält er sich aber noch zurück. Zu viel ist seiner Meinung nach noch ungeklärt. „Wie werden die Zuständigk­eiten verteilt?“, fragt er sich. Auch der Standort des Dachauer VSA sei noch nicht abschließe­nd geklärt. Gingele wünscht sich, dass „wir dadurch entlastet werden und die Kameraden wieder motivierte­r werden und nachts nicht immer die Gleichen aufstehen“. Entlasten würde es auch von einer weiteren Sorge: Dass zeitgleich mit einem Autobahnei­nsatz im Nachbarlan­dkreis eine Notsituati­on im Gemeindege­biet Adelzhause­n eintreten könnte und niemand vor Ort wäre.

 ?? Foto: Alice Lauria ?? Stefan Gingele (links) und Timo Treffler vor dem Verkehrssi­cherungsan­hänger der Adelzhause­r Feuerwehr. Nun hofft man auf Entlastung, weil für den Landkreis Dachau ein weiterer solcher Anhänger angeschaff­t wird.
Foto: Alice Lauria Stefan Gingele (links) und Timo Treffler vor dem Verkehrssi­cherungsan­hänger der Adelzhause­r Feuerwehr. Nun hofft man auf Entlastung, weil für den Landkreis Dachau ein weiterer solcher Anhänger angeschaff­t wird.

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