Kampf um die Tagesklinik für Aichach
Die Bezirkskliniken Schwaben verkünden Mitte März überraschend das Aus für die geplante Psychiatrische Einrichtung. Der Landkreis Aichach-Friedberg nimmt diese Entscheidung aber nicht einfach so hin.
Der Landkreis AichachFriedberg nimmt das Aus für die geplante Psychiatrische Tagesklinik in Aichach nicht hin. Die Bezirkskliniken Schwaben hatten die Pläne für die Aufstockung des neuen Krankenhauses zu diesem Zweck Mitte März überraschend gestoppt. Darauf reagierten Betroffene, Sozialverbände und die lokale Politik mit Entsetzen und mit Protest. Seither zeigt sich: Das Wittelsbacher Land kämpft um die Tagesklinik. Mit einem Vorschlag von Landrat Klaus Metzger verbinden sich nun neue Hoffnungen.
Der Verein Kennen und Verstehen, der seit vielen Jahren um die Psychiatrische Tagesklinik kämpft, spricht von einem „Schock“, den die Entscheidung der Bezirkskliniken ausgelöst habe. Er protestiert in einer Mitteilung „gegen den unerklärlichen Stopp“. Die von den Bezirkskliniken angeführten Gründe nennt er nicht überzeugend. Diese hatten mit neuen politischen und finanziellen Rahmenbedingungen argumentiert. So seien die geschätzten
Kosten für die Einrichtung der 24 Plätze von rund 4,3 auf 6,6 Millionen Euro gestiegen. Als Alternative bieten die Bezirkskliniken die Schaffung von Tagesklinikplätzen in Augsburg an. Doch aus Sicht des Vereins, „widerspricht eine solche Zentralisierung diametral dem Stand der fachlichen Diskussion“.
Ingrid Haidle, Vorsitzende von Kennen und Verstehen, steht nicht allein mit dieser Position. Auch die Caritas Aichach-Friedberg gibt sich nicht zufrieden mit der Augsburger Entscheidung. In einem offenen Brief schreiben die Vorsitzende des Caritasrates, Aindlings Bürgermeisterin Gertrud Hitzler, und Geschäftsführer Robert Winzer an Bezirkstagspräsident Martin Sailer, den Aufsichtsrat der Bezirkskliniken und den Bezirkstag: Die 2020 in Aichach eingerichtete Psychiatrische Institutsambulanz (PIA) komme den Anfragen nicht mehr hinterher. Der erste bayerische Psychiatriebericht von 2021 habe sich eindeutig für eine gemeindenahe Versorgung Betroffener ausgesprochen mit dem Grundsatz „ambulant vor stationär“. Hitzler und Winzer bitten die Verantwortlichen, „darauf hinzuwirken, dass die Tagesklinik für psychisch kranke Menschen in Aichach doch noch realisiert wird – gegebenenfalls unter Prüfung eines alternativen Standortes“.
Einen solchen kann sich Landrat Klaus Metzger (CSU) gut vorstellen. In einen Brief an Bezirkstagspräsident Sailer hat er laut Pressesprecher Wolfgang Müller darauf hingewiesen, dass „dringender Bedarf“an einer Tagesklinik in Aichach bestehe. Mit Hinblick auf das Argument Finanzen schlägt Metzger nun als Alternative zur geplanten Baumaßnahme das alte Aichacher Krankenhaus vor. Das frühere Bettenhaus beherbergt heute medizinische Einrichtungen, darunter Geburtshaus, HNO-Praxis, Schlaflabor, die Bereitschaftspraxis der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) und die 2020 eröffnete Psychiatrische Institutsambulanz (PIA). Laut Müller ist die Kapazität für eine Tagesklinik dort vorhanden. Seinen Vorschlag hat der Landrat auch an das Bayerische
Gesundheitsministerium weitergeleitet.
Landrat Metzger möchte mit den Verantwortlichen des Bezirks ins Gespräch kommen. Das wollen auch Ingrid Haidle und CSULandtagsabgeordneter Peter Tomaschko. In einer gemeinsamen Presseerklärung schlagen sie einen runden Tisch vor, um Lösungsansätze und Alternativen zu besprechen. Die hohen Kosten dürften kein Totschlagargument sein, sagen sie. Auch Tomaschko kann sich die kostengünstigere Alternative im alten Krankenhaus vorstellen. Er und Haidle betonen: „Wir kämpfen weiter.“Die Menschen im Landkreis hätten „ein Recht auf eine wohnortnahe und qualitativ hochwertige psychiatrische Versorgung“.
Darauf pochen Tomaschko und CSU-Bundestagsabgeordneter Hansjörg Durz auch in einem Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Sie fordern vom Minister die nötigen Rahmenbedingungen und appellieren an ihn, „die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Versorgung der Menschen auch auf dem Land dauerhaft sicherzustellen“.
Kämpfen für die Tagesklinik wollen auch die Grünen im Landkreis. Die Bezirkskliniken hatten auch Lauterbachs Krankenhausreform als Argument gegen die Aufstockung in Aichach angeführt. Die Grünen sehen darin „ein weiteres Zeichen dafür, wie schwer man sich mit der Begründung für die Beendigung der Maßnahme tut“. Aus ihren Reihen gab es von Anfang an Unterstützung für den Verein Kennen und Verstehen. Die Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Marion Brülls, und die ehemalige Kreisrätin Claudia Eser-Schuberth sind Gründungsmitglieder. Die Kreistagsfraktion zeigt sich in einer Mitteilung „erschüttert“vom Stopp der Maßnahme, nennt diesen „kaltblütig“und findet, der Verwaltungsrat ziehe sich „rücksichtslos aus der Verantwortung“. Stellvertretende Landrätin Katrin Müllegger-Steiger kritisiert, der Bezirk sei nicht in der Lage gewesen, eine „wasserfeste Finanzplanung“zu erstellen. Die Kreistagsfraktion will nun wissen, wie viel Geld der Landkreis schon in die geplante Aufstockung gesteckt hat und was eine Nutzungsänderung und Umbaumaßnahmen im Alten Krankenhaus kosten würden.