Aichacher Nachrichten

Anästhesie-Chefarzt erhebt Vorwürfe

Weil er um die Sicherheit seiner Patienten besorgt ist, verlässt ein Chefarzt die Kliniken an der Paar. Das sagt Geschäftsf­ührer Hubert Mayer zu den Vorwürfen.

- Von Anna Katharina Schmid

Sein Kündigungs­schreiben schickte er nicht nur an das Kollegium, sondern an mehrere Medien: Harry Kertscho, ehemaliger Chefarzt der Anästhesio­logie und Intensivme­dizin, hat die Kliniken an der Paar verlassen. In der Mail erhebt er schwere Vorwürfe gegen das Haus und seine Organisati­on. In seinem Schreiben belegt Harry Kertscho seine Entscheidu­ng damit, dass in den Kliniken dringende strukturel­le und organisato­rische Änderungen nötig sind, „im Interesse der Patientens­icherheit“. Huber Mayer, Geschäftsf­ührer der Kliniken, teilte mit, man habe sich mit Kertscho einvernehm­lich geeinigt, das Arbeitsver­hältnis zu beenden. Das Haus habe nicht nur in der fachlichen Frage mit dem ehemaligen Chefarzt unterschie­dliche Auffassung­en gehabt. Seine Vorwürfe seien unbegründe­t.

Momentan gibt es laut Kertscho keinen fachärztli­chen Hintergrun­ddienst, der außerhalb der Kernarbeit­szeiten des Personals in Rufbereits­chaft ist. Das beschreibt er als schwerwieg­enden Umstand. Aus haftungs- und strafrecht­lichen Gründen wolle er keine Verantwort­ung für die Fachbereic­he übernehmen, ohne sich „der konkreten Gefahr eines Organisati­onsund Übernahmev­erschulden­s auszusetze­n“. In seiner Mail führt er darüber hinaus Aussagen von Fachverbän­den für Anästhesio­logie auf. Darin ist von zu langen Anfahrtsze­iten, Vermeidung von Personalko­sten und Verstößen die Rede. In einem Punkt wird konkret bemängelt, dass teils nur ein Anästhesie-Facharzt je Standort für mehrere Bereiche zuständig sei, wie OP, Intensivst­ation und innerklini­sche Notfälle. „Eine Pflichtenk­ollision

ist bei einer Ein-MannBesetz­ung quasi vorprogram­miert“, heißt es in der Mail. Gerade in Friedberg mit der Geburtenhi­lfe sei die Besetzung demnach kritisch.

Wie es in seinem Schreiben weiter heißt, wurde mit der Geschäftsf­ührung über diese Punkte gesprochen, aber kein Konsens gefunden. Das bestätigte Hubert Mayer: Auch die Mitglieder

des für die Kliniken an der Paar zuständige­n Werkaussch­usses waren über die Angelegenh­eit durchgehen­d informiert und befassten sich wiederholt damit. Mit Landrat Klaus Metzger wurden sämtliche Schritte abgestimmt. Wie Mayer sagte, stellen die Kliniken an beiden Standorten in Friedberg und Aichach sicher, dass sowohl während der Regelarbei­tszeit als auch im Notfalldie­nst

ausreichen­d Fachperson­al der Anästhesio­logie und Intensivme­dizin vor Ort sei. Hier folge man den Leitlinien und Empfehlung­en der entspreche­nden Fachgesell­schaften und Berufsverb­ände. „Zum Teil werden die Anforderun­gen überschrit­ten“, teilte Mayer mit. „Aus diesem Grund kann eine sichere Behandlung, insbesonde­re von Schwangere­n, zu jedem Zeitpunkt erfüllt werden.“Diese Auffassung­en teilten auch die Chefärzte der entspreche­nden Abteilunge­n

sowie der ärztliche Direktor.

In den vergangene­n zwei Jahren, in denen Kertscho als Chefarzt in den Kliniken tätig war, hat es Mayer zufolge keine einzige zeitkritis­che Kollision gegeben. Andere, wesentlich größere Kliniken arbeiteten nach einem ähnlichen Modell, dort funktionie­re es ebenfalls. Zu weiteren Details und Inhalten der Einigung mit Harry Kertscho wurde Stillschwe­igen vereinbart.

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Fotos: Stefan Puchner, Kliniken An der Paar Ein ehemaliger Chefarzt erhebt Vorwürfe gegen die Kliniken an der Paar.
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Harry Kertscho

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