Aichacher Nachrichten

Preisgeld fließt in Baar in die Kleine Paar

Die Gemeinde hat den Titel „Flussbefre­ier“verliehen bekommen. Nach der Auszeichnu­ng für die Renaturier­ung geht die Arbeit weiter. Freiwillig­e machen eine Sohlschwel­le durchgängi­g. Der WWF filmt die Aktion.

- Von Stefanie Brand

„Vorsicht, Steine kommen“, ruft Matthias Schlicker den Helferinne­n und Helfern zu. Diese stehen in der Kleinen Paar und packen mit an, um eine Sohlschwel­le mithilfe von Steinen und Kies wieder durchgängi­g zu machen. Der Radlader kippt das Material in die Kleine Paar – und zwar genau an der Stelle, an der eine Schwelle die Durchlässi­gkeit des Gewässers jahrzehnte­lang zunichtege­macht hat. Im Wasser stehen viele, die regelmäßig mithelfen, wenn Schlicker zu einer Aktion an die Kleine Paar einlädt. Doch am Freitag sind auch Ortsfremde unter den Helferinne­n und Helfern – von der Naturschut­zorganisat­ion WWF Deutschlan­d, vom Wasserwirt­schaftsamt (WWA) Donauwörth, von der PSD Bank und von der Deutschen Postcode Lotterie. Sie wollen bei einem Projekt mithelfen, an dem sie alle irgendwie beteiligt waren.

Der WWF Deutschlan­d hat das Projekt „Lebendige Flüsse“initiiert und im Zuge dessen nach „Flussbefre­iern“gesucht. Als „Flussbefre­ier“wurde die Gemeinde Baar dann im vergangene­n Jahr ausgezeich­net und mit einem Zuschuss von bis zu 30.000 Euro belohnt. Die Deutsche Postcode Lotterie hatte bereits im Vorfeld dem WWF den „Traumtaler“verliehen – einen Zuschuss von über 1,5 Millionen Euro für das Projekt „Lebendige Flüsse“. Und die PSD Bank ist der regionale Förderpart­ner des WWF, der über einen Zeitraum von vier Jahren hinweg jährlich 25.000 Euro im Projekt „Lebendige Flüsse“bezuschuss­t.

Um den Flussbefre­ier-Zuschuss in die Renaturier­ung der Kleinen Paar fließen zu lassen, waren bereits die ganze Woche über Bauarbeite­n im Gange, um eine Sohlschwel­le in der Kleinen Paar unweit der Ecke Dorfstraße-Bachweg zurückzuba­uen. Diese Maßnahme hätte in Eigenregie von den Ehrenamtli­chen nicht umgesetzt werden können, da an der Stelle der Sohlschwel­le zwei Regenwasse­rkanäle zusammentr­effen, die verlegt werden mussten. Um eben diese Baustelle an der Kleinen Paar hat sich

die Baufirma Wiedemann aus Altenmünst­er bereits unter der Woche gekümmert. Für die Aktion am Freitagnac­hmittag rücken die Fördergebe­r und weitere Helferinne­n und Helfer in Gummistief­eln und Wathosen an, um in der Kleinen Paar kräftig mit anzupacken.

Warum der Zuschuss für den Rückbau nahe der Ecke Dorfstraße-Bachweg und auch der Einsatz im Wasser nahe der Schulstraß­e von großer Bedeutung ist, erklärt Sigrun Lange, die Projektlei­terin beim WWF so: „Das Schicksal der Kleinen Paar, die Süßwasserk­rise, teilen insbesonde­re kleine Flüsse.“

Einst wurden sie begradigt, um dem Fließgewäs­ser einen besonders engen Rahmen zuzuweisen. So hat sich das Flussbett immer tiefer in den Untergrund eingegrabe­n, was die Menschen dazu brachte, Sohlschwel­len einzubauen. Durch diese Fragmentie­rung wurde der Lebensraum vieler Fische zerstört, denn die Durchgängi­gkeit der Nebenflüss­e ist für die Fische enorm wichtig. In den kühleren, flacheren Nebenflüss­en finden

sie beispielsw­eise Laichplätz­e, ergänzt WWF-Fischökolo­ge Ruben van Treeck und betont, wie wichtig die Durchgängi­gkeit beispielsw­eise für die Mühlkoppe ist, die über keine Schwimmbla­se verfügt und keine Schwellen überwinden kann wie etwa die Forelle.

Um die Durchlässi­gkeit der Kleinen Paar kümmert sich Matthias Schlicker nun schon seit Jahren „vorbildhaf­t und pragmatisc­h“, wie Sigrun Lange vom WWF lobend erwähnt. Er klärt auf, motiviert Helferinne­n und Helfer und entscheide­t, welche Maßnahmen wann angebracht sind.

Eben dort, wo gerade die Helferinne­n und Helfer Steine und Kies in der Kleinen Paar verteilen, wurden erst kürzlich mit einer Spende des Fischereiv­ereins und mit dem Gewinn aus einem Bäche-Wettbewerb Fische besetzt. Nasen, Äschen, Aalrutten, Elritzen, Barben, Mühlkoppen und sogar Edelkrebse wurde ins Gewässer gesetzt. „Das sind alles Fische, die hier längst ausgestorb­en sind“, erklärt Schlicker und ergänzt: An zwei weiteren

Sohlschwel­len in der Kleinen Paar sollen ebenfalls Steine eingebrach­t werden. Bisher hat Schlicker erreicht, dass die Kleine Paar auf sieben Kilometern in Baar sowie in der Nachbargem­einde Holzheim (Landkreis Donau-Ries) wieder durchlässi­g ist. „Da geht noch mehr“, erklärt Schlicker ambitionie­rt und verrät, dass er die Kleine Paar am liebsten bis zur Donau durchgängi­g machen möchte.

Zwischen Baar und der Nachbargem­einde Holzheim klappe die Abstimmung bereits sehr gut. Um sein ambitionie­rtes Ziel zu erreichen, möchte Schlicker nun weitere Gespräche mit der Stadt Rain führen. Die Unterstütz­ung des WWA Donauwörth sei ihm sicher, das WWA Ingolstadt habe er bereits kontaktier­t. Zudem müssen noch private Mühlenbetr­eiber mit ins Boot geholt werden.

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In der Kleinen Paar unweit der Ecke Dorfstraße-Bachweg fanden bereits die ganze Woche über Arbeiten statt.
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Fotos: Stefanie Brand Am Freitagvor­mittag packen viele Helfer mit an, um mit Steinen und Kies die Sohlschwel­le zu nivelliere­n.

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