Gymnasium inspiriert junge Forscher
Zum dritten Mal nehmen Aichacher Schülerinnen und Schüler an den Wettbewerben „Jugend forscht“und „Schüler experimentieren“teil. Das hat mit einer ganz bestimmten Person zu tun.
Landkreis Aichach-Friedberg Wussten Sie, dass es Vogelstimmenerkennungs-Apps gibt? Die zwölfjährige Clara Kunze aus Aindling kennt nicht nur eine, sondern gleich mehrere solcher Anwendungen fürs Smartphone. Für die Teilnahme an dem Wettbewerb „Schüler experimentieren“im Frühjahr hat die Schülerin sie miteinander verglichen. Für Clara Kunze war die Teilnahme im Frühjahr bereits die Zweite in Folge, bereits 2023 forschte sie mit. Sie war aber nicht die einzige Schülerin des Aichacher Deutschherren-Gymnasiums (DHG), die teilgenommen hat. Alle jungen Forscher am DHG besuchen das Wahlfach „Naturwissenschaftliche Wettbewerbe“. Bei „Schüler experimentieren“, dem Unterwettbewerb von „Jugend forscht“für alle bis 14 Jahre, wurden einige von ihnen dieses Jahr ausgezeichnet.
Inspiriert werden die jungen Aichacher Forscher und Forscherinnen von Lehrer Sebastian Fiedler. Lange Zeit hat sich die Schule nicht an diesen Wettbewerben beteiligt. „Ich fand das schade“, sagt Fiedler. Er ist an der Schule Koordinator für die MINT-Fächer. Diese Abkürzung steht für Mathematik, Informatik, Natur und Technik. Seit 2022 bietet der Fachschaftsleiter für Chemie das Wahlfach „Naturwissenschaftliche Wettbewerbe“
an. Im selben Jahr erhielt das DHG den Titel „MINT-freundliche Schule“. In dem Wahlfach erarbeiten die Schüler ihre Forschungsprojekte selbst, mit ein wenig kreativer Unterstützung vonseiten des engagierten Lehrers.
Claras Idee zum Vergleich der Vogelstimmen-Apps entstand durch ihren Vater, der beim Landesbund für Vogel- und Naturschutz aktiv ist. Für ihren Vergleich landete sie beim Regionalentscheid
in Augsburg im Fach Biologie auf dem zweiten Platz. Derzeit bereitet sie schon ihre Teilnahme im kommenden Jahr vor: Sie baut einen Feldversuch mit den Gewinner-Apps auf.
Die Versuche und Experimente führen die Jugendlichen zu Hause oder in der Schule durch. Zusätzlich zu den meist komplexen Versuchsanordnungen, welche die Kinder überwachen, betreuen, vermessen, dokumentieren und auswerten lernen, werde beim Regionalwettbewerb in Augsburg auch eine schriftliche Abhandlung erwartet, erzählt Fiedler. Hier müssen die Schüler und Schülerinnen akribisch den Versuch oder das Experiment beschreiben, Messreihen dokumentieren, erklären, welche
Schlüsse sich daraus ableiten lassen und auch etwaiges Scheitern eines Versuchs wissenschaftlich begründen. „Jede Arbeit muss eine Forschungsfrage haben“, sagt Fiedler. Sie steht am Anfang. Mit den Experimenten suchen die jungen Forscher die Antwort darauf.
Ob ein Schüler das nötige Engagement mitbringt, um den Versuch bis zum Ende durchzuführen, und die Ausdauer und Leidenschaft besitzt, auf ein Ergebnis hinzuarbeiten und alles sorgfältig zu dokumentieren, bis zur Fertigstellung der schriftlichen Arbeit, lässt sich laut Fiedler schon relativ früh erkennen. Nicht alle halten durch. Vier bis fünf Projekte jedes Jahr seien eine tolle Sache, so Fiedler.
Eines dieser Projekte stammt von Samuel Egger. Der Zwölfjährige aus Aichach hat sich mit der Frage befasst, wie sich verschiedenes Verpackungsmaterial im Boden auf das Wachstum von Pflanzen auswirkt. Dafür zerkleinerte er zum Beispiel Milchtüten und Joghurtbecher zum Leidwesen seiner Mutter im heimischen Thermomix. Die Kleinteile mischte er mit Anzuchterde und säte Radieschen, weil die schnell wachsen. Der Schüler legte drei verschiedene Versuchsreihen an, mit unterschiedlich hohem Kunststoffanteil. Dafür erhielt er beim Regionalentscheid in Augsburg einen Sonderpreis Biologie. Seitdem forscht er privat weiter.
Malte Maucher aus Dasing stellte sich beim Spaziergang mit seinem Hund die Frage, wie viele Feststoffe wohl in verschiedenen Gewässern gelöst seien. Um die Antwort zu finden, filtrierte der Fünftklässler Wasser aus der Paar, dem Rhein, der Donau und der Isar je zweimal, um den „groben Dreck“, wie er es nennt, zu entfernen. Daraufhin ließ er das verbleibende Wasser verdampfen. Die übrig gebliebenen Feststoffe wog er. Dabei kam heraus, dass der Rhein mit 0,13 Gramm Feststoffmasse am meisten Verschmutzung aufweist. Im kommenden Jahr möchte Malte erneut am Wettbewerb teilnehmen. Dafür wolle er etwas bauen, erzählt er.
Der Spielplatz in ihrem Wohnort Obergriesbach inspirierte Ella Meißner zu ihrem Versuch: Dort mussten morsch gewordene Spielgeräte aus Holz erneuert werden. „Wie lange dauert es, bis Holz morsch wird?“, fragte sie sich und beschloss, die Haltbarkeit von Fichtenholz zu untersuchen. Sie legte Holz in verschiedene wässrige Lösungen ein: in normales Trinkwasser, in geschmolzenen Schnee, in Kochsalzlösung und in verdünnten Zitronensaft, mit dem sie sauren Regen simulierte. Nach fünf Wochen wog sie die Holzstücke. Den größten Gewichtsverlust hatte das Holz in Zitronensaft. Für ihre Forschungsarbeit erhielt sie beim Regionalentscheid den dritten Platz im Fach Biologie.
Im kommenden Jahr möchte Ella Meißner erneut teilnehmen und aufbauend auf dem diesjährigen Versuch unterschiedliche Holzarten verwenden und diese in mehr Flüssigkeiten testen. Ihre Hoffnung für die Zukunft ist es, einen „Spielplatz für die Ewigkeit“, wie sie es nennt, durch ihre Forschung ein Stück näherzukommen.
Sebastian Fiedler ist stolz auf das gute Abschneiden seiner Schüler und hofft, mit zukünftigen Versuchen auch mal den bayerischen Landeswettbewerb zu erreichen. Von einer besonderen Auszeichnung für das Deutschherren-Gymnasium wurde Fiedler bei der Preisverleihung in Augsburg völlig überrascht. Das Aichacher Gymnasium erhielt den Schulpreis „Fast Forward“der Firma Xitaso.
Der mit 300 Euro dotierte Preis „gibt schon so einen kleinen Schub“freut sich Fiedler. „Es ist schön, dass es bei der Wettbewerbsleitung so wahrgenommen wird, dass das DHG MINT-Fächer ernst nimmt und auch die Platzierungen immer besser werden.“Der Preis ist für Fiedler eine Bestätigung, „weiter dranzubleiben.“
Clara Kunze baut ihr Experiment aus.
Idee beim Spaziergang mit dem Hund