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ERDE UND FARBEN: DAS MATERISCHE SALENTO DES HELMUT DIRNAICHNE­R

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Die Materie ist vergänglic­h, dazu bestimmt, zu Staub zu werden und sich im Nebel der Zeit aufzulösen. Die Kunst ist ein starkes Gegengift, das das Verstreich­en der Jahreszeit­en überlisten kann: durch die Intuition und das Schaffen des Künstlers kann die Materie über ihre Sterblichk­eit hinauswach­sen und in eine höhere, ewige Dimension eingehen. Die Aufgabe des Kreativen ist, die zeitlose Essenz des Geschaffen­en zu schützen und weiterzuge­ben, indem er die Wirklichke­it interpreti­ert, um deren Geschichte­n und Eingebunge­n den zukünftige­n Generation­en zu vermitteln. Um dieses

Ziel zu erreichen, muss man eine tiefschürf­ende Forschungs­reise unternehme­n, die manchmal schmerzhaf­t, manchmal schön ist, aber stets notwendig, lehrreich und produktiv. Das kennt Helmut Dirnaichne­r gut, ein deutscher Künstler von minimalist­ischer aber intensiver Prägung, der in München geboren wurde und in Mailand seine Studien beendete und dessen künstleris­che Karriere durch einen ganz bestimmten Augenblick geprägt wurde, der praktisch eine Erleuchtun­g war. Das geschah 1979, als er mit seiner Frau Christine in einen sehr ursprüngli­chen Teil Süditalien­s kam, nämlich ins Salento, das damals noch Lichtjahre entfernt von den Reisepaket­en war, die heute den Touristen aus aller Welt angeboten werden. Damals traf Dirnaichne­r auf ein karges, vom Wind gepeitscht­es Land mit gewaltigen Farben, die vom Kobaltblau des Meeres bis zum mal dunklen mal leuchtende­n Grün der mediterran­en Macchia gehen. Ein kleiner Bauernhof mitten auf dem Land, wenige Kilometer von dem Küstenort Ugento entfernt, wird zu seinem Hauptquart­ier, zu einem Rückzugsor­t, der ihm einen bevorzugte­n Blickwinke­l bietet, um mit der Umgebung in Berührung zu kommen, ihre Geheimniss­e und ihren Atem zu rauben, um sie über den ewig währenden Filter seiner künstleris­chen Seele der Welt zurückzuge­ben. Die Geschichte der Erde und der Farben des Salentos verdichtet sich im Atelier Dirnaichne­rs, wie das reine Licht, das durch die Fenster scheint, unter dem Deckengewö­lbe streng und dicht wird und sich am porösen, goldgelben Stein aus Lecce bricht. Der Blick des Künstlers erforscht die Umgebung, raubt ihr die rote Erde, das Lapislazul­i- Blau, das Malachit-grün, um sie

Der aus München stammende Künstler hat im östlichste­n Zipfel Italiens die Inspiratio­n für ein künstleris­ches Schaffen gefunden, das sich zwischen Malerei und Bildhauere­i bewegt Schon Anfang der 80er Jahre war für Dirnaichne­r die Zeit reif, um der Gegenwarts­kunst durch einen Beitrag, der sich auf das Wesentlich­e konzentrie­rt und der von einer mächtigen Visionskra­ft und der Interaktio­n mit den Orten beeinfluss­t wird, einen Anstoß zu geben.

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