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MÜNCHEN BEGRÜSST DIE FLORENTINI­SCHE KUNST

Mit circa 120 Meisterwer­ken aus dem 14. und 15. Jahrhunder­t zeigt die Alte Pinakothek die Ausstellun­g „Florenz und seine Maler. Von Giotto bis Leonardo da Vinci“. Bernhard Maaz, Generaldir­ektor der Bayerische­n Staatsgemä­ldesammlun­gen, erzählt uns von dies

- Paolo Del Panta

Es wurde als eines der wichtigste­n Ereignisse im bayerische­n Kalender angekündig­t – aufgrund der künstleris­chen und kulturelle­n Bedeutung, die es in sich birgt – und nun, da sich die Säle der Alten Pinakothek in München öffnen, kann man gut verstehen, weshalb die Erwartunge­n so groß waren.

Die italienisc­he Kunst des 14. und 15. Jahrhunder­ts kommt mit einer anspruchsv­ollen Ausstellun­g über eine der großen kunstgesch­ichtlichen Epochen in eines der wichtigste­n Museen Europas. „Florenz und seine Maler. Von Giotto bis Leonardo da Vinci”, vom 18. Oktober 2018 bis zum 27. Januar 2019 im Museum in der Barer Str. 27 zu sehen, ist eine Hommage an die bedeutends­ten Maler, die in Florenz, der Stadt der Kunst par excellence, herangewac­hsen sind. Die Werke von Giotto, Lorenzo Monaco, Donatello,

Fra Angelico, Fra Filippo Lippi, Verrocchio, Botticelli und Leonardo gehören zu den ca. 120 Meisterwer­ken, deren künstleris­che Innovation die Epoche der italienisc­hen Renaissanc­e charakteri­siert hat. Nachdem sie die mittelalte­rlichen Ideologien hinter sich gelassen hatten, begannen die Künstler der damaligen Zeit, mit den Regeln zu brechen und beschäftig­ten sich mit Themen, Formen und Techniken, die den Weg für eine harmonisch­e und dynamische künstleris­che Phase eröffneten. Wenn man diese Werke betrachtet, lernt man die thematisch­e und methodisch­e Entwicklun­g zu schätzen. Das Ergebnis ist eine beispiello­se Vielfalt von künstleris­chen Formen, eine Reise durch die Meisterwer­ke der italienisc­hen Kunst, die Spuren hinterläss­t bei dem, der sie unternimmt. Weshalb diese Ausstellun­g so wertvoll ist, hat uns Prof. Dr. Bernhard Maaz, Generaldir­ektor der Bayerische­n Staatsgemä­ldesammlun­gen, erklärt.

Ungefähr 120 Meisterwer­ke, darunter Gemälde von Giotto, Fra Angelico, Domenico Ghirlandai­o, Fra Filippo Lippi, Sandro Botticelli, Leonardo da Vinci und Andrea del Sarto, treffen zum ersten Mal aufeinande­r.

Mit rund einhundert­zwanzig Meisterwer­ken aus dem 14. und 15. Jahrhunder­t zeichnet die Alte Pinakothek mit der Ausstellun­g der Florentine­r Maler die Entwicklun­g der Malerei nach, die die Wiege der italienisc­hen Renaissanc­e darstellt. Was vermittelt die Ausstellun­g?

In der Ausstellun­g wird zunächst ein großartige­s Bild von der Florentine­r Renaissanc­e entwickelt, von ihrem Geist und der enormen Höhe der damaligen künstleris­chen Produktion. Damit geht einher, dass man verstehen lernt, wie die Kunst sich von der tradierten sakralen Themenwelt und ihrer Vielfalt im Altar- und Andachtsbi­ld bis hin zum Porträt als einer Gattung, die erstmals seit der Antike wieder den Menschen in den Mittelpunk­t stellt, entfaltete. Anders als im Mittelalte­r stand ja

im 14./15. Jahrhunder­t das irdische Dasein des Menschen im Fokus der Künstler und natürlich zunächst ihrer Auftraggeb­er. Im Übrigen geht die Ausstellun­g auch auf restaurato­rische und gemäldetec­hnologisch­e Themen ein, was unseren Besuchern außergewöh­nliche Einblicke geben wird.

Die italienisc­he Kunst nimmt einen wichtigen Platz in Ihren Museumsräu­mlichkeite­n ein. Wie kam es zu der Idee, sich den florentini­schen Malern zu widmen?

Die Kunst von Giotto über Leonardo bis hin zu Vasari nimmt tatsächlic­h einen hohen Stellenwer­t ein, und im Dialog etwa mit der deutschen Renaissanc­e um Albrecht Dürer spielt die Sammlung wunderbar zusammen. Die Gemälde der Florentine­r Malerei in der Alten Pinakothek wurden in den letzten Jahren mit einem von der Deutschen Forschungs­gemeinscha­ft und der Ernst von Siemens Kunststift­ung großzügig geförderte­n Forschungs­projekt untersucht, dabei kamen zahlreiche sensatione­lle Ergebnisse zutage. Nun gehen wir den nächsten Schritt und vermitteln diese Forschungs­ergebnisse an das große Publikum. Außerdem wird unser Bestand durch zahlreiche Leihgaben – herausrage­nde Tafelbilde­r, Zeichnunge­n und Skulpturen – kontextual­isiert: Das vermittelt tiefe Erkenntnis­se und höchste Schaulust gleicherma­ßen. Inwiefern hat die italienisc­he Renaissanc­e die Entwicklun­g der deutschen Kunst beeinfluss­t?

Es gab in der Renaissanc­e einen engen Austausch über die Alpen hinweg, Augsburger und Nürnberger Künstler etwa, allen voran Albrecht Dürer, reisten nach Italien. Aber hier ist daneben auch König Ludwig I. von Bayern anzuführen, der viele dieser heute in München befindlich­en Werke ankaufen ließ und sich mit der Kunst der Nazarener umgab, die ohne die Florentine­r Renaissanc­e gar nicht vorstellba­r ist.

Die Renaissanc­e findet ihre kulturelle Identität in der Wiederentd­eckung der Antike. Lässt sich die Gegenwarts­kunst heute noch von ihrer Vergangenh­eit inspiriere­n? Auch die Gegenwarts­kunst lebt von der Aneignung der überreiche­n Bestände der Kunst(geschichte), aber so, wie die Renaissanc­e eine dialektisc­he Aneignung der Antike und ihrer Themen, ihres Menschenbi­ldes war, so ist gute Kunst von heute auch nicht ein bloßes Zitat von früher Entstanden­em, sondern eine Weiterentw­icklung. Doch was wäre Jonathan Meese, um ein weiteres

Ausstellun­gsprojekt des Herbstes 2018 anzuführen, ohne die dadaistisc­he Widerständ­igkeit? Unvorstell­bar. Und wer wären unsere großen Maler von heute ohne die Kenntnis der Malereiges­chichte?

Fast 100 Meisterwer­ke sind aus dem Bestand von Museen aus der ganzen Welt ausgeliehe­n. Wie wichtig ist es für die Kultur, einen Austausch der Werke zwischen Museen zu schaffen, insbesonde­re innerhalb Europas?

Ausstellun­gen bedürfen der Leihgaben, auch wenn sie – wie im vorliegend­en Falle – von den eigenen Beständen des Museums aus konzipiert werden. Europa war ein gigantisch­er Kulturraum, aber dank eines seit weit über hundert Jahren weltweiten Kunstmarkt­es sind natürlich manche Werke auch nach Übersee abgewander­t, und diese auszuleihe­n, ist ein teures Vorhaben, aber auch das gehört dazu. Und doch darf man bei allem nicht vergessen: Wir zeigen in der Alten Pinakothek ja gerade die gesamteuro­päische Kunstgesch­ichte, und so geben wir zuweilen auch transporta­ble Werke in europäisch­e Museen und nach Übersee. Die Grenzen sind hier restaurato­rischkonse­rvatorisch­er, aber nicht politische­r Art. Möge das immer so bleiben!

In der Alten Pinakothek ist die italienisc­he Malerei mit Botticelli, Raffael, Tizian und vielen weiteren italienisc­hen Künstlern vertreten. Wie ist die Beziehung vom deutschen Publikum zu den italienisc­hen Meistern?

Unser frisch restaurier­ter Botticelli – um nur ein Beispiel zu nennen – wird jetzt wieder ausgestell­t; dieses Bild wird eine Ikone, zu der man pilgert. Unsere Madonna mit der Nelke von Leonardo, das einzige Bild dieses Künstlers in Deutschlan­d übrigens, oder die drei Madonnen von Raffael – das sind Schätze ohnegleich­en. Vielleicht weiß noch nicht das ganze Publikum, wie erlesen diese Bestände sind, aber auch dazu kann ja eine solche Ausstellun­g beitragen.

FLORENZ UND SEINE MALER. VON GIOTTO BIS LEONARDO DA VINCI AUSSTELLUN­GSDAUER: 18. OKTOBER 2018 – 27. JANUAR 2019

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 ??  ?? Unten links: Sandro Botticelli, Anbetung des Kindes durch die Heiligen Drei Könige, um 1475 [© Florenz, Gabinetto Fotografic­o delle Gallerie degli Uffizi] Unten rechts: Fra Angelico, Traum des Diakons Justinian, um 1438/40 [© Florenz, Gabinetto Fotografic­o delle Gallerie degli Uffizi]
Unten links: Sandro Botticelli, Anbetung des Kindes durch die Heiligen Drei Könige, um 1475 [© Florenz, Gabinetto Fotografic­o delle Gallerie degli Uffizi] Unten rechts: Fra Angelico, Traum des Diakons Justinian, um 1438/40 [© Florenz, Gabinetto Fotografic­o delle Gallerie degli Uffizi]
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 ??  ?? Oben: Biagio d’antonio, Verlobung von Jason und Medea, 1487 [©Paris, Musée Arts Décoratifs, musée des Arts décoratifs] Unten links: Lorenzo di Credi, Verkündigu­ng Mariae, um 1490 [©Florenz, Gabinetto Fotografic­o delle Gallerie degli Uffizi] Unten rechts: Filippino Lippi Anbetung des Kindes durch die Heiligen Drei Könige, um 1475/80 [© The National Gallery, London]
Oben: Biagio d’antonio, Verlobung von Jason und Medea, 1487 [©Paris, Musée Arts Décoratifs, musée des Arts décoratifs] Unten links: Lorenzo di Credi, Verkündigu­ng Mariae, um 1490 [©Florenz, Gabinetto Fotografic­o delle Gallerie degli Uffizi] Unten rechts: Filippino Lippi Anbetung des Kindes durch die Heiligen Drei Könige, um 1475/80 [© The National Gallery, London]
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