GERADEWEGS ZUM ZIEL
Vom Pass her halb Schotte halb Italiener, aber das Herz schlägt für die „Azzurri“. Tommaso Allan, Nummer 10 der italienischen Rugby-nationalmannschaft ist trotz seines Alters (25) einer der interessantesten Hoffnungsträger der internationalen Rugbyszene.
„Rugby ist ein Sport für wilde Tiere, der von Gentlemen gespielt wird, Fußball ist ein Sport für Gentlemen, der von wilden Tieren gespielt wird“. Das sind die knappen Worte des amerikanischen Exspielers und Journalisten Henry Blaha, mit denen er zwei offensichtlich so unterschiedliche Sportarten definierte, die jedoch gemeinsame Wurzeln haben. Das Rugby entstand tatsächlich aus einem „Ableger“des Footballs, eines Sports, der in England im 19. Jahrhundert immer populärer wurde. Rugby ist eine Sportart, die in Italien (das notorisch fußballverrückt ist) sehr lange Zeit am Rande stand, jedoch im letzten Jahrzehnt immer mehr Zulauf bekam. Die italienische Nationalmannschaft zieht immer mehr Zuschauer an, weshalb 2012 die Heimspiele des Six Nations im Olympiastadion in Rom ausgetragen wurden (das immer ausverkauft ist) und das das kleinere Flaminio-stadion abgelöst hat. Tommaso Allan wurde zur Zeit der größten Popularität des Rugbys in Italien in die Nationalmannschaft aufgenommen und trotz seiner 25 Jahre spricht er schon wie ein Veteran von diesem Sport. In diesem Sommer, in dem die Fußballnationalmannschaft Italiens nicht an den Weltmeisterschaften teilgenommen hat, wird das Wort dem Mitglied einer anderen italienischen Mannschaft erteilt, die trotz weniger Siege von Jahr zu Jahr mehr begeisterte Zuschauer anzieht. Du bist halb Schotte und hast mit ihnen in der U20 gespielt. Was hat dich dazu veranlasst, das italienische Trikot anzuziehen? Ich bin in Italien geboren und habe dort 10 Jahre gelebt, obwohl mein Vater Schotte ist, aber ich habe mich immer mehr als Italiener als als Schotte gefühlt. Ich bin glücklich über meine Entscheidung und bedaure nichts.
Oft feierte ich nicht mit meinen Freunden, weil ich am nächsten Tag ins Training musste, ich machte Dinge, die nicht alle jungen Leute machen würden.
Gibt es etwas, das du vom Rugby auf den Fußball oder umgekehrt übertragen würdest? Der Profifußball hat ein höheres Niveau als das Rugby, daher kann man von den Fußballern in puncto Professionalität und starker Wettbewerbsfähigkeit einiges lernen. Aber auch unser Sport erreicht inzwischen in dieser Hinsicht ein gutes Niveau. Dem Fußball würde ich die guten Manieren und den Respekt der Spieler und
auch der Zuschauer gegenüber dem Schiedsrichter empfehlen, die zu den Grundregeln des Rugbys gehören. Welche Eigenschaften sollte ein Rugbyspieler unbedingt haben? Meiner Meinung nach Entschlossenheit, viel Willensstärke und ein wenig innere „Aggressivität“oder Kampfgeist, denn diese sind auf einem hohen sportlichen Niveau und vor allem bei einem Sport mit Körperkontakt immer erforderlich. Vor allem, seien wir mal ehrlich, weil Rugby kein Sport für Teetrinker ist. Mit 20 Debütant in der Nationalmannschaft mit Ziel Australien. Der beste Spieler im letzten Spiel Italien-schottland mit 22 Punkten und beim idealen Fünfzehner-rugby des letzten Spiels des Six Nations. Du bist erst 25, fühlst du dich prädestiniert oder als tragende Säule der heutigen und zukünftigen Nationalmannschaft? Ich hoffe, dass ich wichtig bin, und ich möchte natürlich so lange wie möglich in dieser Mannschaft bleiben, um ihr zu helfen, die bestmöglichen Resultate zu erzielen. Das letzte Jahr war gut, ich will so weitermachen und mich weiter verbessern. An das Debüt kann ich mich nicht mehr so gut erinnern, es ist alles etwas verschwommen. Ich erinnere mich an die Hymnen, an meinen Eintritt von der Ersatzbank, an den Touchdown gegen Australien erinnere ich mich ziemlich gut. Wir waren in Turin und die Atmosphäre war wunderschön, obwohl wir mit ziemlichem Abstand verloren haben. Es war jedoch eine schöne Erfahrung, an die ich mich immer erinnern werde. Obwohl die Nationalmannschaft nicht sehr viele Siege erringt, hat sie doch seit fast 10 Jahren einen unglaublichen Publikumszulauf. Wie erklärst du dir das und wie wird dieses Interesse in 10 Jahren aussehen? Das Publikum geht immer sehr mit und feuert uns ständig an, und das ist unglaublich, obwohl die Ergebnisse nicht zu unseren Gunsten sind. Das Olympiastadion beflügelt uns immer. Ich kann dir nicht sagen, wie es in 10 Jahren in Italien aussehen wird, aber in 2 Jahren wird die Nationalmannschaft sicherlich ein gutes Team sein: in den letzten 2/3 Jahren haben wir gute Arbeit geleistet, vor allem seit Conor (der Trainer O’shea, A.D.R.) zu uns gekommen ist. Auch wenn man noch keine guten Ergebnisse sieht, wissen wir im Umkleideraum, dass das Interesse wächst und dass wir auf dem richtigen Weg sind. Es ist ein langsamer aber kontinuierlicher Prozess, eine Nationalmannschaft steigert sich langsamer als ein Club, aber wir sind auf dem richtigen Weg, wir arbeiten an uns und glauben fest daran, ein besseres Niveau zu erreichen. Wieviel und wie hart trainiert ein Rugbyspieler deines Levels? Wieviel Opfer hast du gebracht, um dahin zu kommen, wo du jetzt bist? Viele Opfer und sehr viel Training. Als Profispieler trainiert man von Montag bis Freitag mit einem Tag Pause, aber eigentlich ist das gar kein Ruhetag, denn vor dem Spiel am Wochenende musst du ins Fitnessstudio und bekommst Massagen. Ich erinnere mich noch daran, dass ich bei Beginn meiner Sportlerkarriere, als ich noch
zur Schule ging, auf vieles verzichtet habe: oft feierte ich nicht mit meinen Freunden, weil ich am nächsten Tag ins Training musste, ich machte Dinge, die nicht alle jungen Leute machen würden. Aber das sind Opfer, die man bringen muss, um ein bestimmtes Niveau zu erreichen. Aber es hat sich absolut gelohnt und ich bereue nichts: es war meine Entscheidung und ich bin froh, dass ich sie getroffen habe, und jetzt bin ich auf dem richtigen Weg. Du hast im Ausland gelebt und gespielt. Worin siehst du den Unterschied zum italienischen Rugby und seiner Kultur? Im Ausland ist das ein sehr populärer Sport und wird schon seit frühester Jugend praktiziert, sogar Kinder fangen schon an, Rugby zu spielen, weil es eine Disziplin ist, die in ihrer Sportkultur verankert ist. Wie du vorhin schon sagtest, hat Italien eine große Fußballtradition, deshalb spielen die meisten Kinder Fußball statt Rugby. In anderen Ländern haben schon 5 – 6-Jährige einen engen Bezug zum Rugby, und je mehr man spielt desto mehr lernt man und wird stärker. In Italien muss ein junger Spieler mehr Dinge in weniger Zeit lernen, da er weniger Erfahrungen mitbringt. Parisse ist sicherlich das Symbol des Italrugby. Wie ist der Kapitän im Umkleideraum? Sergio ist immer ein guter Kapitän gewesen und er hilft uns im Umkleideraum und auch außerhalb. Er ist offen, er erwartet von jedem von uns 100% und motiviert uns, stets das Beste zu geben. Das ist auch richtig so, denn wenn einer nichts bringt oder nicht gut spielt, leidet die ganze Mannschaft auf dem Feld darunter. In eineinhalb Jahren findet die Weltmeisterschaft statt. Habt ihr mit eurem Trainer O’shea eine bestimmte Strategie entworfen, um das Italrugby auf dieses Ereignis vorzubereiten? Als der neue Trainer zu uns kam, waren seine ersten Worte, dass wir uns 4 Jahre lang vorbereiten müssten, um für die Weltmeisterschaft fit zu sein. Alles, was wir machen, ist vor allem auf dieses Turnier ausgerichtet. Vielleicht verstehen die Leute das noch nicht, aber wir trainieren nicht nur für das nächste Spiel, sondern für die Meisterschaft in Japan, um dort gut vorbereitet anzukommen. Unser Ziel ist es, die Vorrunden zu überstehen. Das wird nicht leicht sein, aber wir können das schaffen. Wenn du ein Kind davon überzeugen wolltest, mit dem Rugbyspielen anzufangen, was würdest du ihm sagen? Dass es ein wunderbarer Sport ist, der ganz anders als alle anderen Sportarten ist. Er lehrt dich Disziplin und Respekt, ermöglicht dir, stets neue Leute kennenzulernen und bietet dir die Gelegenheit, viele neue Freunde zu gewinnen. Zum Schluss: Rugbyspieler zu sein bedeutet für Tommaso Allan… Es bedeutet, dass ich mir einen Traum erfüllt habe, den ich schon als Kind hatte.