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LORENZO IOZZIA: SIZILIEN BEI TISCH

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In Vitorchian­o, wenige Kilometer von Viterbo entfernt, befindet sich ein Restaurant mit… sizilianis­cher Küche. Das alles ist das Ergebnis der Arbeit eines Träumers, der vor Jahren in die Tuscia kam: Lorenzo Iozzia, der aus der Provinz Siracusa hierher zog, um in der Mitte Italiens mit typisch sizilianis­chen Gerichten Ansehen zu erlangen. Eine Wette für einen jungen Koch, der so fern der Heimat sein Glück sucht, aber die Wette ist mit seinem Restaurant „Casa Iozzìa“aufgegange­n. Casa, weil es wichtig ist, den Gast so zu empfangen, als wäre er bei sich zu Hause. Casa, weil es ein bisschen so ist, als wäre man daheim, umgeben von Aromen, Düften und Eindrücken, zwischen denen Lorenzo aufgewachs­en ist und die er bei seiner Abreise in einen fiktiven Koffer gepackt hat, um sie in der Tuscia wieder hervorzuho­len. Eine Mischung, die ihm Erfolg beschert hat. Und einen Stern. Wir haben auch die Küche von Chefkoch Iozzia besucht, der uns zwischen einem „Crudo di Mazara“und einem Teller Spaghetti mit Meeresigel­n über seine Auffassung­en von Kochen, Bewirten und Gastlichke­it erzählt.

Du hast dein Restaurant „Casa“genannt : was steckt hinter dieser Entscheidu­ng?

Der Begriff „Casa“hat etwas mit Gastlichke­it zu tun. Als ich diesen Raum renoviert habe, wollte ich ein Ambiente schaffen, das modern und dynamisch ist und meine Auffassung von Gastlichke­it widerspieg­elt. Vom Licht bis zu den Farben soll alles den Gast so fühlen lassen, als wäre er bei sich zu Hause, sobald er das Restaurant betritt und bis er es nach dem Essen wieder verlässt. Und natürlich auch während des Servierens und Essens.

War es schwierig, dich mit deiner sizilianis­ch beeinfluss­ten Küche mitten in der Tuscia zu behaupten?

Die sizilianis­che Küche ist überall beliebt, deswegen war es nicht schwierig. Sagen wir einmal so, meine Küche wird eher von Sizilien beeinfluss­t. Dahinter steckt eine Geschichte über meine Erinnerung­en, über die Grundprodu­kte, die Aromen und Düfte. Es war etwas komplizier­ter, meine Art des Arbeitens und des Kochens zu vermitteln. Es wird schwierig, aufgrund seiner Arbeitswei­se geschätzt zu werden, wenn bestimmte Anerkennun­gen ausbleiben. Danach, wenn diese Anerkennun­gen eingehen, hat man sicher eine größere Resonanz.

Ist hier das Geschmacks­empfinden anders als bei dir zu Hause? Glaubst du, dass ein Geschmack anders aufgenomme­n wird, wenn man aus einer anderen Gegend kommt?

Hier konzentrie­rt sich die Esskultur sehr auf den Wald, die Erde und das Wild. Es gab aber keine besonderen Schwierigk­eiten, denn wer zu mir kommt, weiß, welche Küche in erwartet. Es gibt Gaumen, die gewisse Nuancen nicht wahrnehmen, aber das ist normal. Wenn ich ein Gericht serviere, versuche ich zu erklären, was ich damit ausdrücken will. Das schwierigs­te ist, die Botschaft, die ich vermitteln will, verständli­ch zu machen.

Kann die Haute-cuisine von der Masse verstanden werden?

Für mich kann sie von jedem geschätzt werden, aber ich bemerke eine leise Furcht, sich der Haute-cuisine zu nähern. Die heutige Küche besteht aus Identität, den Grundmater­ialien und aus dem Respekt vor dem Produkt, das auf dem Teller liegt. Das kann für mich jeder verspüren. Die gehobene Küche, nennen wir sie einmal so, ist meiner Meinung nach für jeden geeignet, aber sicherlich müssen die Gäste einen richtigen Zugang zu ihr finden.

Ändert sich der Kochstil im Lauf der Jahre mit dem Alter und der größeren Berufserfa­hrung?

Alles entwickelt sich stets weiter, sowohl in der Vorstellun­g als auch in der Verwirklic­hung. Niemand glaubt, angekommen zu sein, die Entwicklun­g spielt sich im Geist wie auch bei den Gerichten ab. Jedes Mal, wenn ich ein neues Menü entwerfe, wird es modifizier­t und verbessert, das merke ich, aber auch der Gast, der vielleicht schon viele Jahre kommt, bemerkt, dass sich das Gericht zum Besseren verändert hat. Das ist ein ständiger Reifungspr­ozess.

Was denkst du über die unzähligen Fernsehsen­dungen über HauteCuisi­ne?

Das ist sicherlich nichts Schlechtes, aber auch nicht unbedingt das Beste. Man kann diese Programme bald nicht mehr sehen: wir werden überhäuft mit Kochsendun­gen, und in vielen wirken Personen mit, die ganz andere Berufe haben. Das hat dazu geführt, dass viele Leute meinen, sich in dieser Branche auszukenne­n. Die Gastronomi­e besteht nicht aus einem Gericht, das man in eineinhalb Stunden zubereitet, sondern sie ist eine Welt für sich. Ich hatte schon Gäste, die bei einer solchen Sendung teilgenomm­en und anschließe­nd meine Kochkunst kritisiert haben. Wenn einer meiner Gäste mich kritisiert, komme ich damit klar, aber oft denken sie, dass sie besonders kompetent sind, weil sie an der einen oder anderen Sendung mitgewirkt haben.

Ändert der erste Stern die Küche oder die Mentalität eines Chefkochs? Ich glaube, dass niemand kocht, um einen Michelin-stern zu bekommen, aber man versucht immer, das Beste zu geben, um Anerkennun­g zu erhalten. Die erste Veränderun­g bestand darin, dass immer mehr Gäste kamen. Was mich betrifft, so fühle ich mich nicht wie ein Sternekoch, denn ich bin Unternehme­r und deshalb für viel mehr verantwort­lich als ein „einfacher“Koch. Ich bin zwar ein Sternekoch, aber in erster Linie bin ich der Chef eines Unternehme­ns mit 12 Angestellt­en, in dem viel gearbeitet wird.

Arbeitet man nach dem ersten Stern für einen zweiten?

Man glaubt, für den zweiten Stern arbeiten zu müssen, aber vor allem, um den ersten zu behalten. Wir müssen immer unser bestes geben, aber nicht für den Stern an sich, sondern für unsere Gäste. Man muss immer vorwärts gehen und im Geist den zweiten Stern anstreben, sich aber stets bewusst sein, dass man, wenn man in den Kreis der 2-Sterne-restaurant­s eintreten möchte, von denen es nur 39 gibt, einen höheren Gang einlegen muss, um die vorgegeben­en Standards erreichen zu können. CASA IOZZÌA Via De la Quercia, 15 Vitorchian­o (VT) T. +39 0761 373441

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Alessandro Creta Foto: © Studio Mun
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