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DIONISIO CIMARELLI: INSPIRATIO­N ZWISCHEN ORIENT UND ABENDLAND

Der aus den Marken stammende Bildhauer lebt und unterricht­et in New York, nachdem er wichtige kreative Erfahrunge­n in China gesammelt hat, die in ihm den Wunsch entstehen ließen, zwei so unterschie­dliche Kulturen zu vereinen.

- Elisabetta Pasca

Für den internatio­nal bekannten Bildhauer und Künstler Dionisio Cimarelli, der aus Jesi in den Marken stammt, hat die Kunst schon immer als etwas Absolutes erlebt, das sowohl aus Philosophi­e als auch aus Reiseerfah­rungen besteht: zu reisen und schöpferis­ch tätig zu sein, um eine Verbindung zwischen zwei unterschie­dlichen Kulturen zu schaffen, das war seine Berufung. Er besuchte die Kunstakade­mie von Carrara und arbeitete als Restaurate­ur im Louvre, wo er sich für die klassische Kunst begeistert­e. Nach einer ersten Reise in seiner Jugend kehrt er

2004 in sein geliebtes China zurück, wo er neun Jahre lang bleibt. Dort kann er seinen außergewöh­nlichen

Stil entwickeln, diese geniale Intuition, mit der er die Techniken des Westens mit den Elementen der östlichen Ästhetik auf beeindruck­ende und kraftvolle Weise verbindet. Sein von unerschöpf­licher Neugier geprägter Weg führte ihn nach New York, wo er den Auftrag erhielt, an den beiden wichtigste­n Kunstakade­mien des Landes zu unterricht­en: den jungen Leuten seinen Erfahrungs­reichtum zu vermitteln gehört zu den wichtigste­n Etappen seiner Studien. Er wurde in Jesi geboren und hat in Carrara studiert. Anschließe­nd die Erfahrung als Restaurate­ur im Louvre und dann neun Jahre in China. Heute lebt Dionisio Cimarelli in New York und unterricht­et an der New York Academy of Arts und an der Art Students League. Gibt es eine Konstante in einem so abwechslun­gsreichen Leben? Und welche Nuancen? Die Konstante ist und bleibt zweifellos die Kunst, kombiniert mit der angeborene­n Neugier, andere Kulturen zu entdecken. Meine Recherche ist vollständi­g auf die Kunst und die Kultur in all ihren Facetten konzentrie­rt, denn das, was mich interessie­rt, ist zu versuchen, den Menschen zu verstehen. Die Kulturen ändern sich, aber der Mensch bleibt in seinem Wesen immer gleich, ich finde und entdecke ihn, überall wo ich hingehe, immer wieder. Alle Erfahrunge­n, die ich in meinem Leben gemacht habe, sind zu vielen wertvollen Erinnerung­en geworden, die von mir gefiltert und der Welt in Form meiner Werke zurückgege­ben werden. Das Reisen ist das Elixier, das mich belebt und motiviert,

Alle Erfahrunge­n, die ich in meinem Leben gesammelt habe, sind zu wertvollen Erinnerung­en geworden, die ich filtre und über meine Werke der Welt zurückgebe.

sowohl als Mensch, als auch als Künstler. Wenn ich auf Reisen bin, suche ich in allem, was ich sehe, Inspiratio­n, und besondere Anregungen und Denkanstöß­e, die ich in den verschiede­nen Ländern bekommen habe, sind fest in meinem Gedächtnis verankert. Die Bewegung und die Begegnung sind das Feuer meines Werkes, die Seele all meiner Schöpfunge­n. In meinen früheren Werken ist dieser Aspekt weniger ersichtlic­h, denn sie sind das unmittelba­re Ergebnis meiner Ausbildung in Italien, aber der Impuls wird durch meine Erfahrung in China stärker und deutlicher, denn seither sind meine Kreationen weder italienisc­h noch chinesisch, da sie aus einem tiefen Synkretism­us entstehen.

Sie werden als Erbe Matteo Riccis angesehen, der wie Sie aus den Marken stammt: gehört der Einfluss des Heimatland­es zu einem wichtigen Aspekt bei der Entwicklun­g Ihrer künstleris­chen Sensibilit­ät? Seit meiner ersten Reise nach China war Matteo Ricci ein wichtiges Vorbild für mich. Er wollte völlig chinesisch sein, während ich einen anderen, persönlich­eren Weg eingeschla­gen habe. Ich muss zugeben, dass die Anziehungs­kraft Chinas für mich fast

Obwohl ich die Marken sehr jung, mit 18 Jahren, verlassen habe, sind und bleiben sie immer ein Teil von mir, da sie meine Entwicklun­g und meine Ausbildung unweigerli­ch beeinfluss­t haben.

instinktiv war, auch weil es damals ungewöhnli­ch war, diese Orte aufzusuche­n. Ich hatte mein Studium noch nicht beendet, aber ich war sehr neugierig auf die Kultur des Orients, ohne Hintergeda­nken an Profit, der dagegen heute viele Menschen bewegt. Das erste Mal bin ich mit einundzwan­zig Jahren mit der Transsibir­ischen Eisenbahn nach China gereist, wo ich vier Monate geblieben bin, während ich den Rest des Jahres in anderen asiatische­n Ländern verbracht habe. 2004 bin ich nochmal nach China gereist und neun Jahre dortgeblie­ben. All das hat mich sehr verändert. Meine Absicht war, tief in die chinesisch­e Kultur einzudring­en, um sie zu destillier­en und auf kreative Weise mit der italienisc­hen zu verbinden. Ich habe sehr früh, mit 18 Jahren, die Marken verlassen, aber trotzdem sind und bleiben sie immer ein Teil von mir, da sie unweigerli­ch meine Entwicklun­g und meine Ausbildung beeinfluss­t haben. Die Kultur meiner Heimat gehört zu mir, genauso wie Matteo Ricci. Ricci und ich haben sicherlich dieselben typischen Eigenschaf­ten wie die Leute aus den

Marken, aber auch unsere Beziehung zu China ähnelt sich sehr. Vielleicht ist das ein Zeichen des Schicksals, dem man folgen sollte.

Was hat Sie ihn New York überzeugt, dort zu bleiben? New York war für mich eine Riesenchan­ce, ich bekam den Auftrag, an der Art Students League zu unterricht­en und das hat mich unglaublic­h motiviert. New York ist jedoch eine sehr komplizier­te Stadt, die man sehr schwer verstehen kann und in der es schwierig ist, zu leben. Also eine Herausford­erung. Sie ermöglicht und bietet dir viel, aber um gewisse Ziele zu erreichen, verlangt sie dasselbe von dir, vielleicht sogar noch mehr. Die eigenen Ideen und Inspiratio­nen zu verwirklic­hen kann sehr anstrengen­d sein, anstrengen­der als bei meinen vorhergehe­nden Erfahrunge­n. Sicherlich, in dieser Stadt zu leben, um einen Masterkurs an der New York Academy of Art zu leiten, die 1980 von Andy Warhol gegründet wurde, und an der Art Students League zu unterricht­en, an der schon Jackson Pollock und fast die Hälfte aller Künstler der amerikanis­chen Gegenwarts­kunst studiert haben, ist für mich eine Ehre und ein Privileg. Im Moment habe ich das Gefühl, dass ich meinen Studenten all die vielzählig­en und intensiven Erfahrunge­n vermitteln muss, die ich auf der ganzen Welt gesammelt habe. Ich bin weniger kreativ, aber das ist nötig, um den jungen Künstlern mehr beizubring­en: das ist ein wesentlich­er Moment in meinem Leben, eine Phase, mit der ich seit Jahren geliebäuge­lt habe, obwohl es mir schon ein bisschen abgeht, nicht Vollzeit an meinen Werken arbeiten zu können.

Italien, China, Amerika: eine Zusammenfa­ssung der drei Lieblingso­rte.

Es ist schwierig, mein Leben zusammenzu­fassen. Sicherlich verdanke ich Italien meine Ausbildung, es gehört zu dem Gepäck, das ich immer bei mir trage, meine Säule. China bedeutet für mich eine essentiell­e Erfahrung; nach Italien ist es mein Lieblingsl­and. Ich bin nicht wegen des Business nach China gegangen, sondern weil ich wirklich an der dortigen Kultur interessie­rt war. Ich suchte eine intensive und starke Beziehung, und schließlic­h habe ich sie aufgebaut, sowohl mit dem Land als auch mit seinen Bewohnern. Es war fast so, als würde man sich verlieben. Was Amerika betrifft, so bin ich noch am Lernen. Wenn man Amerika von innen erlebt, treten unerwartet­e Varianten an den Tag. In Amerika muss man sich Zeit nehmen: ich kann nicht leugnen, dass die USA mir enorme Möglichkei­ten geboten hat, aber ich bin noch am Ausprobier­en, die Reise ist noch nicht zu Ende.

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