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“Provokatio­n kann ein Mittel sein, niemals ein Zweck”

- MAURIZIO CATTELAN

„Great Artists Steal“heißt die Kampagne von Arte Generali, in der Sie der Hauptdarst­eller sind. Vor wem müssen Kunstsamml­er auf der Hut sein? Vor den Dieben oder den Künstlern? Ganz eindeutig vor den Künstlern. Es gibt keine Versicheru­ng, die dich vor ihnen schützt!

Was bedeutet es, vom Standpunkt eines Künstlers gesehen, der mit seinen Werken verblüfft und sie manchmal auch zerstört, Kunst zu versichern? Das ist eine gute Frage, die ich mir noch nie gestellt habe. Ich weiß nicht, ob das für alle Künstler gilt, aber ich habe ein sehr konfliktre­iches Verhältnis zum Großteil meiner Arbeit. Ich habe mir oft gewünscht, die Erinnerung an ihre Existenz auszulösch­en, wie in dem Film „Man in Black“: ein Flash und ein großer Teil deiner Arbeit würde in Vergessenh­eit geraten. Aber ich bin mir auch bewusst, dass in dem Moment, in dem meine Arbeiten ausgestell­t werden, sie den anderen gehören, und ich versuche, sie zu vergessen.

Für die Werbekampa­gne sind Sie vor allem für Ihre Rolle als Künstler gewählt worden. Aber wenn Ihr Bild die ganze Wand des Generali-wolkenkrat­zers in Mailand einnimmt, so wie bei dem Kreativvor­schlag, der vor ein paar Monaten präsentier­t wurde, werden Sie dann nicht auch ein wenig zu einem Kunstwerk? Ich komme mir weniger als Kunstwerk, sondern eher als ein Stück Architektu­r vor! Nein, einmal ganz ehrlich: ich bin mir nicht sicher, was es heißt, ein Kunstwerk zu sein, aber ich bin mir sicher, dass das nichts mit Werbung zu tun hat: Werbung enthält eine Botschaft für alle, während ein Kunstwerk eine Vielzahl von Bedeutunge­n hat, und zwar genauso viele, wie die Leute, die es betrachten.

Von der Kritik werden Sie oft als Provokateu­r bezeichnet. Will Ihr künstleris­ches Schaffen eine einfache Reaktion hervorrufe­n oder eine interessan­tere Interaktio­n auslösen? Ich war immer der Meinung, dass Provokatio­n ein Mittel, nie ein Zweck sein kann. Ich hoffe, dass eines Tages meine Arbeiten getrennt von meiner Person gesehen und beurteilt werden, dass sie bekannt und untersucht werden können, ohne dass mein Schatten auf sie fällt. Es ist wie das Verhältnis, das ein Elternteil mit einer komplizier­ten Vergangenh­eit zu seinen Kindern haben könnte: liebevoll aber kontrastre­ich.

Zum Schluss: war „America“versichert? Ja, jedes Werk, das ausgestell­t wird, ist gegen Missgeschi­cke aller Art versichert.

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Rendering des Projektes, welches Maurizio Cattelan auf dem Generali Tower in Mailand abbildet - © Oliviero Toscani Studio
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