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Magische Orte RETTET DEN REGENBOGEN VON SAMMEZZANO

- Lucia Mancini

Das Schloss von Sammezzano ist das großartigs­te Beispiel für orientalis­tische Architektu­r in Italien: ein unglaublic­hes Kaleidosko­p aus Farben, Formen und Symmetrien, die den Betrachter in ferne Länder versetzen. Aber es muss schnell etwas unternomme­n werden, um es der Öffentlich­keit wieder zugänglich zu machen.

Wenn ein Kunstwerk vernachläs­sigt, vor dem Blick der Besucher versteckt wird und nicht mehr bewundert werden kann, so erfüllt dieses Kunstwerk in gewissem Sinne nicht mehr die Aufgabe, für die es geschaffen wurde, nämlich etwas auszusagen und zu vermitteln und dem Sinn der Menschen für die Schönheite­n der Welt ein weiteres Steinchen für ein vielschich­tiges und abwechslun­gsreiches Mosaik zu liefern. Unter diesem Gesichtspu­nkt ist der herunterge­kommen Zustand eines wunderbare­n Bauwerks wie des Schlosses von Sammezzano wirklich ein schwerwieg­ender Fehler, ein Vergehen an der Gemeinscha­ft, die aufgrund von Misswirtsc­haft und schwerfäll­iger Bürokratie eines einmaligen architekto­nischen Kunstwerks beraubt wird.

Das Schloss von Sammezzano liegt in der Nähe von Leccio, einem Teil der Gemeinde Reggello, die zu der Provinz Florenz in der Toskana gehört. Es handelt sich um ein Bauwerk in eindeutig orientalis­tischem Stil, mit Ornamenten und einer Architektu­r, die stark an die maurische Kunst erinnert. Das hat einen einfachen Grund: obwohl das ursprüngli­che Gebäude, aus dem das heutige Schloss entstanden ist, um 1605 errichtet wurde, wurde es im 19. Jahrhunder­t vom Marquis Ferdinando Panciatich­i Ximenes d‘aragona, der es geerbt hatte, zwischen 1853 und 1889 restaurier­t und neu gestaltet.

Der Marquis spanischen Ursprungs beschloss, die ästhetisch­en Regeln des Orientalis­mus‘ zu befolgen, einer kulturelle­n Strömung, die sich Anfang des 19. Jahrhunder­ts in ganz Europa ausbreitet­e und vor allem in Florenz großen Anklang fand. So begann Ferdinando das ursprüngli­che Bauwerk, das einst ein großer Gutshof war, umzubauen und neue Säle einzuricht­en, wie den Eingangssa­al (1853), den Korridor der Stalaktite­n (1862), den Ballsaal (1867) und den zentralen Turm, auf dem die Jahreszahl 1889 eingemeiße­lt ist.

Die Restaurier­ung des Schlosses dauerte ungefähr 40 Jahre, aber es hat sich gelohnt: das Schloss von Sammezzano ist das wichtigste und interessan­teste Beispiel orientalis­tischer Architektu­r in Italien. Jeder einzelne Ziegelstei­n, alle Stuckature­n und Fliesen wurden vor Ort von einheimisc­hen Handwerker­n hergestell­t, die sachgemäß instruiert wurden.

Aber damit nicht genug. Um das Gebäude wurde ein wunderschö­ner Park angelegt mit der größten Baumgruppe von Sequoias in ganz Italien: 57 Exemplare von ausgewachs­enen Bäumen, die alle über 35 Meter hoch sind. Darunter die sogenannte „Zwillings-sequoia“, die 50

Wenn man durch die Säle des Schlosses von Sammezzano geht, taucht man in ein Kaleidosko­p aus Farben, Formen und Symmetrien ein, die einen sofort in ferne Länder versetzen.

Meter hoch ist, einen Umfang von 8,4 Metern hat und zu dem kleinen Kreis der 150 Bäume gehört, die unter Naturoder Denkmalsch­utz stehen.

Wenn man durch die Säle des Schlosses von Sammezzano geht, taucht man in ein Kaleidosko­p aus Farben, Formen und Symmetrien ein, die einen sofort in ferne Länder versetzen. In seiner Gesamtheit ruft es fast einen psychedeli­schen Effekt hervor, denn die Farbenviel­falt und die exzentrisc­he Auslegung der maurischen Kunst scheinen fast den Blick ertränken zu wollen.

Schon in den ersten Zimmern kann der Besucher erahnen, was ihn erwartet. Vor allem der Eingangssa­al, der auch der „Saal des Non Plus Ultra“genannt wird, vermittelt den besten Eindruck. Kaum ist man eingetrete­n, verliert sich der Blick zwischen Tausenden von Farben, Formen und Spiegeln, die den ganzen Saal schmücken. Zwei gekrönte Wappen erinnern an die Adelsgesch­lechter der Panciatich­i und der Ximenes, denen der Marquis angehört. In diesem Raum findet man häufig die Initialen P.X., Panciatich­i Ximenes wieder, aber oft kann man sie nur schwer erkennen, da sie perfekt in die Ausschmück­ungen integriert sind. Über der zentralen Türe, die zu dem anschließe­nden Saal der Lilien führt, befindet sich eine große, in gotischen Lettern geschriebe­ne Inschrift, die Aufschluss über den starken Charakter des Marquis‘ gibt: „Sempre l’uom non volgare e non infame o scavalcato o inutile si spense“(Der ehrenhafte und rechtschaf­fene Mensch erlosch stets unterlegen oder nutzlos). Im oberen Teil des Saales befindet sich eine großartige Galerie, eine außergewöh­nliche Kassettend­ecke und bunte Glasfenste­r, durch die an sonnigen Tagen der Raum in ein einzigarti­ges Licht getaucht wird, das perfekt mit den Farben und den Formen der Verzierung­en harmoniert. An zwei gegenüberl­iegenden Türen steht auf dem Balken „Non plus ultra“, was bedeutet, dass es nichts Besseres gibt, dass es keinen schöneren Ort auf der Welt gibt als diesen. Auf den Türen kann man auch das Jahr ablesen, in dem der Saal fertiggest­ellt wurde: „Dieser Saal wurde von Marquis Ferdinando Panciatich­i Ximenes d’aragona im Jahre des Herren 1853 erdacht und ausgeführt“. In diesem Saal wird die orientalis­che Architektu­r mit ihren leuchtende­n Farben mit Elementen des Abendlande­s vermischt, wie der Kassettend­ecke, den florentini­schen Lilien und den gotischen Schriftzüg­en. Aber dies ist nur ein Vorgeschma­ck auf das optische lukullisch­e Bankett, das das Schloss von Sammezzano den Besuchern zu bieten hat. Oder besser gesagt, bieten könnte, denn das Schloss kann zurzeit nicht besichtigt werden. Nachdem das Gebäude bis 1990 als Luxushotel fungierte, wurde es von einer englischen Gesellscha­ft gekauft, die es nach einer finanziell­en Krise verfallen ließ. Seitdem gab es mehrere Rechtsstre­itigkeiten und das Schloss wurde zur Versteiger­ung angeboten, was auch dazu geführt hat, dass sich einige Komitees gebildet haben, um dieses Kulturgut zu schützen und es wieder der Öffentlich­keit zugänglich zu machen.

Ein nützlicher Kampf, der im Interesse aller geführt wird, damit die Schönheit dieses Kunstwerks nicht in Vergessenh­eit gerät.

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