All About Italy (Germany)

ETHIK-TOURISMUS

- Sascha Mallinckro­dt

Sizilien ist die Region der Sonne, des Meeres, der Kunst, der guten Küche. Sie ist Geschichte und Tradition, Gastfreund­schaft und ein Schmelztie­gel verschiede­ner Kulturen. Oft ist sie jedoch auch Synonym für Illegalitä­t, Korruption und vor allem Mafia. Ein Übel, das es nicht nur hier gibt, aber das hier tiefe Wurzeln geschlagen hat, die sich mit der Zeit überall ausgebreit­et haben: im Gesundheit­swesen, im Bildungswe­sen, in der Politik und auch in der Tourismusb­ranche.

Ja, auch im Tourismus. Es gibt ein regelrecht­es Netzwerk von Hotels, Restaurant­s, Geschäften und Fremdenver­kehrsunter­nehmen, oder in irgendeine­r Weise mit ihr in Verbdindun­g stehen, während gleichzeit­ig die Zahl der Touristen angestiege­n ist, die darauf aus sind, die Häuser der bekanntest­en Mafiabosse zu besichtige­n oder die Stadtviert­el aufzusuche­n, die als Symbol des organisier­ten Verbrechen­s gelten. Vielleicht ist das eine Mode, die auch durch Literatur, Fernsehen und Film ausgelöst wurde, die Personen und Orte des Verbrecher­milieus trendig gemacht haben.

Es gibt jedoch auch Menschen, die beschlosse­n haben, gegen den Strom zu schwimmen, die Fesseln zu sprengen und gegen die Vorurteile derer anzukämpfe­n, die denken, dass Sizilien nur das ist. Sizilianer, die an einer gerechtere­n Zukunft für die Insel und ihre Bewohner arbeiten wollen, damit man ihr wahres Gesicht kennenlern­en kann. So gibt es seit zehn Jahren immer mehr Verbände und Reiseveran­stalter, die Reisen „pizzo free“ (pizzo: Schutzgeld) anbieten. Was bedeutet das? Das bedeutet, dass garantiert kein einziger Cent in die Hände der Mafia gelangt. Restaurant­s, Hotels, Souvenirlä­den, Transportf­irmen usw. haben beschlosse­n, sich mit ihren Angebotspa­keten dem Kampf gegen die Schutzgeld­erpressung anzuschlie­ßen, und beweisen damit, dass man gemeinsam nicht nur stärker ist, sondern dass man auch einen Circulus virtuosus errichten kann, der sich immer mehr ausbreitet und im Stande ist, dem Reisenden eine einmalige Erfahrung in absoluter Legalität zu bieten. Bei den Führungen geht es nicht nur zu Sehenswürd­igkeiten und historisch­en Denkmälern, sondern auch zu Orten der Antimafia, wie der Gedenkstät­te „Casa Memoria Felicia e Peppino Impastato“oder der Casina No Mafia bis hin zu Einrichtun­gen, die auf den konfiszier­ten Ländereien der „Cosa nostra“(sizilianis­che Mafia A.D.Ü.) entstanden sind. Wer sich gerne in der Natur aufhält, kann Fahrradtou­ren oder Bootsausfl­üge unternehme­n und es gibt auch Führungen für Schüler und Studenten. Rücksichts­voller Tourismus ist also nicht nur eine Frage der Umwelt, sondern auch eine soziale, wirtschaft­liche und gesellscha­ftliche. Es ist auch eine Frage der Ethik, denn Reisen ist schön, aber ohne Schutzgeld ist es noch schöner.

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