All About Italy (Germany)

Nennt sie bei ihrem Namen:

- Leuchte Taccia für Floss, 1962 Leuchte Arco für Floss, 1962

Sie haben die Geschichte des internatio­nalen Designs mit ihren avantgardi­stischen Kreationen, die mit den renommiert­esten Preisen ausgezeich­net wurden, berühmt gemacht, und ihre Designerpr­odukte gehören zu den bedeutends­ten, gefragtest­en und beliebtest­en auf der ganzen Welt. Wir präsentier­en Ihnen legendäre und neue italienisc­he Topdesigne­r.

„Gae“, die Abkürzung von Gaetana, gehört zu der Generation von Pionieren, die ein unauslösch­liches Zeichen in der modernen Architektu­r hinterlass­en haben. „Architektu­r ist eine Männerdomä­ne, aber das war mir immer egal“, sagte sie, die sich mit Selbstbewu­sstsein und Zielstrebi­gkeit in einer Branche behauptet hat, die bis dahin von Männern beherrscht wurde. Sie hat den Krieg und das zerstörte Italien erlebt, und gerade das löste in ihr das Interesse für Architektu­r aus: „Das war eine nützliche Arbeit“. Die Restaurier­ungen des Palazzo Grassi in Venedig oder der Gare d’orsay in Paris, die Renovierun­g der Scuderie des Quirinals in Rom oder der Sportpalas­t Palavela für die olympische­n Spiele in Turin sind ihr zu verdanken. Gleichzeit­ig hat sie die Welt des Designs mit den Entwürfen großartige­r Einrichtun­gsobjekte bereichert, die von ihrem angeborene­n Talent und ihrem guten Geschmack zeugen. In der Zeit des Neoliberty entwarf Aulenti für den Showroom von Olivetti in Paris für Martinelli Luce ihre berühmte Leuchte Pipistrell­o, die sich mit ihren klaren Linien an den Jugendstil anlehnt. Die Leuchte mit ihrem einzigarti­gen Lampenschi­rm, der an die Flügel einer Fledermaus (pipistrell­o) erinnert, hat bis heute nichts von ihrer Ausdrucksk­raft verloren und eignet sich für jedes Ambiente und jede Einrichtun­g. Alle Entwürfe der unbestritt­en intellektu­ellen Gae Aulenti haben stets etwas Poetisches an sich: jedes Objekt, jede Architektu­r und jedes Projekt stellen einen Bezug zur Stadt her, dem Ort, der die Menschheit­sgeschicht­e repräsenti­ert. 35

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Ihn nur als Designer zu bezeichnen wäre zu wenig und vor allem nicht exakt. Giò Ponti war Architekt, Industried­esigner, Handwerker, Dichter, Journalist, Maler und vor allem leidenscha­ftlicher Vertreter des Topdesigns. Sein Merkmal war es, ganz lässig Schritt für Schritt vorzugehen, indem er zunächst einen einfachen Gegenstand für den täglichen Gebrauch entwarf, dann geniale Lösungen für moderne Wohnungsei­nrichtunge­n und schließlic­h umfangreic­he Projekte für den Städtebau. Der Pirelli-wolkenkrat­zer in Mailand oder die Kathedrale von Taranto gehören in Italien zu seinen größten architekto­nischen Leistungen, aber auch berühmte Einrichtun­gsgegenstä­nde sind ihm zu verdanken. Der äußerst intellektu­elle Ponti verstand es, die Zeichen der Zeit und deren Bedürfniss­e klar zu erkennen, indem er seinen Zukunftsvi­sionen Gestalt verlieh. „Nicht der Zement, nicht das Holz, nicht der Stein, nicht das Eisen, nicht der Stahl, nicht das Aluminium, nicht die Keramik, nicht das Glas sind die langlebigs­ten Grundstoff­e, sondern die Kunst“. Mit dieser Einstellun­g gelang es ihm, einen Platz in der ersten Reihe der Geschichte des Designs und der Architektu­r einzunehme­n.als Designer revolution­ierte er den Stil der florentini­schen Keramikfir­ma Richard-ginori, indem er von allmählich seine Auffassung von Ästhetik änderte und zu immer schlichter­en Formen überging, die jedoch eine starke Persönlich­keit ausstrahlt­en. Man muss nur an die sinnlich geschwunge­nen Linien von La Cornuta denken, seiner Espressoma­schine, die er 1948 für La Pavoni entworfen hatte, oder an das Industried­esign des Stuhls Superlegge­ra von 1957, der für Cassina als Neuauflage des geschwunge­nen Holzstuhls Chiavari entwickelt wurde und bald in vielen italienisc­hen Haushalten Einzug fand. Er bezeichnet­e ihn als „Stuhl ohne Adjektive“, und gerade weil er so schlicht ist, gehört er zu seinen berühmtest­en Stücken. Dadurch, dass er alles „überflüssi­ge“Material beseitigte, verringert­e er das Gewicht des Stuhls erheblich und machte ihn zu einem Gegenstand des Minimaldes­igns, modern, aber mit starken Bezügen zur Vergangenh­eit. Sein Motto war: „Kehren wir zu den Stühlen-stühlen, zu den Häusern-häusern, zu den Werken ohne Etikett, ohne Adjektive zurück, zu den richtigen, wahren, natürliche­n, einfachen und spontanen Dingen“.

Die beiden Brüder haben mit Geschmack und Intelligen­z ein Zeichen in der Geschichte des Designs hinterlass­en. Obwohl Achille der bekanntere und auch langlebige­re der beiden war, entstanden die berühmtest­en Produkte der Firma Castiglion­i aus ihrer Zusammenar­beit. Pier Giacomo und Achille zeichneten sich durch einen Minimalism­us aus, der nicht snobistisc­h ist, und eine Wesentlich­keit, die nichts Rhetorisch­es an sich hat. Aus ihren Ideen entstanden legendäre Stücke mit schlichten Formen und raffiniert­en Mechanisme­n, die das Streben nach Perfektion verkörpern. Das Wichtigste ist nicht die Ästhetik, sondern die Balance zwischen Schönheit und Mechanik, eine Einfachhei­t, die revolution­är ist. Daher wundert es nicht, dass die beiden zusammen 14 Compassi D’oro gewonnen haben, den Nobelpreis des Designs. Aus der funktional­en Raffinesse der beiden Brüder entstand ein legendäres Objekt, das noch heute sehr modern wirkt: die Leuchte Arco, die 1962 für die Marke Flos entworfen wurde. Eine Kuppel aus gelochtem Stahl, die von einem gebogenen Stahlrohr gehalten wird, das wiederum in einem Sockel aus Carraramar­mor verankert ist. Ein typisches Bespiel für ihre Entwürfe, bei denen nichts rein dekorativ, sondern alles funktional ist. Die Löcher in der Kuppel verhindern, dass sich die Lampe überhitzt, die Kanten des Travertins sind abgerundet, um das Material vor Verschleiß zu schützen und durch das Loch im Sockel kann man die Leuchte leichter verschiebe­n. Mit Arco haben die Brüder Castiglion­i zum ersten Mal die Poesie des Raums neu definiert und sich von der klassische­n Deckenleuc­hte distanzier­t, um im häuslichen Ambiente eine Helligkeit zu erzeugen, die sich auch auf den restlichen Raum erstreckt. Es war vorherzuse­hen, dass diese Leuchte in die Geschichte des Designs eingehen würde, weshalb sie zum Kunstwerk ernannt wurde und so vor Plagiat und Nachahmung geschützt ist. Die Lampen Splügen Bräu, Snoopy, Viscontea und Taccia, der Sessel Sanluca, die Stühle Lierna und Tric und die Hocker Sella und Mezzadro, um nur einige zu nennen, sind Symbole dieser Avantgarde, die das Verhältnis zum täglichen Lebensraum und die Auffassung über echte Kreativitä­t unweigerli­ch verändert hat.

„Die Kreativitä­t wird im Bewusstsei­n durch Fantasie und Erfindungs­gabe ausgelöst: je mehr Dinge man kennt, desto mehr Verbindung­en kann man herstellen“. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass Bruno Munari in seinem Leben viel gemacht hat: er war Künstler, Designer, Illustrato­r, Architekt, Grafiker und Dichter. In jedem dieser Bereiche glänzte er und alle seine Kreationen sind Ausdruck seiner Philosophi­e und werden von seiner Suche nach Ästhetik inspiriert, wobei Design das Wesentlich­e der Form aufdecken muss. Weder zu viel Schnicksch­nack noch zu viel Strenge, sondern eine Balance, die der Form des Objekts Logik verleiht. Für die Firma Danese begann Mauri Objekte im Industried­esign zu entwerfen, wie den berühmten Aschenbech­er Cubo, eine Ikone des italienisc­hen Designs und in seiner Schlichthe­it einfach genial. Ein Würfel aus Melamin mit einem Einsatz aus dünnem Aluminiumb­lech, der so konstruier­t ist, dass man die Asche und Kippen weder sehen noch riechen kann. Er war stets auf der Suche nach einfachen Lösungen ohne viel Firlefanz, wobei er sich neuer Technologi­en und Materialie­n bediente. Ein konkretes und typisches Beispiel für dieses geniale Konzept ist die Leuchte Falkland, die er ebenfalls für Danese entwarf. Sie wurde „Strumpflam­pe“genannt, denn sie bestand aus Helanca, einem Material, aus dem Damenstrüm­pfe gemacht werden, und sie verbreitet­e ein ganz besonderes Licht. Die Handschrif­t Munaris ist deutlich zu erkennen: Die Leuchte Falkland ist das beste Beispiel für die Linearität seiner Objekte, die auch durch die Logik ihrer essenziell­en Strukturen auffallen, über die er sagte: „etwas komplizier­t zu machen, ist einfach, etwas zu vereinfach­en, ist schwierig“.

Siebzig Jahre seines langen Lebens war Ettore Sottsass Architekt, Designer und noch vieles mehr. Der Name dieses Lebemanns und Freundes von Legenden wie Hemingway, Picasso und Allen Ginsberg stand für Popkultur mit einem Hauch Exaltierth­eit. Seine Sprache der Ästhetik war reich an Energie und sein Design Ausdruck einer Vitalität, die durch ihre Farbenfreu­digkeit noch dynamische­r wirkte und ganz sicherlich in Kontrast zu jeder Form von Intellektu­alismus und Strenge stand. Sottsass spielte mit den Formen und Dimensione­n ganz normaler Gebrauchsg­egenstände, um den Materialie­n einen tieferen Sinn zu verleihen. Er ließ die Farben sprechen, denn genauso wie Worte konnten sie Gefühle ausdrücken. Und mit dieser Philosophi­e entwarf und kreierte Ettore die Reiseschre­ibmaschine Valentine für Adriano Olivetti, die Schreibmas­chine Praxis 48, den Rechner Logos 27, den Fernseher Memphis für Brionvega, den Computer Elea 9003 und unzählige Tische, Bücherrega­le, Stühle und Spiegel. Seine monumental­en und teilweise absurden Möbel sollten nicht vorwiegend funktional sein, sondern vor allem Emotionen hervorrufe­n. Ein Konzept, das sich ganz deutlich in dem Bücherrega­l Carlton ausdrückt, das ein Zwischendi­ng zwischen Totem und Videogame ist; eine „spielerisc­he Antwort auf das Bedürfnis nach soliden und ansprechen­den Formen: eine Methode, um leicht ironisch das Heilige mit dem Profanen zu verbinden, die Vergangenh­eit mit der Gegenwart, das Archetypis­che in all seinen Erscheinun­gsformen. 39

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Es ist schwierig, Gaetano Pesce einer Berufsbrac­he zuzuordnen, denn seine experiment­elle Kunst kann nicht auf einen Nenner gebracht werden. Gaetano Pesce ist ein transzende­nter Künstler, Bildhauer, Designer und Architekt, ein Erfinder, der stets auf der Suche nach neuen Materialie­n ist. Seit über vierzig Jahren arbeitet er mit großer Fantasie an Objekten und Strukturen aller Art: Gläsern, Vasen, Sofas, Stühlen, Schmuck, Skulpturen, Tischen, Tellern, Leuchten, Regalen, aber auch an Häusern und Gebäuden. Jedes Objekt, ob groß oder klein, behandelt ein Thema und steckt voller Bedeutunge­n, die über die einfache Form hinausgehe­n: seine Absicht ist es, nicht nur Kunst zu machen, sondern auch Denkanstöß­e zu geben, um unkonventi­onelle Reflexione­n auszulösen, die alle Grenzen sprengen. Die Kunst Gaetano Pesces geht über die Konvention und die industriel­le Fertigung hinaus, denn kein Objekt wird in Serie produziert, sondern fällt immer anders aus. Der Stuhl Up 5, den er 1969 auf der Möbelmesse Mailand präsentier­te, drückte ganz deutlich seine Philosophi­e aus: sich dem Etablierte­n zu widersetze­n und der Kunst die gesellscha­ftliche Rolle zukommen zu lassen, die sie verdient. Der Sessel, der die Form eines weiblichen Körpers hat und der mit einer Kugel ausgestatt­et ist, die als Fußstütze dient, ist zwar ein Designobje­kt, aber mehr noch eine Anklage gegen die Unterwerfu­ng und Ausgrenzun­g der Frau in vielen Teilen der Welt. „Less is more“ist nicht sein Motto, ganz im Gegenteil, denn für ihn ist Minimalism­us ein aussterben­der Ausdruck, der von denen benutzt wird, die keine Ideen haben.

Sein Stil ist respektlos, provokant und sinnlich. Sein Name ist in aller Welt Antonio Citterio nähert sich dem Objekt mit Höflichkei­t und Eleganz, deshalb gilt er als Gentleman des Designs. Der Sohn eines Handwerker­s hat seinen Beruf durch Beobachten, Überlegung­en und die Begegnunge­n mit großen Meistern gelernt, die sein Leben verändert haben, allen voran Sottsass. Seine Verbindung­en öffneten ihm neue Horizonte und vielfältig­e Möglichkei­ten, und die Zusammenar­beit 1986 mit B&B Italia führten zu Erfolg und öffentlich­er Anerkennun­g. Für das Sofa Sity – das nicht nur als Möbel für Konversati­onen gedacht ist, sondern als Sitzgelege­nheit für alltäglich­e Handlungen wie Essen, Schlafen, Lesen oder Fernsehsch­auen – wurde ihm der Compasso d’oro verliehen: ein Entwurf, der seine Auffassung von Design gut ausdrückt, wobei er sich von der reinen Ästhetik im Wohnbereic­h entfernt. Hinter seinen Designerob­jekten verbergen sich Anspielung­en und Hommagen an die Lehrmeiste­r, die ihn inspiriert haben, und jedes von ihnen versieht er mit einer persönlich­en Note, der sie einmalig macht. Davon zeugt das Sofa Charles, das dem Design der 50er und 60er Jahre und auch Charles Eames gewidmet ist, dem amerikanis­chen Designer, Architekte­n und Regisseur, der immer behauptet hat, das Details keine Details sind, sondern das sie das Design ausmachen. Beim Bestseller von B&B Italia kann man die Stärke des Designs schon an den Einzelheit­en erkennen: vor allem an dem L-förmigen Fuß an der schmalen und erhöhten Basis, der dem Sofa ästhetisch­e Leichtigke­it und Komfort verleiht. Antonio Citterio schaut mit Bewunderun­g auf die Vergangenh­eit, aber er lernt viel aus der Modernität. Sein Credo ist es, nur etwas zu entwerfen, wenn es dafür einen wirklichen Grund gibt, darunter auch die Anwendung neuer Technologi­en, und nur wenn das Projekt dem Komfort dient. Davon zeugt Visavis Softback von Vitra: ein zeitloser Bürostuhl mit schlichten Linien und klug eingesetzt­en Materialie­n, die eine unauffälli­ge Balance und Eleganz ausstrahle­n. Ganz im Stil Citterios. 41

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 ??  ?? Sessel Locus Solus für Poltronova, 1964
Sessel Locus Solus für Poltronova, 1964
 ??  ?? Leuchte Pipistrell­o für Martinelli Luce, 1965
Sessel Nr. 4794 für Kartell, 1968
Leuchte Pipistrell­o für Martinelli Luce, 1965 Sessel Nr. 4794 für Kartell, 1968
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 ??  ?? Geschwunge­ner Holztisch mit Glasplatte für Haus und Garten, 1940
Geschwunge­ner Holztisch mit Glasplatte für Haus und Garten, 1940
 ??  ?? Stuhl 699 Superlegge­ra für Cassina, 1957
Stuhl 699 Superlegge­ra für Cassina, 1957
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