Der Stern von Forte dei Marmi
Unter seiner leicht ergrauten Haarpracht verbirgt sich eine regelrechte Ideenund Rezepte-schmiede. Sein stets lächelndes Gesicht strahlt das Bewusstsein aus, einen zwar sehr anstrengenden, aber außerordentlich schönen Beruf auszuüben, und vor allem das Privileg zu haben, an einem der vornehmsten Urlaubsorte Italiens zu arbeiten. Valentino Cassanelli erzählt von sich.
Wir befinden uns in Forte dei Marmi, im Herzen der Versilia, und zwar im Lux Lucis, dem Restaurant des Hotels Principe. Ein exklusives Restaurant für eine exklusive Klientel, ein Restaurant, das übrigens von Carlo Gracco eröffnet wurde und der einen seiner jüngsten und vielversprechendsten Lehrlinge hierherbrachte: den 1984 geborenen Valentino Cassanelli, der später die Leitung des Restaurants übernehmen sollte.
Hier wird Valentino 2012 Küchenchef und kann seine Erfahrungen einbringen, die er im Ausland (wie zum Beispiel in der Locanda Locatelli in London) und in Italien, vor allem im Restaurant Cracco, gesammelt hat. Erfahrungen, die, wie er uns erzählt, seine Küche und seine Person sehr beeinflusst haben und die ihm nach fünf Jahren „Regentschaft“einen Michelin-stern eingebracht haben.
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Valentino, du leitest das Restaurant eines Luxushotels. Wie wichtig ist ein exklusives Ambiente für den Erfolg eines Restaurants?
Jedes Detail ist wichtig für den Erfolg eines Restaurants und gehört zu den Erfahrungen, die die Gäste dort machen. Ein Ambiente wie das des Lux Lucis ist sicherlich eine große Bereicherung, da es durch seine einmalige Lage, die einen Blick auf die Apuanischen Alpen und gleichzeitig auf das Tyrrhenische Meer bietet, den Gast sofort in das Herz und in die Seele unseres Territoriums entführt. Das Ambiente des Lux Lucis ist einer der Gründe, weshalb ich besonders gerne im Principe in Forte dei Marmi arbeite.
Arbeitet man deiner Meinung nach in dem Restaurant eines Luxushotels anders als in einem „unabhängigen“Restaurant?
In beiden Fällen gibt es Vor- und Nachteile, positive und negative Seiten. Ein Hotel kommt nie zur Ruhe, über den Tag hinweg ist sehr viel mehr Service gefragt und es gibt natürlich viele verschiedene Angebote und Menüs. Wir haben drei Restaurants, Frühstücksservice, Events und Catering. Das könnte alles nachteilig wirken, aber wenn man das Ganze professionell, entschlossen und mit einem Blick auf die Zukunft managt, kann das von Vorteil und vor allem sehr befriedigend sein.
Woher nimmst du deine Inspirationen zu neuen Gerichten oder neuen Menüs?
Jedes einzelne meiner Gerichte folgt einer anderen Inspiration, aber wenn ich meinen kreativen Prozess beschreiben sollte, würde ich sagen, dass bei jedem meiner Gerichte der Wunsch besteht, über den Gaumen Emotionen auszulösen, die aus Geschmack, Aromen, Konsistenzen, Territorium, fremden Einflüssen, Gefühlen, Kulturen, Traditionen und Techniken bestehen. Aus diesem Grund definiere ich meine Arbeitsweise gerne als „freien Ausdruck der italienischen Küche“.
Du arbeitest in einem ausgesprochenen Touristengebiet. Welche Art von Kundschaft besucht dein Restaurant?
Das Schöne an der Klientel des Lux Lucis liegt in der großen Bandbreite, die man häufig in gehobenen Restaurants findet: Menschen, die mit Leidenschaft um die ganze Welt reisen, um sich der Haute Cuisine und der Lebensfreude hinzugeben, Neugierige, die sich für Kultur interessieren, egozentrische Trendsetter, Einheimische und Fremde. Das, was alle miteinander verbindet, ist sicherlich der Wunsch, Neues zu entdecken, sich wohl zu fühlen, Erfahrungen zu sammeln und das Essen zu genießen.
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Der Erfolg eines Küchenchefs und eines Restaurants im Allgemeinen hängt auch von gutem Teamwork und der perfekten Zusammenarbeit von Service und Küche ab. Welche Eigenschaften müssen deine Mitarbeiter mitbringen?
Im Lux Lucis sind wir wie eine große Familie. Die Fähigkeit, gut in einem Team zu arbeiten, ist eine grundsätzliche Voraussetzung: wir arbeiten gemeinsam an den Gerichten und nur diese Zusammenarbeit führt dazu, und nur diese Zusammenarbeit führt dazu ,dass wir uns deren Gästen einen ganz besonderen Restaurantbesuch bieten können. Ich erwarte von meinen Mitarbeitern Leidenschaft, Neugier, Aufgeschlossenheit, Herzlichkeit, Entschlossenheit, Seriosität und Disziplin.
Was hat sich für dich und das Restaurant nach dem Michelin-stern geändert? Es war eine große Ehre, den Michelin-stern zu bekommen. Das beweist, dass wir die richtige Richtung eingeschlagen haben, aber der Weg ist noch weit. Meine Philosophie und meine Arbeitsweise haben sich nicht geändert. Mein Team und ich werden jeden Tag weiter hart arbeiten, um neue Methoden zu finden, unsere Geschichte zu erzählen.
Wieweit beeinflussen solche Anerkennungen den Erfolg eines Restaurants?
Sie sind sicherlich sehr wichtig, um die Arbeitsmoral des Teams hochzuhalten und sich der eigenen Welt und des eigenen Stils bewusst zu werden, aber man muss stets mit Hingabe, Konzentration und Bescheidenheit arbeiten, um voranzukommen. Der Kunde ist der Maßstab für das, was wir machen, aber sicherlich nimmt der Bekanntheitsgrad zu und so auch die allgemeinen Erwartungen.
Du hattest Lehrmeister wie Locatelli und Cracco. Was haben sie dir beigebracht und wieweit haben sie deinen Kochstil beeinflusst? Noch heute, nach so vielen Jahren, sind sie für mich die Giganten der heutigen Kochkunst, auch wenn sie inzwischen mehr Freunde als Lehrer sind. Jeder, mit dem ich gearbeitet habe oder im Moment arbeite, hat mir etwas vermittelt. Von Locatelli habe ich gelernt, mich auf die Grundzutaten zu konzentrieren und in der Küche zu arbeiten; Cracco hat mir beigebracht, was Disziplin und Fantasie beim Kochen bedeuten und wie man als Küchenchef arbeiten muss. Der Mensch und der Koch verschmelzen miteinander, das ist ein Lebensstil.
Wie wird der Kochstil in den nächsten zehn Jahren aussehen?
Das wird sich noch herausstellen. Die Kunden werden immer anspruchsvoller und wir auch. Die jungen italienischen Köche sind fit und haben alle einen eigenen Stil, die italienische Küche zu interpretieren, und das lässt mich hoffen. Das allgemeine Kulturgut muss in gute Hände gelegt werden. 63
„Wenn ich meinen kreativen Prozess beschreiben sollte, würde ich sagen, dass bei jedem meiner Gerichte der Wunsch besteht, über den Gaumen Emotionen auszulösen, die aus Geschmack, Aromen, Konsistenzen, Territorium, fremden Einflüssen, Gefühlen, Kulturen, Traditionen und Techniken bestehen“.