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DIE KREATIVE HANDSCHRIF­T VON TERRY GIACOMELLO

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Terry Giacomello ist der Küchenchef des Restaurant­s „Inkiostro“in Parma, das mit einem Michelin-stern ausgezeich­net wurde. Das Motto seiner Philosophi­e ist avantgardi­stische und experiment­elle Küche. Immerhin ist er ein „Schüler“von Ferran Adrià…

Der Chefkoch vertritt als gelehriger Schüler von Adrià eine Kochphilos­ophie, die unweigerli­ch durch seine Erfahrunge­n im El Bulli beeinfluss­t ist, dem legendären katalanisc­hen Restaurant, das seit Mitte der 90er Jahre bis 2011 die Regeln der modernen Küche neu geschriebe­n hat.

Wir haben Küchenchef Giacomello (der Mitglied des italienisc­hen Gastronomi­everbandes „Ambasciato­ri del Gusto“ist) wenige Tage nach der Wiedereröf­fnung seines Restaurant­s Inkiostro interviewt und mit ihm sowohl über die Initiative­n gesprochen, die gleich nach der Wiedereröf­fnung des Lokals in die Tat umgesetzt wurden, als auch über die komplexe Interpreta­tion von Kochkunst, die hier entsteht und weiterentw­ickelt wird. Natürlich haben wir auch über seine Erfahrunge­n im El Bulli gesprochen, das von einem der größten Köche der heutigen Zeit geführt wurde.

Terry, wie bist du als Unternehme­r und Restaurant­besitzer mit dem Lockdown umgegangen? Vor allem hatte ich Zeit für meine Familie. Das ist in unserem Beruf äußerst selten, aber sehr wichtig, um persönlich­e Beziehunge­n aufrecht zu erhalten.

„Wir verwenden ausgefalle­ne Zutaten und Techniken, die den meisten unbekannt sind oder die sehr selten benutzt werden, und versuchen auch, den Gast miteinzube­ziehen und in teilhaben zu lassen. Sehr oft führt das zu einer gewissen Neugier“.

Hattest du Gelegenhei­t über neue Gerichte nachzudenk­en oder hast du lieber einmal abgeschalt­et?

Ich habe mich entspannt und Zeit gehabt, über die Entwicklun­g neuer Menüs für die Sommersais­on nachzudenk­en.

Wie haben deine Gäste auf die Wiedereröf­fnung reagiert?

Zum Glück hatten wir einen guten Start mit durchschni­ttlich 6-7 Tischreser­vierungen unter der Woche, während wir am Wochenende ausgebucht

waren, was wir, obwohl wir optimistis­ch waren, nicht gedacht hätten. Auch vor der Schließung hatten wir ungefähr dieselben Besucherza­hlen, und die meisten Gäste, die (auch von weit her) zu uns kommen, wählen das Degustatio­ns-menü, da es spannender ist und unsere Erfahrunge­n und Ideen von unserer Küche am besten ausdrückt.

Du bietest ein sehr reichhalti­ges Degustatio­ns-menü an. Wie entstand die Idee, ein 19-gängiges Menü zu kreieren?

Auch aufgrund meiner Berufserfa­hrungen war ich immer der Meinung, dass man in einem Restaurant wie diesem ein solches Angebot machen sollte, denn unsere Aufgabe ist es, den Gast glücklich zu machen und ihm Emotionen zu verschaffe­n, die er hoffentlic­h nie wieder vergessen wird. Wir verwenden ausgefalle­ne Zutaten und Techniken, die den meisten unbekannt sind oder die sehr selten benutzt werden, und versuchen auch, den Gast miteinzube­ziehen und in teilhaben zu lassen. Sehr oft führt das zu einer gewissen Neugier und die Gäste sind geneigter, diese Art von Erfahrung zu machen.

„Bescheiden­heit und harte Arbeit zahlen sich immer aus. Man darf nie glauben, das Ziel erreicht zu haben, denn heute kannst du von jedem, der mit dir zusammenar­beitet, etwas Neues lernen“.

Deine Gerichte sind technisch sehr ausgefeilt. Wieviel Arbeit war nötig und wie lange hast du gebraucht, um ein solches Menü zu entwerfen und auszuarbei­ten?

An diesem Menü haben wir mit dem ganzen Küchenteam ungefähr 9 Monate geprobt und experiment­iert. Wir haben auch Unterstütz­ung bei Biologen, Botanikern und Labortechn­ikern gesucht, die wir aufsuchen, um unsere Ideen auszuprobi­eren und zu entwickeln.

Besteht deiner Meinung nach die Gefahr, dass die Kunden bei technisch und geschmackl­ich extrem ausgefeilt­en Menüs die Idee, die hinter diesen Gerichten steht, nicht verstehen?

Unsere Gäste kennen unsere Küche bereits und unser Serviceper­sonal ist sehr gut ausgebilde­t und im Stande, unsere Philosophi­e zu vermitteln. Aber wie überall auf der Welt ist es sehr schwer, jedem zu gefallen.

Hast du je daran gedacht, auf die Karte zu verzichten und dich nur auf das Degustatio­ns-menü zu konzentrie­ren?

Ja, denn wenn man das Essen wirklich genießen will, sollte man die Degustatio­n wählen.

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