Report Auswandern mit 78
Nach dem Tod ihres Mannes beschloss Gisela, ein ganz neues Leben zu beginnen – und wurde für ihren Mut belohnt
Für manche wäre es schon aufregend, mit fast 80 Jahren einen Urlaub in Amerika zu machen. Aber dort hinziehen? Nach einem Leben in Deutschland? Andere würden ablehnen. Doch nicht Gisela BartensteinEschner. Kurzerhand ließ sie Möbel in einen Schiffscontainer verladen, füllte stapelweise Formulare für die Einwanderungsbehörden aus und flog 8000 Kilometer zu ihrem neuen Zuhause.
Dabei hatte sich die 78-Jährige im bayerischen Niederwerrn wohl gefühlt. Gemeinsam mit ihrem Mann Siegfried hatte sie sich dort schön eingerichtet, Tochter Sandra großgezogen und sich als Heimatautorin und Ehrenamtlerin viele Freunde gemacht. Doch dann, nach 51 Ehejahren, verstarb ihr Siegfried und riss ein Loch in dieses Leben – der Alltag ohne ihn, das große Haus, alles wurde Gisela zu viel. Sie wollte weg – aber wohin?
Der Tod riss ein tiefes Loch in ihr Leben
Ihre Tochter Sandra brachte als Erste die Auswanderung auf den Tisch. Die 47-jährige Medizin-Informatikerin lebt seit 20 Jahren in den USA. Als sie ihrer Mutter anbot, zu ihr zu ziehen, in einen idyllischen Vorort von Seattle an der Ostküste, war Gisela erst unsicher. Doch sie fand auch: „Heimat ist, wo Sandra ist“und wagte den großen Schritt. „Hier will ich mein Leben verbringen“, sagt Gisela und schwärmt von der Stille, dem Duft der Zedernholzwälder und davon, dass sie im Garten Kolibris beobachten kann. Sicher, ihre Tochter macht es Gisela leicht, sich zurecht zu finden. Doch die Rentnerin kommt auch allein klar. „Ich kann mich mit meinem Schulenglisch verständigen“, erzählt sie. Mittlerweile verstehe sie auch, wie die Amerikaner ticken und hat die Lebensweise schätzen gelernt.
„Hier gibt es Toleranz und Wertschätzung.“
Heimweh verspüre sie gar nicht. „Es sind nur Kleinigkeiten, die mir fehlen“, sagt sie und schmunzelt: „Hausmacher Dosenwurst zum Beispiel.“Ansonsten lautet ihr Fazit: „Wenn alles passt, traut euch mal was Neues! Überall auf der Welt gibt’s gute Menschen.“