Kann Horst (65) Martina (64) helfen, ihre Krankheit endlich zu besiegen?
Schon ihr ganzes Leben leidet Martina (64) an unerklärlichen Magen-Darm-Beschwerden. Doch als ihr Mann verstirbt, nimmt die Situation eine unerwartete Wendung
Bitte versuch's noch mal bei einem anderen Arzt. Ich will dich nicht auch noch verlieren!“Die eindringlichen Worte ihres Mannes Horst (65) gehen Martina nicht aus dem Kopf. Jahre zuvor hatte er seine erste Frau an Magenkrebs verloren. Ihre Symptome waren die gleichen gewesen, an denen auch Martina leidet: Magenkrämpfe, Schmerzen und Verdauungsprobleme nach jedem Essen. Die Ärzte machen regelmäßig Darmspiegelungen, finden nichts, vermuten Magen-Darm-Infekte. Nichts hilft. Jeden Tag nimmt Martina starke Magentabletten. Seit ihrem 22. Lebensjahr quälen sie die Schmerzen schon und werden so über die Jahre zu einem ungeliebten ständigen Begleiter.
Sie sind da, als Martina nach dem Abitur in einer Kosmetik-Schule lernt. Als sie später im Kosmetik-Vertrieb arbeitet und schließlich Luxus-Modehäuser führt. Sie begleiten sie auch, als sie ihren ersten Mann kennenlernt, ihn heiratet – und als sie ihn verliert …
Der Tod ihres Mannes verändert alles
2005 erkrankt Martinas damaliger Ehemann an Krebs. Zwei Jahre lang pflegt sie ihn. Er konnte weder essen noch sprechen. Viele Freunde wenden sich in der Zeit von ihnen ab. Als ihr Mann 2007 stirbt, bricht für Martina eine Welt zusammen. In einem Internetportal für Witwen und Witwer findet sie Trost. „Freunde und Verwandte wollen deine Trauer ja irgendwann nicht mehr hören. Aber in dem Portal wussten alle, wie ich mich fühlte. Weil sie ein ähnliches Schicksal erlitten haben.“Ein Nutzer sticht ihr 2008 besonders ins Auge: Horst. „Er hatte einen Text geschrieben, der mich zu Tränen gerührt hat. Weil es genau das war, was auch ich erlebt hatte“, erinnert sich Martina. Sie telefonieren. Ein paar Tage später treffen sich die beiden. „Ich hätte es nicht für möglich gehalten … Aber ich habe mich auf den ersten Blick direkt in Horst verliebt.“
Nur zwei Wochen später gibt Martina ihr Leben in Baden-Baden auf und zieht zu Horst nach Frankfurt. „In meinen alten Job in einem Luxus-Modegeschäft konnte ich nach dem Tod meines Mannes einfach nicht zurückkehren. Wenn du einen sterbenden Menschen zu Hause hast, fällt es dir schwer zu verstehen, wenn eine Kundin zwei, drei Kilo zunimmt und das als ‚Weltuntergang` betrachtet.“Mit Horst hat Martina noch einmal das große Glück gefunden – doch die Magenbeschwerden bleiben. Und so geht sie Horst zuliebe zu weiteren Ärzten. Zum Glück hat sie auf ihn gehört. Nach über 30 Jahren wird endlich der Grund für ihr Leiden gefunden: Neben einer LaktoseIntoleranz leidet Martina auch an einer GlutenUnverträglichkeit.
Endlich weiß sie, woher die Schmerzen kommen
Der sogenannte Klebereiweiß ist vor allem in Getreidearten wie Weizen, Gerste oder Dinkel enthalten und kann bei Menschen mit einer Unverträglichkeit zu schweren Magen- und Darmbeschwerden führen. „Plötzlich musste ich auf alles verzichten, was ich gern esse: Pasta und vor allem leckeres Brot!“
Es funktioniert, die Beschwerden verschwinden. Die glutenfreien Ersatz-Produkte aber schmecken ihr nicht. Also macht sie sich daran, ihr eigenes Brot zu backen. Martina testet, experimentiert und kreiert eigene Rezepte. Der Anspruch: Das Brot soll so lecker sein, dass es auch Menschen ohne Gluten-Intoleranz schmeckt. Und das tut es. Martinas Brote kommen so gut an, dass sie sie zunächst in verschiedenen Läden anbietet und Ende 2019 sogar ihren eigenen Laden in der Leipziger Innenstadt eröffnet (www. brotgefuehle.de), wo sie seit ein paar Jahren mit Horst lebt. Hier gibt es nicht nur leckere Brote, sondern auch Brötchen, Eis, Gebäck und Kekse – alles zertifiziert gluten- und laktosefrei, vegan und bio – und dennoch voller Geschmack. Martina ist dankbar, dass Horst so überzeugend war. Und glücklich, dass sie die Kraft hatte, ihr Leben ganz neu aufzubauen. „Mein Bauch hat mir gesagt, was ich tun soll. In jeder Beziehung.“