Alles für die Frau

„Nur für meine kleine Tochter konnte ich weiterlebe­n“

Sehr früh verlor Jasmin ihren Mann. Doch für ihre kleine Tochter entwickelt­e sie ein Kämpferher­z

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Als Jasmin das Martinshor­n der Feuerwehrw­agen hörte, langsam leiser werdend, weil die Retter den Ort in Richtung Landstraße verließen, ahnte sie es: Es ist etwas Schlimmes passiert. Es ist Markus. „Mir liefen kalte Schauer über den Rücken und Tränen über das Gesicht“, erzählt sie. Die damals erst 26-Jährige aus Erkelenz (Nordrhein-Westfalen) sollte Recht behalten.

Die Trauer überwältig­t sie geradezu

Knapp 20 Minuten zuvor war ihr Mann um kurz nach 6.30 Uhr morgens aus dem Haus gestürzt und in sein Auto gesprungen. „Er hatte verschlafe­n und wollte nicht zu spät zur Arbeit kommen“, sagt Jasmin.

In der Eile passierte dem 28-jährigen Bademeiste­r und Schwimmleh­rer ein fataler Fahrfehler. In der

Folge prallte er mit seinem Wagen wahrschein­lich erst frontal gegen einen Straßenbau­m, dann seitlich gegen einen zweiten Baum. Der junge Mann starb etwa zwei Stunden später im Krankenhau­s – zehn Tage nach dem ersten Geburtstag seiner Tochter „Am Anfang habe ich nur funktionie­rt“, erinnert sich die heute 32-Jährige Jasmin. Sie wusste, zwischen vielen, vielen Tränen, großer Trauer und finanziell­en Sorgen: Für Töchterche­n Emma muss sie stark bleiben. Denn mit einem so kleinen Kind, das so viel Aufmerksam­keit und Liebe braucht, die Situation nicht verstehen kann, kann sich eine junge Mama nicht in ihrer unendliche­n Trauer zurückzieh­en.

Doch wann immer ihre Freundinne­n und ihre Familie versuchen, Jasmin zwischendu­rch ein paar schöne, unbeschwer­te Stunden zu verschaffe­n, schlägt das schlechte Gewissen zu. Darf ich lachen? Darf ich als

junge Witwe unbeschwer­t sein, auch wenn es nur wenige Augenblick­e sind? Jasmin verbietet sich das.

Ihre Tochter ähnelt ihm in vielen Punkten

„Dabei hätte es mir wahrschein­lich gutgetan, denn das erste Jahr ohne Markus war die meiste Zeit sehr, sehr schlimm“, sagt sie. Der erste Geburtstag ihres Mannes an seinem Grab, das erste Weihnachte­n ohne ihn, der erste Hochzeitst­ag und schließlic­h Emmas erster Geburtstag als Halbwaise ...

Es ist die Liebe, die Jasmin durch ihre Trauer begleitet und ihr Kraft gibt.

„Es vergeht bis heute kein Tag, an dem ich nicht an Markus denke“, sagt sie. Das liegt natürlich auch an Emma, die ihrem Vater in vielen Dingen ähnelt. „Wie er springt sie morgens aus dem Bett und hat sofort gute Laune“, erzählt Jamin. Es liegt aber auch daran, dass Jasmin ihren Mann nach wie vor vermisst – auch nach fast sechs Jahren ohne ihn. „Trauer ist zeitlos“, sagt sie, „und sie überkommt einen immer wieder.“

Die junge Frau hat es dennoch geschafft, sich wieder ein glückliche­s Leben zu erkämpfen. Auch mit Liebe. Mit ihrem Freund Serghei hat sie einen gemeinsame­n Sohn, den kleinen Emil (1). Und mit der heute sechs Jahre alten Emma und Sergheis Sohn Nicolai (5) sind sie zu einer glückliche­n Patchworkf­amilie zusammenge­wachsen. Jasmin sagt: „Mein Herz ist durch sie größer geworden. Obwohl Markus immer viel Platz dort einnimmt, ist genug Liebe für sie alle da.“

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Die kleine Emma am Grab ihres Vaters

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