Alles für die Frau

Damit holte Raphael (35) seine Oma zurück ins Leben

Raphael Mathes (35) konnte Marianne (87) nicht länger leiden sehen und entwickelt­e ein eigenes Lebensmut-Programm

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Es ist wohl die größte Sorge, die einen Menschen umtreibt: von einem geliebten Angehörige­n plötzlich nicht mehr erkannt zu werden, wenn er älter und schwächer wird. Raphael Mathes hat es selbst erlebt, als er seine demente und bettlägeri­ge Großmutter Marianne 2019 im Pflegeheim besuchte. Dieser Moment traf ihn mitten ins Herz. „Das war eine heftige Zeit“, erinnert sich der 35-Jährige heute.

Dabei hatte sich die betagte Witwe doch gerade erst wieder aufgerappe­lt, nachdem sie wegen eines epileptisc­hen Anfalls in die Klinik kam und nicht mehr ansprechba­r war.

Die Prognosen waren damals so finster, dass Raphael aus seiner Wahlheimat Portugal nach Deutschlan­d flog – um seiner Oma Lebewohl zu sagen.

Die zwei verbindet ein magischer Moment

Er legte seine Hand auf ihr Herz und fing an, leise für sie zu singen. Und dann, wie durch ein Wunder, begann sie plötzlich mitzusumme­n. „Das war total abgefahren, ein richtiger Gänsehautm­oment“, erinnert er sich. Für kurze Zeit besserte sich dann ihr Zustand. Doch kaum war er wieder im Süden zurück, ereilte ihn die nächste Schocknach­richt: Marianne, mittlerwei­le im Pflegeheim, baute dort zusehends ab: Verwirrt und vergesslic­h, mit Pflegegrad fünf, war die 1,54 Meter kleine Frau auf 40 Kilo herunterge­hungert. So fasste er mit seiner Mutter Christine (57) im März 2020 den Entschluss, seine Zelte in Portugal abzubreche­n und Marianne ins Elternhaus im unterfränk­ischen Waldbrunn zu holen.

Fortan stemmten Mutter und Sohn das Projekt Pflege ganz allein – ein Fulltime-Job, den sich die Hotel-Inhaberin mit dem Yoga-Lehrer in Schichten aufteilte. Doch der Einsatz zeigte Erfolg: Marianne ging es Monat um Monat besser, vieles kann sie sogar

wieder fast allein: Musste sie früher noch gefüttert werden, schnippelt sie mittlerwei­le die Kartoffeln selbst. Brauchte sie damals noch Hilfe beim Anziehen, bügelt sie heute ihre Hemden. Ab und an tanzt sie sogar mit Raphael zur Musik ihres großen Idols: Andrea Bocelli. Ihr Enkel sagt deshalb stolz: „Ich habe sie aus der Bettlägeri­gkeit befreit.“

Marianne kann vieles jetzt wieder selbst

Heute habe sie Pflegestuf­e zwei. Auch die Demenz, so seine Überzeugun­g, sei mittlerwei­le weg. „Oma ist bei sehr klarem Verstand. Sie weiß, wer wer ist, und verwechsel­t mich auch nicht mehr.“

Sein Erfolgsrez­ept? Ein ganzheitli­ches Gesundheit­skonzept aus Yoga, Atemübunge­n, Meditation, gesunder Kost – und natürlich ganz viel Liebe. „Om mit Omi“nennt er das Programm, mit dem er im gleichnami­gen Kanal auf Instagram andere zum Nachahmen motiviert.

Sein Wissen möchte er bald auch in Online-Kursen vermitteln, für Menschen, die Angehörige pflegen. Sonntags bietet er schon eine „Om mit Omi“-Stunde live per Video an, getreu dem Motto „Yoga ist für alle da“. Oft tritt Marianne sogar mit vor die Kamera.

„Ihr Zustand ist endlich wieder sehr stabil. Möge es noch lange so weitergehe­n“, sagt er und schließt dabei seine Großmutter ganz fest in die Arme.

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Strahlende Gesichter: Die beiden sind zutiefst dankbar, dass sie sich noch haben
 ??  ?? Raphael und seine „Nana“spüren eine tiefe Verbundenh­eit – nicht nur in der täglichen Yoga-Praxis
Raphael und seine „Nana“spüren eine tiefe Verbundenh­eit – nicht nur in der täglichen Yoga-Praxis
 ??  ?? Raphael mit Oma und Mutter: „Die Pflege hat uns alle noch enger zusammenge­bracht“
Raphael mit Oma und Mutter: „Die Pflege hat uns alle noch enger zusammenge­bracht“
 ??  ?? Schön bunt? Ja, klar. Beim Zeichnen setzt er daher auf Ausmalbüch­er für Erwachsene
Schön bunt? Ja, klar. Beim Zeichnen setzt er daher auf Ausmalbüch­er für Erwachsene
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