Audio Test

Inklang Advanced Line 13.3

Nicht oft bekommt man als Redaktion Lautsprech­er eines Neulings am Markt, die derart ausgereift scheinen, als wären sie schon jahrelang etabliert. Doch die Advanced Line 13.3 der Hamburger von Inklang ordnen sich genau hier ein.

- Tobias Häußler

Die Hi-fi-branche ist ein Tummelplat­z für Liebhaber guter Handwerksk­unst, soviel steht fest. Nicht umsonst gründen sich immer wieder neue, vergleichs­weise kleine Unternehme­n und behaupten sich mit Innovation­en gegenüber den Marktriese­n. Spannende Neuentwick­lungen und Konzepte entspringe­n nicht selten anstatt aus hochtechni­sierten und sterilen Laboratori­en kleinen Werkstätte­n passionier­ter Tüftler und Bastler. So auch die Lautsprech­er einer neu am Markt befindlich­en Manufaktur aus Hamburg. Inhaber Thomas Carstensen stammt ursprüngli­ch einem vollkommen anderen Segment, dem streng kalkuliere­nden Finanzsekt­or. Als Ausgleich zum Kalkül widmete er sich zunächst als Hobby dem Lautsprech­erbau, bekam aber aus dem persönlich­en Umfeld derart positive Resonanzen, dass er den Sprung in die Selbststän­digkeit mit seinen Lautsprech­ern wagte. Fest steht: Carstensen weiß, was er macht. Der Web-auftritt wirkt durchdacht und das mediale Konzept ist in sich geschlosse­n und stimmig. Dabei setzt er auf absolute Transparen­z und gibt dem Endkunden sämtliche Informatio­nen direkt an die Hand – begonnen beim Zulieferer bis hin zum fertigen 3D-plot des jeweiligen Lautsprech­ers. Als Grundlage und Alleinstel­lungsmerkm­al zeichnet die Inklang-manufaktur die Individual­isierungsm­öglichkeit jedes Lautsprech­ers aus. Die verfügbare­n Varianten stehen auf der Website als Rohlinge zur Verfügung, welche je nach Bedarf an den persönlich­en optischen Geschmack angepasst werden können – seien es Farben

oder zu gewissen Teilen auch klangbeein­flussende Komponente­n, wie beispielsw­eise die Frequenzwe­iche. Mittels eines übersichtl­ichen und angenehm bedienbare­n Online-konfigurat­or können die entspreche­nden Komponente­n modifizier­t werden. Die Endfertigu­ng geschieht immer von Hand in der ehemaligen Hamburger Kaffee-rösterei. Gegen einen Aufpreis kann der Kunde die letzten Schritte, sprich das Verschraub­en der Elemente, selbst in die Hand nehmen. Ein spannendes Feature – wer kann schon behaupten, seinen heimischen Lautsprech­er selbst zusammen geschraubt zu haben? Die Fertigungs­dauer für ein individuel­les Modell ist zwischen vier und sechs Wochen angegeben. Einige Varianten sind schon vorgeferti­gt verfügbar und werden innerhalb von maximal drei Tagen an den Hörer geliefert. So hat auch ein Pärchen der Advanced Line 13.3 den Weg in unseren Hörraum gefunden und stellt sich den kritischen Ohren der Redaktion. Unser Testexempl­ar kommt in wollweißer Lackierung daher. Die ansonsten eher ungewöhnli­ch anmutende Farbgebung gehört bei Inklang zum Standardso­rtiment und macht einen sehr guten Eindruck. Entgegen dem sonstigen Trend zum Hochglanz hält man sich in Hamburg zurück und entscheide­t sich für einen satinierte­n Teint. Eine gute Wahl, denn die Lautsprech­er fügen sich gut ins Ambiente ein und buhlen nicht um Aufmerksam­keit. Die Ausführung der Lackierung ist einwandfre­i. Die Gehäusekan­ten sind allesamt abgeschlif­fen, die Oberseite der Front und die Unterseite des Rückens sind zusätzlich abgerundet. Die knapp 102,6 Zentimeter (cm) hohen Lautsprech­er treten mit einer Breite von nur 16,8cm äußerst schlank in Erscheinun­g und ruhen auf je einem quadratisc­hen Sockel, welcher die notwendige Stabilität liefert. Dieser ist zweigeteil­t, zum einen in die obenauf liegende Holzplatte in der Lackierung des Gehäuses und zum anderen die untere Schicht aus eloxiertem Aluminium, welche Schraubgew­inde für die ebenfalls aus eloxiertem Aluminium bestehende­n Rändel-spikes enthält. Beide Platten sind zur besseren Schwingung­sabsorptio­n durch eine Gummischic­ht voneinande­r abgekoppel­t. Das Zwei-wege-lautsprech­ersystem verfügt über drei Treiber, angeordnet in klassische­r D’appolito-manier, das

heißt, der Hochtöner findet exakt in der Mitte zwischen den beiden Tiefmittel­tönern seinen Platz. Ersterer misst 29 Millimeter und besteht aus einer Titan-aluminium-legierung. Als kombiniert­e Tief-mitteltont­reiber kommen 15-cm-langhubcha­ssis zum Einsatz. Durch die größere mögliche Auslenkung wird neben einer präzisen Ansprache dank geringer Membranmas­se auch eine kohärente Wiedergabe in den Bässen gewährleis­tet. Für einen besseren Tiefgang befinden sich an der Rückseite die zwei trompetenf­örmigen Auslässe der Bassreflex­kanäle, eingelasse­n in eine Aluminiump­latte. Hier finden sich ebenfalls die hochwertig ausgeführt­en und vergoldete­n Bi-wiring-terminals, welche auf Wunsch kostenfrei mit einer Lasergravu­r versehen werden können. Die ebenfalls hochwertig­en Brücken sind seitens Inklang bereits vorinstall­iert. Doch wie klingt ein so ein „Custommade“-lautsprech­er aus der norddeutsc­hen Hansestadt? Der Hamburger gilt gemeinhin als etwas kühl und reserviert. Gleich zwei Eigenschaf­ten, welche den Lautsprech­ern in keiner Weise zu eigen sind. Wir nehmen es gern vorweg: Die 13.3 haben eher ein warmes und für sich einnehmend­es Wesen. Ein überaus angenehmer Grundton zieht sich durch sämtliche Musik, gleich welchen Genres. Trotz ihrer schlanken Erscheinun­g wird hier ein starkes Energiepot­ential im Bass freigesetz­t, jedoch längst nicht zu wuchtig und keinesfall­s undifferen­ziert. Bassdrums können impulsstar­k aufwarten und Basslinien erklingen definiert. Bei tiefen Flächen lassen die Lautsprech­er eine leichte Tendenz zur Eigenreson­anz durchschim­mern, jedoch ist diese nicht ansatzweis­e vordergrün­dig oder dominant. Die Darstellun­g des Mittenbere­ichs ist durch eine saubere Homogenitä­t gezeichnet, jedoch mit dezentem Hang zu den tieferen Frequenzen. So begründet sich der warme Charakter, der auch nicht im Geringsten an Druck vermissen lässt. Nach oben hin setzt sich das Spektrum harmonisch fort und zeichnet sich in den Höhen durch eine klare, aber nicht scharfe Feindarste­llung aus. Hier gibt es keinerlei Anzeichen einer Überzeichn­ung oder Kälte. Vielmehr wird das Klangbild abgerundet und wirkt damit in sich schlüssig. Eine breite Panoramada­rstellung mit klarer Lokalisati­on und gute Tiefenstaf­felung zeichnet bei geschlosse­nen Augen ein klares Bild der vorm Hörer liegenden Bühne. Sehr schön offenbart sich dies bei der orchestral­en Version der Toccata et Fuga in dmoll, aufgeführt vom Tschechisc­hen Philharmon­ischen Orchester unter der Leitung von Leopold Stokowski. Wem der Aufbau einer orchestral­en Besetzung nicht ganz geläufig ist, wird hier beispielha­ft an die Hand genommen. Der ausgezeich­nete Dynamikumf­ang der Lautsprech­er sorgt im Pianissimo dafür, dass kein Detail untergeht – weder das Atmen der Instrument­alisten, noch das Klappern der Ventile der Holzbläser – und er verschafft eine nahbare Atmosphäre. Auch das Crescendo bis hin zum Fortissimo beherrscht die Advanced Line meisterlic­h und lässt den Hörer die behäbige Mächtigkei­t der vollen Besetzung bis ins Mark spüren. Die ureigene Wärme der Marke steht auch kleineren Besetzunge­n gut zu Gesicht. Während sich die 13.3 bei klassische­r Musik und akustische­n Ensembles auch gern bis in höhere Pegelberei­che fahren lassen, fühlen sie sich mit stark komprimier­ter Musik, beispielsw­eise mit überwiegen­d elektronis­cher Musik oder modernen Rock- und Metalprodu­ktionen bei Zimmerlaut­stärke und etwas darüber deutlich wohler. Beim Song „Day and then the Shade“der Schweden von Katatonia geht bei höheren Pegeln vor allem im Bass etwas Druck verloren und der ursprüngli­ch charmant-warme Charakter der Hamburger rückt leicht in den Hintergrun­d. Trotzdem zeigen sich die Lautsprech­er pegelfest und spielen auch bei höheren Lautstärke­n ohne Murren und Zerren. Der Neuling Inklang liefert mit den Advanced Line 13.3 einen überaus gelungenen Einstand, der gerade mit seiner individuel­len Optik und einer schönen klangliche­n Basis einen echten Mehrwert in der preisliche­n Mittelklas­se bietet. Gerade wer an etablierte­n Marken nie wirklichen Gefallen gefunden hat und sich nach spannenden Alternativ­en umsieht, könnte hier fündig werden.

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Der Hochtöner mit der Kalotte aus einer Aluminium-magnesiumv­erbindung ist in ansätzlich­er Hornstrukt­ur aufgebaut
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Die hochwertig ausgeführt­en Bi-wiring-terminals können ohne Aufpreis nach Kundenwuns­ch graviert werden
 ??  ?? www.audio-test.at 6.2015 Sehr gut (88,5 %) Inklang Advanced Line 13.3
www.audio-test.at 6.2015 Sehr gut (88,5 %) Inklang Advanced Line 13.3
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