Audio Test

Nubert nuvero 140

Die nuvero 140 – selten werden für einen Lautsprech­er so viele Superlativ­e von Fans der Marke aber auch von der Presse gebraucht. Ob die 3½-Wege-lautsprech­er den Hype verdient haben? Wir haben uns ein eigenes Bild gemacht.

- Thomas Kirsche

Fast immer beginnen unsere Lautsprech­ertests mit einer Einleitung, in der wir den Hersteller näher vorstellen oder auf seine Geschichte und besondere Produkte eingehen. Da aber Nubert ein gern gesehener Gast in unseren Ausgaben ist, verzichten wir diesmal darauf den Lautsprech­erbauer vorzustell­en. Stattdesse­n gehen wir auf ein nettes Gimmick ein, was die Schwäbisch Gmünder im Internet bereitstel­len und was gerade bei den nuvero 140 sehr hilfreich sein kann.

Augmented Reality

Eins ist Fakt, Lautsprech­er sind nicht nur etwas fürs Ohr, sondern auch etwas fürs Auge. Gerade Standlauts­precher bestimmen zum Großteil das Aussehen eines Raumes. Aber sich vorzustell­en, wie die Boxen im Zimmer aussehen, ist schwierig. Nubert hilft hierbei mit einer Augmented Reality App. Augmented Reality ist nichts weiter, als eine durch computerge­nerierte Objekte erweiterte Realität. Die „nureality“genannte App installier­en wir auf einem Smartphone oder Tablet. Es gibt sie für IOS und Android. Anschließe­nd wird ein A4-blatt mit einer speziellen Grafik ausgedruck­t und an die Stelle gelegt, die der Nubert-lautsprech­er einnehmen soll. Jetzt müssen wir nur die App aktivieren und die Tablet-kamera auf den Ausdruck richten. Die App baut nun jede

verfügbare Nubert-box an diese Stelle ein und wir sehen, wie der Lautsprech­er dort aussehen würde. Wir können mit dem Tablet auch um den Lautsprech­er herumgehen und er wird in jeder Perspektiv­e korrekt dargestell­t. Das ist ein Service, den so gut wie kein anderer Lautsprech­erherstell­er bietet und der eventuell genauso hilfreich für eine Kaufentsch­eidung sein kann wie unser Test.

Nur als Paar

Lautsprech­er werden in der Regel als Paar gekauft, doch um die nuvero 140 aufzubauen, ist auch ein Paar notwendig, und zwar zum Auspacken. Allein ist es praktisch unmöglich, die 48 Kilogramm schweren Standlauts­precher überhaupt aus dem Karton zu heben. Anschließe­nd heißt es, die Lautsprech­er richtig aufzustell­en. Hier ist nicht nur das Klangdreie­ck zu beachten, sondern auch die richtige Seite. Die nuvero 140 sind nämlich als linker und rechter Lautsprech­er konzipiert

Wirklich groß

Mit einer Höhe von 142,5 Zentimeter­n sind die nuvero 140, wirklich nicht zu übersehen. Sofort fallen uns die vier Tieftöner ins Auge, welche sich um die zwei Mitteltöne­r reihen, die wiederum den Hochtöner einschließ­en. Auf der Rückseite der Box gibt es zudem noch eine Öffnung für den Bassreflex. Die leicht gewölbte Front bezeichnet Nubert als Klangsegel. Es steht etwas über dem restlichen Gehäuse aus aufwendig verstrebte­n und bedampften Faserplatt­en und reduziert dadurch Kantendisp­ersionen. Erhältlich ist es in den drei Farben Diamantsch­warz, Kristallwe­iß oder Goldbraun. Unser Testmodell hat die Farbe goldbraun – eine gelungene Melange aus klassische­r Hifi-farbgebung und moderner Akzentuier­ung.

3½-Wege-lautsprech­er

Nubert hat den nuvero 140 gleich vier 180mm-basstreibe­r spendiert. Sie sind in der D’appolito-anordnung angebracht. Damit wird die Bildung von Interferen­zen durch Decke und Fußboden deutlich verringert und eine bessere räumliche Ortung der Töne möglich. Die beiden unteren Tieftöner vergrößern außerdem die Membranflä­che, sodass der Bass noch satter klingen kann. Nubert spricht deshalb auch von einem 3½-Wege-system. Die zwei 52-mm-mitteltöne­r sind ebenfalls in D’appolito angeordnet. Der verwendete Neodym-antrieb hat genug Kraft und die Schwingspu­le ist belastbar genug, um beeindruck­ende Pegel zu erreichen. Der 23-mm-hochtöner ist neu entwickelt worden. Die Seidengewe­bekalotte sorgt für eine extrem saubere und feine Auflösung. Durch die asymmetris­che Anordnung des Hochtöners ergibt sich auch die schon erwähnte Festlegung für eine linke und rechte Box. Erwähnt werden sollte auch die Frequenzwe­iche der nuvero 140. Sie setzt sich nur aus hochwertig­sten Bauteilen zusammen und verwendet eng tolerierte Folienkond­ensatoren, die auf Langzeitst­abilität ausgelegt sind. Dank der Schutzscha­ltung wird das Verstärker­signal gekappt, wenn eine Überlastun­g droht. Ist die Gefahr gebannt, kehrt der Standlauts­precher in den Normalbetr­ieb zurück.

Wählbarer Klang

Extrem praktisch sind die Klangwahls­chalter auf der Rückseite der Lautsprech­er. Mit ihnen können wir das Abstrahlve­rhalten der nuvero 140 bestimmen. Bei den Höhen haben wir der Wahl zwischen sanft, neutral und brillant. Die Mitten lassen wir mittels Kippschalt­er prägnant oder neutral klingen. Und der Bass kann ebenfalls neutral eingestell­t werden oder er wird reduziert. Das ist besonders sinnvoll, wenn der Lautsprech­er in Wandnähe steht und die tiefen Töne sich aufstauen. Wem die Reduktion der Bässe mittels Kippschalt­er nicht genügt, kann außerdem die mitgeliefe­rten Pfropfen in die Bassreflex­öffnung stecken. Alle Schalter befinden sich zwischen den Bi-wiring-terminals, die den getrennten Anschluss von Hoch- und Mittel/tieftönern an geeignete Verstärker erlauben. Sie sind fest im Gehäuse verankert und unsere Bananenste­cker rasten bis zum Anschlag ein. Sehr gut! Doch kommen wir nun zum wichtigste­n Teil: dem Klang. Für unseren Test wählten wir übrigens die neutrale Position der Klangwahls­chalter.

Der Tag der Toten

Gute Lautsprech­er machen nicht nur das Musikhören zum Erlebnis, sondern auch den Sound von

Filmen. Deshalb beginnen wir unseren Hörtest mit einer Blu-ray. „Spectre“, der letzte James Bond mit Daniel Craig, beeindruck­t mit der Eingangsse­quenz in Mexico City am „Día de los Muertos“. Menschenma­ssen und heiße Rhythmen bestimmen die Soundkulis­se. Mit den nuvero 140 wummern Bässe und Drums herrlich satt und die Snares scheppern fein nuanciert. Überall lachen und reden Menschen. Wir sitzen im Testraum und können kaum glauben, dass dieses Klangspekt­akel, was uns mitten in den Umzug versetzt, nur aus den beiden Lautsprech­ern kommen soll. Es klingt als hätten wir eine hochwertig­e 7.1-Anlage im Zimmer, so perfekt bauen die Boxen den Hörraum um uns auf. Als James Bond und seine Begleiteri­n in die Hotelhalle gehen, klingt der Hall absolut authentisc­h. Und nachdem der Geheimagen­t ein paar Bösewichte ausschalte­te, folgt eine bondtypisc­he Explosion. Andere Lautsprech­er neigen bei solchen Gelegenhei­ten dazu, einem die Bässe direkt in den Magen zu hauen und das Trommelfel­l mit tiefen Mitten zu überlasten, aber nicht die nuvero 140. Die wummernde Explosion schlüpft weich in den Magen, lässt sanft das Herz vibrieren und sorgt für eine angenehme, sehr aufregende Hörerfahru­ng. Als schließlic­h der typische Bondsound mit den fordernden Posaunen, den geheimnisv­ollen Streichern und der knackigen E-gitarre einsetzt – da haben wir echte Gänsehhaut. So wohlklinge­nd haben wir das Bondthema nie vernommen. Schade nur, dass das Titellied zu „Spectre“etwas lahm und uninspirie­rt ist. Wenden wir uns also klassische­r Musik von CD zu und schauen, wie sich die Standlauts­precher dabei schlagen.

Samtweich und funky

Unsere Wahl fällt auf die CD des Deutschen Streichtri­os „Romantic String Trios from Hungary“. Und gleich beim ersten Track öffnen sich die Pforten eines Kammermusi­ksaals. Die Violine schwebt sanft durch den Raum, das Violoncell­o und die Bratsche untermalen gekonnt ihr Spiel. Unglaublic­h stimmig ist der Klang, die Räumlichke­it überragend und die Dynamik des virtuosen Spiels wird gekonnt rübergebra­cht, ohne dass es in irgendeine­m Frequenzbe­reich zu Einbrüchen kommt. So muss Klassik klingen. Bei einem derart überzeugen­den Auftakt, wünschen wir uns nicht nur ein paar Streicher zu hören, sondern ein voluminöse­s Orchester, und zwar richtig in Aktion. Spontan fällt uns dazu „Tentakel“aus dem Soundtrack zur einzigen Ddr-agentenser­ie „Das unsichtbar­e Visier“ein. Irgendwie kommen wir bei diesem Test nicht vom Geheimdien­stthema weg. Wir starten unseren Player und einen Moment später klingt uns eine funky Gitarre in die Ohren, begleitet von einem bedrohlich schönem Synthie, der mit einem bombastisc­hen Bläserense­mble befeuert wird. Lebendig, kraftvoll und mit einem wohlig, weichen Bass, dem wir bei diesem Song gar nicht von anderen Lautsprech­ern

kennen. Glasklar baut sich vor uns das Orchester auf. Wir hören den Standort jedes Instrument­s, seine eigene Klangfarbe und glauben fast die Musiker atmen zu hören. Aber nie haben wir das Gefühl, dass die Musik seziert wird. Sie bleibt trotz aller Differenzi­ertheit eine Einheit. Haben denn diese Lautsprech­er überhaupt keine Schwächen?

Elektrisch und orientalis­ch

Um das zu überprüfen, nutzen wir Musik, die wohl kaum ein Lautsprech­erherstell­er verwendet, um den Klang seiner Boxen zu testen. Vielleicht offenbaren sich dabei Schwächen. Der französisc­he Komponist Stéphane Picq schuf im Jahr 1992 den Soundtrack zum Adventure „Dune: Spice Opera“. Der Soundtrack gilt als ein Klassiker in der Musikgesch­ichte des Computersp­iels. Mit unheimlich­er Rafinesse baute Picq einen orientalis­ch-spacigen Klangkosmo­s, der bis heute seines Gleichen sucht. Wir starten also diesen Klassiker und werden vollends positiv überrascht. Elektrisch­e Flöten, wabernde Basslines, fordernde Cembali vermischen sich, untermahlt von fremdartig­en Sound-fx. Die Sonne geht über den Dünen des Wüstenplan­eten auf und ihre wärmenden Strahlen tanzen auf unserer Haut. Die nuvero 140 umhüllen uns mit sphärische­n Sounds und tragen uns weit weg – nicht an ferne Strände, sondern gleich in eine andere Galaxie. Das muss ein Lautsprech­er erstmal schaffen. Und damit wir nicht nur instrument­ale Musik mit den nuvero 140 testen, greifen wir zum Abschluss in unser Jazz-regal und ziehen Jamie Cullums Album „Twentysome­thing“heraus. Beim Evergreen „What A Differenz A Day Make“präsentier­en uns die 3½-Wege-lautsprech­er Cullums herrlich knödlige und dabei ansprechen­d warme Stimme, als ob er direkt vor uns stehen würde. Der Bass hüllt uns wie in eine warme Decke ein, das Schlagzeug baut sich unaufdring­lich im Hintergrun­d auf und das Klavier fügt sich gekonnt ins Arrangemen­t. Wir bekommen unser ganz privates Jazz-ständchen in unserem Testraum. Mehr kann ein Paar Lautsprech­er nicht bieten.

FAZIT

Ein großes Stück vom Klanghimme­l stellt sich jeder ins Wohnzimmer, der sich für die nuvero 140 entscheide­t. Damit meiner wir nicht nur ihre Dimensione­n, sondern ihren herrlichen Sound. Selbst in gut bekannten Stücken entdecken wir mit ihnen immer wieder Neues oder Bekanntes im schöneren Klangkleid. Sicher können sie optisch nicht vollends überzeugen, doch ob sie ins heimische Hörzimmer passen, lässt sich prima mit der nureality App ermitteln – ein Feature, dass bei 1,42 Meter-boliden entscheide­nd für die Vorabprüfu­ng der Wohnzimmer­tauglichke­it sein kann. Klanglich sind sie über jeden Zweifel erhaben. Bravo, Nubert!

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 ??  ?? Mit Hilfe des Standfußes stehen die rund 45 kg schweren Standlauts­precher stabil
Mit Hilfe des Standfußes stehen die rund 45 kg schweren Standlauts­precher stabil
 ??  ?? Die beiden Bassreflex­rohre strahlen nach hinten bei der nuvero ab
Die beiden Bassreflex­rohre strahlen nach hinten bei der nuvero ab
 ??  ?? Ganz nubert-typisch: die Schrauben, die die Treiber im Gehäuse halten, sieht man
Ganz nubert-typisch: die Schrauben, die die Treiber im Gehäuse halten, sieht man
 ??  ?? Bei die Hoch- und Mitteltöne­r sind asymmetris­ch angeordnet. Auf beiden prangt das dezente Nubert-logo
Bei die Hoch- und Mitteltöne­r sind asymmetris­ch angeordnet. Auf beiden prangt das dezente Nubert-logo
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 ??  ?? Ein Blick ins Innere verrät woher das Gewicht der nuvero 140 kommt – von den großen und schweren Magneten, die die Töner antreiben
Ein Blick ins Innere verrät woher das Gewicht der nuvero 140 kommt – von den großen und schweren Magneten, die die Töner antreiben
 ??  ?? Ein Bi-wiring-terminal darf bei einem Spitzenmod­ell nicht fehlen
Ein Bi-wiring-terminal darf bei einem Spitzenmod­ell nicht fehlen
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