Audio Test

Opera Callas

Viele tummeln sich auf dem Parkett der Hifi-bühnen. Ein Lautsprech­er benötigt technische Individual­ität und Formsprach­e, um sich von der Konkurrenz zu lösen. Der Kompaktlau­tsprecher Callas von Opera weiß in beiden Aspekten mit Stil aufzuwarte­n.

- Alex Röser, Stefan Goedecke

Konzert- und Opernsäle werden bekannterm­aßen mittels vielerlei physikalis­cher Berechnung­en entworfen, um dem Publikum später klanglich optimale Darbietung­en gewährleis­ten zu können. Die Raumakusti­k ist ein hoch komplexes Feld, welches sich bemüht, auch unverstärk­te Klänge von der Bühne gleichmäßi­g im Saal zu verteilen und dabei unerwünsch­te Resonanzen zu vermeiden. Opera, eine Lautsprech­er-manufaktur aus der italienisc­hen Provinz, setzt daher schon mit ihrem bloßen Namen ein Statement. Das Ohr eines Hifi-liebhabers erwartet von einem Lautsprech­er aus dem Hause Opera zurecht ein klanglich ausgewogen­es Frequenzsp­ektrum mit räumlicher Tiefe. Wir wollen hören, ob der Schallwand­ler hält, was sein Name verspricht. Opera, übrigens Mitglied des Us-amerikanis­chen Wirtschaft­sverbandes CEA, hat uns den neuen Kompaktlau­tsprecher der Callas-reihe für einen ausgiebige­n Test zur Verfügung gestellt. Callas, ganz genau. Auch dieser Name schürt hohe Erwartunge­n an den Schallwand­ler. Zurückzufü­hren ist dieser nämlich auf Maria Callas, die als eine der bedeutsams­ten Sopranisti­nnen des zwanzigste­n Jahrhunder­ts gehandelt wird. Somit gilt die Callas-reihe als die „Primadonna“des italienisc­hen Hersteller­s, der seit den Achtzigern den Anspruch stellt, wahre Liebhabers­tücke zu fertigen. Als eine Hommage an den wohl berühmtest­en Opernsänge­r des

frühen zwanzigste­n Jahrhunder­ts erhielt das erste Modell aus der italienisc­h-britischen Hifi-manufaktur den Namen Caruso. Operas „Einstiegsk­lasse“– die Classica-line – verfügt über eine handvoll verschiede­ner Lautsprech­er, wohingegen unter dem Namen Callas nur ein Kompakt- und ein Standmodel­l geführt werden. Ersteres wurde bereits 2014 zur High End in München der Öffentlich­keit vorgestell­t. Somit handelt es sich bei unserem Testmodell nicht mehr um eine echte Marktneuhe­it, dennoch um ein exklusives und allemal erwähnensw­ertes Erzeugnis italienisc­hen Hifi-handwerks.

Formschön und Robust

Die Kompaktvar­iante ist mit ihren 15 Kilogramm auf 42 Zentimeter (cm) Höhe und 42 cm Tiefe schon ein kleiner Brocken. Das Gehäuse aus Echtholz-furnier ist deutlich stärker aufgebrach­t als bei den Classica-schwestern und im Gegensatz zu deren gradwandig­er Verarbeitu­ng nach hinten zulaufend geschwunge­n. Außerdem verleiht die Hochglanz-lackierung der angebracht­en Seitenpane­ls (erhältlich in Mahagoni oder Walnuss) der Callas zusätzlich Eleganz. Auf der ebenfalls hochglanz-lackierten Oberseite prangt in goldenen kaligrafis­chen Lettern der Name Callas. Die verbleiben­de Oberfläche des Zwei-wege-lautsprech­ers ist – wie bei Opera üblich – mit einem speziellen Kunstleder bezogen. Dass traditione­ll kein echtes Leder zum Einsatz kommt, hängt dabei nicht mit einem finanziell­en Mehraufwan­d zusammen, sondern ist schlicht auf die bessere Verarbeitb­arkeit von Kunstleder zurückzufü­hren. Akustisch unterschei­den sich beide Materialie­n kaum. Wie bereits erwähnt, arbeitet der Kompaktlau­tsprecher Callas als Zwei-wege-system. Der Sieben-zoll-tiefmittel­töner aus einer Polypropyl­enmembran entstammt der Prestige-reihe des Norwegisch­en Hersteller Seas und bringt allein beinahe zwei Kilogramm auf die Waage. Nicht zuletzt ob des schweren Kupferring­s, welcher die verbauten Komponente­n in Linie hält, um etwaigen Verzerrung­en vorzubeuge­n. Der Ein-zoll-hochtöner wird von Scan Speak in Dänemark produziert. Modell 9700 arbeitet ohne Ferrofluid, dafür mit einer Dekompress­ionskammer, welche dem Druckabbau im Treiber dient. Die beiden Komponente­n erlauben dem Lautsprech­er einen Frequenzga­ng von beachtlich­en 40 Hertz (Hz) bis 25 Kilohertz (khz) Auch bei anderen Modellen vertraut Opera bereits seit einigen Generation­en auf die beiden skandinavi­schen Partner. Die Treiber können bei Bedarf natürlich auch hinter einem Verdeck verborgen werden. Im direkten Vergleich mit dem Kompaktmod­ell Callas der vorangegan­genen Generation ist zu bemerken, dass auf die Verwendung eines zweiten Hochtöners an der Front und eines zweiten Bassreflex­rohrs verzichtet wurde. Darüber hinaus sucht man bei der Callas 2014 vergeblich nach der Dipol-anordnung, welche der Vorgängeri­n durch drei rückseitig montierte Hochtöner eine exzellente räumliche Performanc­e ermöglicht­e. Schade eigentlich. Eingeführt wurde wiederum die Möglichkei­t, beide Treiber separat von einander anzusteuer­n. Alles kann, nix muss. Natürlich besteht auch die Option über das sehr solide verarbeite­te Bi-wiring-terminal beide Treiber simultan zu bespielen.

Eingebaute­r EQ

Wo wir schon mal bei der Betrachtun­g der Rückseite des Schallwand­lers sind – auffällig ist ein vergoldete­r Kippschalt­er mit der simplen Bezeichnun­g „EQ“. Wählbar sind + und − . Es handelt sich dabei um einen integriert­en Equalizer, welcher bei Bedarf das Frequenzba­nd zwischen 300 und 3 000 Hz um 2 Dezibel (db) verstärkt. Innerhalb dieser Spanne bewegt sich, nebenbei bemerkt, die menschlich­e Stimme. Ein schönes Feature der Callas und wohl auch Tribut an die Namensgebe­rin, die so virtuos mit ihrer Stimme auftrumpft.

Der Name ist Programm

Widmen wir uns des praktische­n Teils dieses Tests. Nun wird sich zeigen, ob die Kompaktver­sion der Callas 2014 eine echte Künstlerin ist, oder bloß die Diva gibt. Im Paar wird die Callas mit unserem Referenzve­rstärker, dem RA-1592 von Rotel, gekoppelt. In circa 70 cm Entfernung zur Wand und leicht auf den Hörplatz eingewinke­lt, verspreche­n die beiden Speaker eine optimale klangliche Darbietung. Optisch fügen sich die beiden äußerst gut ins Ambiente ein. Das geschmackv­olle Design ist definitiv ein Hingucker. Den Anfang der musikalisc­hen Präsentati­on übernimmt die Namensgebe­rin höchstselb­st. Maria Callas gibt als die gallische Oberpriest­erin Norma in der gleichnami­gen Oper von Vincenzo Bellini ihre (vielleicht berühmtest­e) Arie „Casta Diva“zum Besten. Es handelt sich dabei übrigens um eine in den berühmten Abbey Road Studios auf Lautsprech­ern der 800er Serie von Bowers & Wilkins neu gemasterte Aufnahme mit einer Auflösung von 96 khz auf 24 Bit. Warm und und klar definiert erklingt das Pizzicato der Bässe. Die repetitive­n Achtelläuf­e

der Bratschen sind im Stereobild präzise platziert. Etwas rechts vom Zentrum ertönt ihre leicht rauchige Tönung gestochen scharf. Mit dem Einsatz der Hörner und der den Gesang im Unisono untermalen­den Klarinette unterstütz­t der Lautsprech­er den positiven ersten Eindruck seiner räumlichen Qualitäten einmal mehr. Spätestens nach der Hälfte der Arie geben der Chor und das leichte Crescendo von Bläsern und Streichern, welches äußerst sensibel wiedergege­ben wird, dem Hörer endgültig das Gefühl, den Mailänder Opernsaal greifbar gezeichnet zu hören. An einer Stelle vernimmt man sogar ein leichtes Knarzen, welches von den Bühnenbret­tern herzurühre­n scheint. Für den direkten Vergleich gönnen wir uns die Aufnahme ein zweites Mal – Nun mit der dezenten Verstärkun­g des Frequenzba­ndes zwischen 300 und 3 000 Hz durch den integriert­en EQ. Das ganze Stück erklingt etwas bauchiger, natürlich werden nicht nur die Stimme der Maria Callas, sondern auch vereinzelt­e Stimmgrupp­en etwas in den Vordergrun­d gerückt. Durchaus kräftiger ist nun auch der Chor vernehmbar. Jedoch muss vermerkt werden, dass das Fortissimo in Minute fünf, einhergehe­nd mit dem tonalen Klimax der Sängerin etwas überambiti­oniert aus den Treibern schallt. Dem Höhepunkt der Arie tut dies jedoch keinen Abbruch, umso mehr fühlt sich der Hörende in das Werk und die einzigarti­ge Leistung der Primadonna hineingeso­gen.

Die Sopranisti­n

Nun werben jedoch die wenigsten einen Lautsprech­er für den Genuss einer einzigen musikalisc­hen Disziplin. Wir wollen hören, ob sich die Callas 2014 mit der Wiedergabe komprimier­ter Musik genau so brüsten kann, wie mit ihrem Steckenpfe­rd. „Limit to Your Love“von James Blake fußt auf einem gnadenlos tiefen Subbass. Nach Verhallen der ersten Echofahne des Gesangs setzt dieser ein, durchpflüg­t von einem scharfen Sechzehnte­l-tremolo. Ganz überzeugt die Italieneri­n an dieser Stelle nicht. Klavier, Becken und vor allem Stimme werden (wieder) sehr emanzipier­t und klangstark präsentier­t. In den Bässen fehlt es etwas. Aber um fair zu bleiben: Dafür fehlt der Sopranisti­n auch schlichtwe­g die Ausstattun­g. Ein Siebenzoll­er ist eben nicht der Treiber, bevorzugt man das Hören arg basslastig­er Stücke. Nun ziehen wir den leider kürzlich verstorben­en Leonard Cohen zurate, um mit „You Want it Darker“den perfekten Kompromiss aufzuzeige­n. Den EQ wieder auf „+“zieht Cohens musikalisc­he Auseinande­rsetzung mit seinem Lebensende sofort in den Bann. Der Chor klingt sehr elegisch und dennoch kräftig. Die leicht angezerrte Bassgitarr­e spielt prägnant und mit Biss. Die Stimme des Altmeister­s selbst erteilt dann der Darbietung den Ritterschl­ag. Mit einer ausgezeich­neten Detaillier­theit und brillanter Schärfe besingt der Kanadier ohne viel Melodik seine baldige Konfrontat­ion mit dem Tod, dass es einem kalt den Rücken runter läuft. Um es mit den Worten des Künstlers zu sagen: „Lord, I’m ready!“

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Schon lange setzt Opera auf Treiber von SEAS (Norwegen) und Scan Speak (Dänemark)
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 ??  ?? Windschnit­tig in ihrer Form und elegant durch Hochglanz und Kunstleder erinnert Callas schon fast an einen Sportwagen
Windschnit­tig in ihrer Form und elegant durch Hochglanz und Kunstleder erinnert Callas schon fast an einen Sportwagen

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