Einer für alle und alle für Vinyl
Ein Plattenspieler mit Vor- und Endstufe, obendrein sowohl kabellose, als auch analoge Eingänge – wieso eigentlich nicht? Project möchte mit dem Juke Box E Hifi-set das belächelte Medium All-in-one-kompaktanlage aus der Ramsch-ecke heben.
Der Plattenspieler ist zurück, das ist nun wahrlich kein Geheimnis mehr. Okay – genau genommen war er niemals weg. Jedoch schien die Compact Disc mit ihrem Aufkommen in den Neunzigern doch das Ende der Vinylschallplatte einzuläuten. Jedoch steht nun – gute dreißig Jahre später – ganz klar fest, dass die Schallplatte alles andere als abgeschrieben ist. Zu aller erst entsorgten wohl nur die Wenigsten ihr mühsam zusammen gespartes Phono-equipment samt Plattensammlung zugunsten der CD. So rettete sich die Schallplatte nicht zuletzt ob teils nostalgischer Leidenschaft ihrer Fans für hochfidele Musikwiedergabe über ihre bisher schlimmste Krise. Nun steigen die Vinylpressungen seit ein paar Jahren wieder kontinuierlich. Einem Bericht der Record Industry Association of America (RIAA) zufolge erreichte die Schallplatte im Jahr 2015 die besten Verkaufszahlen in den Vereinigten Staaten seit 1988. Vergleichbar mit dem raketenhaften Erfolg von Download und Streaming ist dieses Comeback natürlich nicht. Wie der Bundesverband Musikindustrie vor kurzem bekannt gab, überholten Spotify und Co. die CD im ersten Semester des Jahres 2018 sogar. Um knapp neunzig Prozent legten die Streaming-anbieter zu und haben nun mit einem Marktanteil von 47,8 Prozent die Pole Position inne. Abschreiben kann man die CD freilich nicht. Vor allem klassische Musik verkauft sich auf dem digitalen Datenträger noch immer am Besten. Jedoch sieht das in bestimmten Bereichen der so genannten „U-musik“ganz anders aus. Es gibt sogar Szenen, da gilt die CD bereits als „tot“– die Prioritäten liegen vor allem in der elektronischen Musik auf Vinyl samt Download-code. Mit 4,6 Prozent Marktanteil (laut BVMI Stand Juli 2018) ist die LP natürlich weit davon entfernt, die Popularität der goldenen Siebziger zurückzuerlangen. Allerdings weiß ein Hifi-enthusiast um die Bedeutung von Vinyl für den heimischen Musik-
genuss. Die Schallplatte ist ein Evergreen, der sich auch in einer fortschreitend digitalisierten Welt, wie wir sie zur Zeit gestalten, vor nichts zu verstecken braucht. Ganz im Gegenteil: Vinyl und zeitgemäßes Hifi gehen noch immer Hand in Hand.
Ein Plattenspieler...
Dies weiß auch Pro-ject und präsentiert mit dem Hifi-set aus dem Plattendreher Juke Box E und dem Kompaktlautsprecher Box 5 ein handliches Komplettsystem, welches neben der Wiedergabe von Vinyl-schallplatten so einiges mehr auf dem Kasten hat. Oder besser gesagt: im Kasten. Denn im kompakten Gehäuse des Plattenspielers ist so allerhand Technik verbaut. So verfügt das Set um die Juke Box E sowohl über einen integrierten Digital-analog-wandler, als auch zwei Vorstufen (Phono- und Hochpegelvorstufe), sowie eine Endstufe. Der Plattendreher ist somit ein waschechtes Komplettsystem, welcher mit einer Ausgangsleistung von zwei mal 50 Watt zwei Lautsprecher zu versorgen weiß. Neben der Wiedergabe von Vinylschallplatten vermag der Juke Box E sowohl einen analogen Line-input, als auch eine kabellose Signal-einspeisung per Bluetooth zu verarbeiten. Ganz schön beachtlich, was Pro-ject da alles in dem bloß wenige Zentimeter hohen Plattenspieler unterbekommen hat. Zur Bedienung bietet der Hersteller, neben einer elegant gestalteten Fernbedienung, einen schlichten schwarzen Drehregler an der Front- und einen kontrastreichen Lcd-bildschirm an der Oberseite des Juke Box E. Erhältlich ist dieser in drei verschiedenen Farbausführungen: Ferrari-rot, Piano-schwarz und Piano-weiß. Letzteres schmückt nun in seiner zurückhaltenden Aufmachung unseren Hörraum. Der Aufbau des Plattenspielers geht schnell von der Hand, da Pro-ject sowohl den 8,26 Zoll Tonarm als auch den Ortofon OM5E Tonabnehmer bereits vor Auslieferung installiert. Auch der 30 Zentimeter messende Holzwerkstoff Plattenteller ist bereits montiert. Hier müssen lediglich der Karton-stopper entfernt und der Silikonriemen umgelegt werden. Sogar Anti-skating und das Auflagegewicht des Tonabnehmers sind von Pro-ject bereits konfiguriert, wobei es sich transportbedingt natürlich dennoch empfiehlt, beides noch einmal selbst zu überprüfen und anzupassen.
...mit Lautsprechern
Als Spielpartner des Plattenspielers bietet Pro-ject den kompakten Regallautsprecher Speaker Box 5 im Hifi-set an. Bei diesem Set sind Kabel und Bananenstecker bereits inklusive. Zusammen für einen Preis von knapp 600 Euro. Der Laustprecher arbeitet im offenen Zwei-wege-prinzip und lässt sich durch seine reduzierte Optik (ebenfalls in schwarz, rot und weiß erhältlich) bestens in jedwedes Interieur integrieren. Als Alternative zum Regal oder Sideboard offeriert Pro-ject übrigens eine äußerst ansehnliche Aufstellungs-option. Während der Montage des lackschwarzen Stativs lässt sich das Lautsprecherkabel des Box 5 nämlich durch das Innere des Ständers führen. Somit ist die Kabelage vor dem bloßen Auge verborgen und verhilft dem Box 5 zu seinem sehr eleganten Erscheinungsbild. Der Lautsprecher Box 5 aus Pro-jects E-serie verfügt zum einen über eine 13 Zentimeter (cm) messende Fiberglas-konusmembran für Bässe und Mitten und zum anderen über eine 2,5 cm Seidenkalotte für die Hochtonwiedergabe. Laut Herstellerangaben soll der Lautsprecher somit eines Freuqeunzgangs von 55 Hertz bis 20 Kilohertz fähig sein, was bei der überschaubaren Größe und Ausstattung sehr ambitioniert zu sein scheint. Aber natürlich haben wir genug Erfahrung gesammelt, um hier keine vorschnellen Schlüsse zu ziehen.
Symbiose
Für unseren Test positionieren wir den Plattendreher Juke Box E auf dem Sideboard, zwischen zwei Modelle des Lautsprechers Box 5, jeweils auf den zuvor erwähnten Stativen. An deren unteren Enden schauen Bananenstecker-buchsen hervor, anhand welcher wir die Schallwandler mit dem Plattenspieler verbinden. Die hierfür zur Verfügung gestellten vergoldeten Anschlussbuchsen an der Rückseite des Plattenspielers sind sehr löblich, da sehr massiv verarbeitet. Um das System in Betrieb zu nehmen, gilt es zwei gut versteck-
te Schalteinheiten ausfindig zu machen. Zum einen ist das der linker Hand an der Unterseite des Plattenspielers angebrachte Kippschalter zum Einschalten des Geräts. Ein zweiter Kippschalter befindet sich an der vorderen Unterseite des Geräts und setzt den Plattenteller in Bewegung. Dieser rotiert in den zwei üblichen Geschwindigkeiten von 33 und 45 Umdrehungen pro Minute. Um hier zwischen den beiden Optionen umzuschalten, muss übrigens eigenhändig der Riemen am Antrieb umgelegt werden, was wir als Akt der Eigenverantwortung mit haptischen Mehrwert lobend herausstellen möchten. Den Praxistest des Hifi-sets aus Plattenspieler mit D/a-wandler und Verstärkereinheit Juke Box E und Kompaktlautsprecher Box 5 beginnen vier Herren aus England, welche mit knapp 300 Millionen Plattenverkäufen seit Gründung im Jahr 1968 zu den erfolgreichsten Bands der Musikgeschichte zählen. Bis zum Tod John Bonhams im Herbst des Jahres 1980 prägten Led Zeppelin gemeinsam mit einer handvoll weiterer wohl bekannter Gruppen die Identität einer sich aufbäumenden Generation. Auf Led Zeppelins gleichnamigem Debütalbum wurde praktisch aus jedem der neun Songs ein Hit mit weltweit nachhaltiger Durchschlagskraft. Nun dreht sich diese Scheibe aus 180 Gramm schweren Vinyl auf ein Weiteres auf dem Plattenteler des Pro-ject Juke Box E. Und gleich mit dem ersten Titel des Kultalbums „Good Times Bad Times“stellt das Duett aus Juke Box E und Box 5 seine klanglichen Kompetenzen unter Beweis. Sehr muskulös weiß Pro-jects Hifi-set aufzuspielen. Dabei verzeichnen wir eine tolle Ausgewogenheit zwischen Impulstreue und spektraler Strahlkraft – Pages Stimme klingt klar und organisch, Plants Gitarre authentisch kraftvoll. Und nicht zuletzt durch die druckvolle Übersetzung der Rhythmusgruppe erlangt das Zusammenspiel aus Jones’ Bass und Bonhams Schlagwerk einen wunderbar knackigen Tiefgang. Bei dieser Performance stimmt einfach alles.
Alles in einem
Obwohl wir uns an dieser Stelle am liebsten unserer redaktionseigenen Plattensammlung hingeben würden, widmen wir uns der Vollständigkeit halber den zusätzlichen Features des Juke Box E. Bequem per Fernbedienung versetzen wir das Gerät in den Bluetooth-modus und paaren das Gerät mit einem Smartphone. Ein wenig befremdlich ist das schon, einen Plattenspieler mit einem mobilen Endgerät anzusteuern. Jedoch geht Pro-ject hier schlichtweg mit der Zeit und die Möglichkeit einen Plattenspieler auch als kabellos bespielbares Allround-system nutzen zu können, finden wir eigentlich ganz formidabel. Dem Duktus der „Generation Y“entsprechend, wählen wir den bei Spotify meistgehörten Titel der Band Blonde Redhead: „For The Damaged Coda“. Von der Verbindung des Endgeräts bis zur Wiedergabe des melancholisch elegischen Songs verlief alles schnell und reibungslos. Abschließend lässt sich also wieder mal festhalten: Wenn man als Hifi-redakteur zum Musikkritiker avanciert, hat zumindest die getestete Stereo-anlage erst einmal alles richtig gemacht.