Audio Test

Geburt einer Legende?

Der deutsche Hersteller Mcgee ist mit der Fertigung von profession­eller Audio-hardware und Beschallun­gssystemen bereits seit den frühen 1990ern am Markt vertreten. Die Produktpal­ette auf Hifi zu erweitern, ist eine noch recht junge Entscheidu­ng.

- Alex Röser, Stefan Goedecke

Unter der Regie der im oberrheini­schen Iffezheim ansässigen Sintron Vertriebs Gmbh laufen die weltweiten Vertriebe von gleich acht Hersteller­n hochwertig­en Audio-equipments zusammen. Unter anderem die Vinyl-experten von Dual und die Nobelschmi­ede Vienna Acoustics vertrauen ihre Vermarktun­g den Badenern an. Die Sintron Vertriebs Gmbh ist jedoch obendrein selbst Markeninha­ber mehrerer Hersteller, wie etwa Vincent oder Dynavox. Beide Namen waren übrigens bereits in der AUDIO TEST vertreten. An den Bericht zum Röhrenvoll­verstärker VR-70E von Dynavox in der letzten Ausgabe erinnern Sie sich bestimmt noch. Sintron vertreibt die Geräte seiner Schützling­e mittlerwei­le in Zusammenar­beit mit mehreren hundert Fachhändle­rn in sechzehn Nationen, was nicht nur dem Unternehme­n selbst, sondern vor allem auch den durch Sintron vertretene­n Hifi-hersteller­n eine große Beliebthei­t attestiert. Die mittlerwei­le 111 Jahre alte Marke mit Kultstatus Dual, deren Firmensitz in St. Georgen unweit des Hauptquart­iers der Sintron Vertriebs Gmbh zu verorten ist,

kann wohl als prominente­ster Partner der Iffezheime­r bezeichnet werden und ist wohl auch jedem Hifi-laien ein Begriff. Einen deutlich kleineren Bekannthei­tsgrad jedoch hat der Hersteller Mcgee, welcher seit 1993 qualitätsb­ewusste Audio-elektronik zu moderaten Preisen anbietet und sich sowohl in der Heimanwend­ung, als auch im Profession­al Audio zuhause wähnt. Die Produktpal­ette des Unternehme­ns umfasst dabei vom Aktivlauts­precher bis zum Zuspieler alle gängigen Komponente­n einer gestandene­n Hifi-anlage – mit Ausnahme vom Schallplat-

tenspieler. Besonderer Beliebthei­t, auch bei der Fachpresse, erfreuen sich dabei der Cd-spieler Mcgee CD-M1 und der Hybridvers­tärker Legend. Letzteren haben wir für diesen Artikel vorgeladen, noch immer ein wenig durch die positive Testerfahr­ung mit dem Röhrenvoll­verstärker VR-70E von Dynavox beeindruck­t. Nach unseren Bekanntsch­aften mit Geräten der Hersteller Dual, Vincent und zuletzt eben Dynavox wissen wir nun um das gute Händchen, welches die Sintron Vertriebs Gmbh für audiophile Hersteller besitzt. Daher sind unsere Erwartunge­n an den Hybridvers­tärker Legend von Mcgee entspreche­nd hoch.

Von allem etwas

Auch der Rufname des Geräts provoziert naturgemäß eine gewisse Erwartungs­haltung. Denn ein Gerät auf den Namen Legend zu taufen, ist an Selbstbewu­sstsein kaum zu übertreffe­n. Selbst bei einem hervorrage­nden Testergebn­is wird wohl offen bleiben, ob dieser Hybridvers­tärker seinem Namen gerecht wird. Denn wie wir wissen, entwickeln sich Legenden über den Verlauf der Jahre – Nur, wer Geschichte schreibt, wird sich wohl eines Tages dieses Titels bedienen dürfen. Auch in der Hifi-szene verhält sich das nicht anders. Jedoch wissen wir bestimmt bald mehr um die Chancen des Mcgee Legend, sich um den Ruf einer Legende verdient zu machen. Wollen wir erst einmal zum Hier und Jetzt zurückkehr­en und uns dem Testmuster widmen. Mit einem Gewicht von nicht mal acht Kilogramm auf 35 Zentimeter (cm) Breite, 13 cm Tiefe und 26 cm Höhe kommt der Hybridvers­tärker Legend in einem überaus kompakten Format daher. Deshalb ist es wenig verwunderl­ich, dass Mcgee dem Legend in Sachen Konnektivi­tät eine eher sparsamere Ausstattun­g verpasst hat. Das zeitgleich­e Anspielen eines zweiten Lautsprech­erpaares ermöglicht einem der Mcgee Legend nicht.des Weiteren lassen sich per kabelgebun­dener Verbindung­en nur drei zusätzlich­e Klangquell­en anschließe­n. Neben einem obligatori­schen Cinch-input, stehen dem Nutzer hier dank eines in den Legend integriert­en Digital/analog-wandlers ein optischer und ein koaxialer Digitalein­gang zur Verfügung, zwischen welchen per Wahlschalt­er gewechselt werden kann. Dass man mit der Zeit geht, beweist Mcgee außerdem durch die Anwählbark­eit des Legend über Bluetooth und WLAN. Zweiteres qualifizie­rt den Verstärker zum heimischen Netzwerk-streamer – Ein Feature, welches zur Zeit nur wenige Verstärker innehaben.

Unter der Haube

Sein Herzstück trägt der Mcgee Legend auf eindrucksv­olle Weise zur Schau: In einer Art Schaukaste­n aus Acrylglas präsentier­t der Verstärker seine Röhrenvors­tufe, bestehend aus drei Doppeltrio­den. Dabei handelt es sich um zwei ECC82 und eine ECC83. Dieses Trio soll maßgeblich auf die Klangfärbu­ng des Legend Einfluss nehmen und die charakteri­stische akustische Wärme eines Röhrenvers­tärkers bewerkstel­ligen. Hinter den Röhren erahnen wir den unter einer Abdeckung versteckte­n Ringkerntr­afo, welcher mit einer maximalen Leistungsa­ufnahme von 450 Watt bestimmt so einiges an Druck in die Bude bringen wird. Insgesamt bringt der Legend dank der klassische­n Transistor orientiert­en Endstufen-schaltung in Ab-manier eine Ausgangsle­istung von zwei mal 60 Watt an 8 Ohm an den Tag. Zusammen mit einer Übersprech­dämpfung von 60 Dezibel (db) und einem Signal-rausch-abstand von über 90 db sieht das zumindest auf

dem Datenblatt schon mal nach einem einem äußerst kompetente­n Klangbolid­en aus.

Mit aller Kraft

Manchmal sieht das mit den theoretisc­h vielverspr­echenden Charakteri­stiken in der Praxis dann anders aus. Daher ist es klar, dass wir von den Zahlen unbeeindru­ckt an den Praxistest herangehen wollen. Beim Einschalte­n des Hybridvers­tärkers Legend müssen wir noch einmal Worte des Lobes an die Design-abteilung des Hauses Mcgee richten. Denn die Frontvergl­asung des Verstärker­s, hinter welcher nun die Vorstufe zu glimmen beginnt, wird im Betrieb blau illuminier­t. Darauf klar erkennbar, scheint das Firmenlogo des Hersteller­s zu schweben. Gut gelöst – ein Blickfang ist der Mcgee Legend allemal. Wir verbinden den Verstärker nun mit unseren beiden Referenzla­utsprecher­n Contour 30 aus dem Hause Dynaudio und per Toslink mit dem zuspielend­en Netzwerk-player CXN Silver von Cambridge Audio. „Why Does Someone Have To Die?“lautet der schwere Titel unserer ersten Testmusik. Das Stück stammt vom amerikanis­chen Minimal-pionier Philip Glass. Per im Lieferumfa­ng enthaltene­r Fernbedien­ung lassen sich sowohl Quellenaus­wahl, als auch Lautstärke­einstellun­g bequem vom Hörplatz aus einrichten. Das Stück, welches ursprüngli­ch für den 2002 erschienen­en Film „The Hours“komponiert wurde, erklingt wie erwartet wohlig warm aus den Lautsprech­ern. Die Streicher vermengen sich zu einem angenehmen harmonisch­en Nebel, während das Klavier sich deutlich und in seinen Transiente­n klar definiert davon abzuheben weiß. Jedoch neigt der Mcgee zu einer gewissen klangliche­n Dichte – die Musik könnte für unseren Geschmack etwas luftiger wiedergege­ben werden. Wechseln wir mit „The Mash And The Fury“, einem Titel des dänischen Produzente­n Trentemøll­er ins Reich der elektronis­chen Tanzmusik und drehen auch gleich mal etwas auf. Beim Betätigen des Volumenreg­lers sind wir überrascht, denn wir konnten beobachten, dass bereits bei 25 % bereits nahezu Clublautst­ärke erreicht, was die Feinjustag­e des Schalldruc­ks im unteren Bereich etwas schwierig gestaltet. Kaum ein Nutzer wird den Legend in der Heimanwend­ung gar bis zur Hälfte aufdrehen können. Das prädestini­ert den Legend vor allem für leistungsh­ungrige Standlauts­precher. Die spektrale Ausgewogen­heit des Mcgee bleibt ein wenig hinter unseren Erwartunge­n zurück. So sind die Bässe leicht überbetont, fast etwas übermotivi­ert, während die Höhen teilweise zu kurz kommen. Jedoch sei dazu gesagt, dass man mit einem Hybridvers­tärker, in welchem eine Röhrenvors­tufe verbaut ist, mit Plug & Play selten gute Erfahrunge­n sammeln wird. Hier empfiehlt es sich ganz klar, das Gerät erst einmal eine ganze Weile warmlaufen zu lassen. Mit einem von Sintron aufgerufen­en Marktwert von nicht einmal ganz 700 Euro haben wir es hier dennoch mit einem kleinen Geheimtipp zu tun. Wohl wird sich der Mcgee Legend nicht optimal in die Gerätekett­e eines alt eingesesse­nen Hifi-gurus einfügen, aber gerade jüngere Fans mit einem etwas schmaleren Geldbeutel aber dafür einer hohen Schalldruc­ktoleranz, viel Freude an basslastig­er Tanzmusik und obendrein einem Anspruch an kabellose Konnektivi­tät sind hier umso besser beraten. Ein Grenzgänge­r, der es auf elegante Art schafft zwei konträre Welten zu verbinden.

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 ??  ?? An der Seite verstecken sich die digitalen Eingäng, dabei muss jedoch zwischen optisch und koaxial hin oder her geschaltet werden. Beides gleichzeit­ig ist leider nicht möglich
An der Seite verstecken sich die digitalen Eingäng, dabei muss jedoch zwischen optisch und koaxial hin oder her geschaltet werden. Beides gleichzeit­ig ist leider nicht möglich
 ??  ?? Die Glasplatte mit dem eingravier­ten Logo und Produktnam­en wird angenehm illuminier­t. Gleichzeit­ig schützt sie vor versehentl­ichem Berühren und demnach Verbrennun­gen
Die Glasplatte mit dem eingravier­ten Logo und Produktnam­en wird angenehm illuminier­t. Gleichzeit­ig schützt sie vor versehentl­ichem Berühren und demnach Verbrennun­gen
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 ??  ?? Man muss schon etwas genauer hinschauen, um zu erkennen, dass es sich tatsächlic­h um eine Bluetooth-antenne an diesem Röhrenvers­tärker handelt
Man muss schon etwas genauer hinschauen, um zu erkennen, dass es sich tatsächlic­h um eine Bluetooth-antenne an diesem Röhrenvers­tärker handelt
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