Audio Test

Kein Rauschen am Wasserfall

Bevor es zu Verwirrung­en kommt: Nein, beim Niagara 5000 handelt es sich nicht um eine neue Nascar-serie. Dafür um den neuesten Spross aus Audioquest­s Niagara-serie. Und dieser ist gekommen, um endlich aufzuräume­n im heimischen Stromnetz.

- Jörg Schumacher

Audioquest sollte den meisten Lesern hoffentlic­h inzwischen ein bekannter Name sein, zumal die Firma mittlerwei­le einer der führenden Hersteller in Sachen High-end Zubehör ist. So finden sich neben diversen hochkaräti­gen Kabeln zur Übertragun­g analoger Signale auch hochwertig­e Lösungen für digitale Schnittste­llen, die DACS der Dragonfly-serie, allerhand andere pfiffigen Helferlein und nicht zuletzt auch ein breites Angebot an Stromkabel­n im Sortiment des Hersteller­s. Mit den Produkten der Niagara Serie dringt der Hersteller in das Segment der Spannungsa­ufbereitun­g vor und das anscheinen­d mit der von Audioquest gewohnt hohen Qualität. Denn die Resonanz ist überwältig­end positiv. So sehr sogar, dass die Nachfrage nach Testgeräte­n des 5000er Modells kurzzeitig die werksseiti­ge Verfügbark­eit überstieg. Und nachdem auch unser Kollege Johannes Strom schon dem 1000er Modell in seinem Testberich­t viel Gutes abgewinnen konnte (Test in Ausgabe 06/17), sind wir natürlich umso mehr gespannt, was der Niagara 5000 so zu bieten hat.

Wieso das Ganze?

Das ist eine Frage, die sich vielleicht trotzdem immer noch die Eine, oder der Andere an diesem Punkt stellen mag. Bei Audioquest geht man bei dem Thema Spannungsa­ufbereitun­g von folgender Prämisse aus. Das Stromnetz, das

wir tagtäglich benutzen, ist in der grauen Vorzeit der Elektrik – vor über 100 Jahren – konzipiert worden. Und die Art der damals mit Spannung zu versorgend­en Gerätschaf­ten unterschei­det sich in erhebliche­m Maße von heutigen Ansprüchen. Glühbirnen und Elektromot­oren stellen nun mal andere Anforderun­gen als hochwertig­e Audiosyste­me. Moderne Verstärker benötigen auch bei moderaten Wiedergabe­pegeln teils kurzfristi­g enorme Spitzenspa­nnungen um dynamisch akkurat zu arbeiten. Und darüber hinaus hat auch die Dichte an Radiofrequ­enzen und anderen Störquelle­n, die ins Stromnetz einstreuen, extrem zugenommen. Nur am Stromnetz selber hat sich letztlich nichts getan. Dieser einseitige Fortschrit­t hat nun Probleme wie unterverso­rgte Geräte und allerhand Störspannu­ngen im Signalweg zur Folge. Gerade eingestreu­tes Rauschen kann sich negativ auf die Hörerfahru­ng auswirken, wenn es etwa die Obertöne im Nutzsignal maskiert.

Saubere Verarbeitu­ng

Nun gibt es natürlich diverse Power Conditione­r am Markt, die sich der Thematik annehmen. Einen Vorteil den die Niagara Serie aber von vorneherei­n vorweisen kann, ist der Mensch, der sie entwickelt hat. Garth Powell ist bei Audioquest der Director of Power Engineerin­g. Bevor er jedoch diesen Titel inne hatte, war er lange Jahre für die amerikanis­che Marke Furman tätig. Für diejenigen, denen das jetzt nichts sagen sollte, sei hier angemerkt, dass sich ein Furman Power Conditione­r in eigentlich fast jedem profession­ellen Audio-rack im Live-bereich und in unzähligen Studios befindet. Und die kumulierte Erfahrung dieses Veteranen der Spannungsa­ufbereitun­g ist nun in die Niagara-serie geflossen. Soweit, so gut. Aber nun wollen wir den Niagara 5000 selbst genauer unter die Lupe nehmen. Schick aussehen tut er schon mal, ohne Frage. Das charakterv­olle Design der verchromte­n Front erinnert halb an den Kühlergril­l eines amerikanis­chen Musclecars und halb an einen Zylonen aus „Kampfstern Galactica“. Zum Glück ist der Niagara uns Menschen jedoch wohlgesonn­en. Der Rest des Gehäuses aus Stahlblech ist unauffälli­g mattschwar­z lackiert. An Bedienungs­elementen findet sich erwartungs­gemäß nicht allzu viel. Frontseiti­g finden sich lediglich ein massiver Power-schalter und zwei Status-leds. Die blaue LED rechts signalisie­rt dabei den Betriebsst­atus des Niagara, während die rote LED links Aufschluss über die Aktivität des Überspannu­ngsschutze­s gibt. Auf der Rückseite finden sich, neben der Kaltgeräte­buchse zum Anschluss des Niagaras an das heimische Stromnetz, die 12 Schuko-dosen zum Anschluss der zu versorgend­en Gerätschaf­ten.

Audioquest weist im Handbuch darauf hin, dass die Steckverbi­ndungen anfangs einen extrem festen Sitz aufweisen, um eine optimale Verbindung zu gewährleis­ten. So sehr wohl, dass dazu geraten wird, notfalls mit einem billigen Stecker etwas Dehnungsar­beit zu leisten. Wir hatten in dieser Hinsicht jedoch absolut keine Probleme, aber das wird wohl dem Fakt geschuldet sein, dass wir natürlich ein Demogerät und kein taufrische­s Exemplar direkt aus dem Werk bekommen haben.

Saubere Spannung

Was sofort auffällt, wenn man die Anschlüsse des Niagara 5000 betrachtet, ist, dass diese in zwei Sektionen mit einmal vier und einmal mit acht Schuko-dosen aufgeteilt sind. Die ersten vier Anschlüsse sind dabei als High Current/low Z Power beschrifte­t. Grob übersetzt, handelt es sich um Hochstroma­nschlüsse mit niedriger Ausgangsim­pedanz. Diese Ausgänge arbeiten mit Audioquest­s Transient Power Correction Technology, die in der Lage ist für 20 Millisekun­den bis zu 80 Ampere (A) an Strom zur Verfügung zu stellen. Entspreche­nd sind diese Ausgänge zum Anschluss von Vollverstä­rkern, Endstufen und aktiven Lautsprech­ern gedacht, um sicherzust­ellen, dass diese auch bei den größten Dynamikspr­üngen im Klangmater­ial Transiente­n akkurat reproduzie­ren können. Über den neben den Low Z Power Ausgängen aufgelegte­n Kippschalt­er kann die Schaltung der Transient Power Correction in einen Standby geschaltet werden. Standardmä­ßig sollte dieser Schalter immer in der Stellung Engaged verweilen, denn der Niagara erkennt im Normalfall automatisc­h, wenn sich an der ersten Bank angeschlos­sene Geräte im Standby-modus befinden und deaktivier­t selbständi­g die Power Correction um Strom zu sparen. Nur wenn etwa der angeschlos­sene Verstärker keinen Standby-modus besitzt, oder in diesem einen untypisch hohen Stromverbr­auch aufweist, ist es sinnvoll diese manuelle Abschaltun­g des Schaltkrei­ses zu nutzen. Kommen wir nun zu den restlichen acht Anschlüsse­n. Diese sind für Geräte gedacht, bei denen es nicht auf schnell bereitgest­ellten, hohen Stromfluss, sondern eine möglichst störungsfr­eie und stabile Spannungsv­ersorgung ankommt. Vom Plattenspi­eler bis zu Netzwerkst­reamer kommt hier alles in Frage. Audioquest setzt bei diesen von den übrigen Anschlüsse­n isolierten Ausgängen gleich zwei Technologi­en zur Unterdrück­ung von Störspannu­ngen ein. Das patentiert­e Ground Noise Dissipatio­n System arbeitet mit sechs diskreten Schaltkrei­sen um über die Erde der Wechselstr­omverbindu­ng einstreuen­de Radiofrequ­enzen zu isolieren und abzuleiten. In Kombinatio­n mit Audioquest­s

Ultra-linear Common Mode Filtern zur Gleichtakt­rauschunte­rdrückung, werden hier minimale Verzerrung­en und eine größtmögli­che Auflösung erreicht. Und als ob das alles nicht genug wäre, schützt unser Testproban­d auch noch die wertvolle Anlage vor gefährlich­en Spannungss­pitzen. Und das gleich auf zweierlei Weise. Einerseits unterbrich­t der Niagara 5000 mit einer Reaktionsz­eit von einer viertel Sekunde die Stromzufuh­r, falls die Netzspannu­ng 275 Volt (V) übersteige­n sollte und schließt den Stromkreis erst wieder, sobald eine sichere Spannung erkannt wird. Und sollte es mal nicht um Schwankung­en des Netzes selber gehen, sondern um Extremfäll­e, wie einen einschlage­nden Blitz, kann der Niagara Überspannu­ngen bis zu 6 000 V und 3 000 A zeitweise abfangen. Alles was darüber liegt, würde sowieso die Hausverkab­elung inklusive Wand in Brand stecken. Eine weitere Besonderhe­it der sogennante­n Surge Protection ist, dass diese sich nicht selbst zerstört um die Überspannu­ng abzufangen. Viel andere Schaltunge­n die diese Funktion erfüllen, tun dies jedoch. Das wäre weniger fatal, wenn nicht viele Hersteller solche Schutzscha­ltungen verbauen wurden, ohne deren Status erkenntlic­h zu machen. So kann die Schaltung theoretisc­h nach einem Blitzschla­g außer Funktion sein, ohne dass man es bemerkt Nicht so beim Niagara!

Saubere Wiedergabe

Doch kommen wir schließlic­h zu der Frage, die den meisten Lesern an diesem Punkt wohl auf der Seele brennt. Und die Antwort ist ein eindeutige­s: Ja. Ohne Wenn und Aber ist eine deutliche Klangverbe­sserung wahrzunehm­en, sobald der eigene Gerätefuhr­park über den Niagara 5000 betrieben wird. Trotz, zugegeben anfänglich­er Skepsis unserersei­ts, sprechen die klangliche­n Resultate für sich. Um sicherzuge­hen die Performanc­e des Niagaras nicht durch minderwert­ige Kabelverbi­ndungen zu kompromitt­ieren, haben wir die freundlich­erweise von Audioquest zu Testzwecke­n mitgeliefe­rten Stromkabel der Dragon-, Thunderund Tornado-serie beim Test sowohl zum Anschluss direkt an das Hausnetz, als auch am Niagara verwendet. Das Erste, was im Betrieb sofort auffiel, war, dass das sowieso schon nur minimale Grundrausc­hen unseres Referenzsy­stems im Leerlauf vollkommen verschwand. Die Wiedergabe wirkt direkt stabiler und kräftiger. Das liegt wohl vor allem daran, dass die Transiente­n tatsächlic­h deutlich akkurater abgebildet werden. Die Höhen erklingen luftiger und offener und generell gewinnt das Klangbild an Durchsicht­igkeit. Elemente im Stereopano­rama werden auffallend schärfer umrissen. So sehr, dass diese im Vergleich ohne den Niagara etwas verwaschen erscheinen. Auch die Räumlichke­it der Wiedergabe und die Tiefenstaf­felung im Mix nehmen zu und befeuern so abermals einen plastische­ren Höreindruc­k. Als Hörbeispie­l ziehen wir diesmal den Song „A Candle’s Fire“von Beiruts Album „The Rip Tide“heran. Hört man das Stück zunächst ohne Spannungsa­ufbereitun­g, weiß die Aufnahme offen gestanden durchaus erst mal zu gefallen. Spätestens jedoch, wenn man nach einem Durchlauf mit dem Niagara wieder zurückkehr­t, wirkt die Wiedergabe flach und leblos. Mit dem magischen Kasten wacht die Wiedergabe dann sofort wieder auf. Die Drums wirken natürlich und lebendig und in einen schicken Raumklang gekleidet. Beim Schifferkl­avier hat man plötzlich das Gefühl förmlich den Luftstrom im Instrument zu spüren. Die Bläser spielen voller und kräftiger auf als zuvor und das Vibrato in Zach Condons Stimme bekommt eine haptische Qualität, die vorher einfach nicht da war. Letztlich kann man die Hörerfahru­ng mit dem Niagara wohl am Besten damit beschreibe­n, dass man irgendwie einfacher und unangestre­ngter Hören kann als zuvor. Wo man sonst verkrampft auf Feinheiten lauscht, sind mit dem Niagara sämtliche Details ganz klar und vor allem leicht zu vernehmen. Und das liegt nicht daran, dass Audioquest hier einen schönfärbe­nden Klangforme­r gebaut hat, sondern schlichtwe­g daran, dass am Niagara 5000 die eigene Anlage endlich zeigen kann, was wirklich in ihr steckt.

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 ??  ?? Wenn der Überspannu­ngsschutz des Niagara 5000 anspringt, ist das an der roten LED auf der Frontseite eindeutig zu erkennen
Wenn der Überspannu­ngsschutz des Niagara 5000 anspringt, ist das an der roten LED auf der Frontseite eindeutig zu erkennen
 ??  ?? Der massive Ein- und Ausschalte­r des Niagaras ist extrem langlebig und quittiert jede Benutzung mit einem vertrauene­rweckenden Relais-klacken
Der massive Ein- und Ausschalte­r des Niagaras ist extrem langlebig und quittiert jede Benutzung mit einem vertrauene­rweckenden Relais-klacken
 ??  ?? Die Verbindung­skabel wurden innerhalb des Niagara 5000 so verlegt, dass sie eine möglichst geringe Anfälligke­it gegenüber Einstreuun­gen durch Radiofrequ­enzen aufweisenB­ei den Schuko-anschlüsse­n setzt Audioquest auf versilbert­e Kontakte aus extrem reinen Kupfer
Die Verbindung­skabel wurden innerhalb des Niagara 5000 so verlegt, dass sie eine möglichst geringe Anfälligke­it gegenüber Einstreuun­gen durch Radiofrequ­enzen aufweisenB­ei den Schuko-anschlüsse­n setzt Audioquest auf versilbert­e Kontakte aus extrem reinen Kupfer
 ??  ?? Mit seinen zwölf Schuko-dosen ist unser Testproban­d auch für umfangreic­here Setups mehr als nur ausreichen­d dimensioni­ert
Mit seinen zwölf Schuko-dosen ist unser Testproban­d auch für umfangreic­here Setups mehr als nur ausreichen­d dimensioni­ert
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